DGS-Praxis-Leitfaden Fibromyalgie: Vorurteile abbauen, Diagnose erleichtern
07.01.2023 - Die Fibromyalgie gehört mit einer Prävalenz von 1,4 bis 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung zu einer der häufigen Schmerzerkrankungen. Um Vorurteile abzubauen und die Diagnose zu erleichtern, hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) nun einen Praxis-Leitfaden entwickelt, der die wichtigsten Diagnose-Kriterien zusammenfasst.
Ziel ist es, die Zeit bis zur Diagnosestellung für Betroffene zu verkürzen. Der Praxisleitfaden steht online zur Verfügung.
Menschen mit dem sogenannten Fibromyalgie-Syndrom leiden unter langanhaltenden Schmerzen in verschiedenen Körperregionen. Auf der Suche nach den Ursachen durchlaufen sie oft zahlreiche Arztbesuche und Untersuchungen, ohne dass eine Diagnose gestellt wird. Laut einer aktuellen Analyse aus dem Praxis-Register Schmerz dauert es durchschnittlich 16 Jahre bis zur Diagnose Fibromyalgie.
DGS-Praxis-Leitfaden fasst Diagnosekriterien zusammen
Bereits 2016 hat das American College of Rheumatology (ACR) diagnostische Kriterien definiert, anhand derer die Fibromyalgie phänomenologisch eindeutig klassifiziert werden kann. Dazu gehören Schmerzen in mindestens vier von fünf Körperregionen. Viele Fibromyalgie-Patienten leiden außerdem unter Abgeschlagenheit, verminderter Leistungsfähigkeit und seelischen Belastungen. Hinzu kommen ausgeprägte Schlafstörungen mit häufigem Aufwachen und daraus folgender Tagesmüdigkeit. Die entsprechenden Kriterien lassen sich mit dem DGS-PraxisLeitfaden in kurzer Zeit erfassen, so dass dieser die Diagnose erleichtert.
Leitfaden für Ärzte und Patienten
Der Praxis-Leitfaden richtet sich an Patienten mit Ganzkörperschmerzen und dem Verdacht auf Fibromyalgie sowie deren behandelnde Ärzte. „Patienten können den Leitfaden nutzen, um sich auf das Gespräch mit dem Arzt vorzubereiten, indem sie vorab den Kriterienkatalog für eine Bestandsaufnahme der eigenen Symptome nutzen“, sagt PD Dr. Michael A. Überall, Autor des Praxis-Leitfadens und Vizepräsident der DGS. „So können sie ihren Ärzten helfen, auf die richtige Spur zu kommen, die Diagnose zu stellen und danach adäquate therapeutische Maßnahmen einzuleiten.“
Vorurteile abbauen
Gleichzeitig soll der Praxis-Leitfaden dazu beitragen, Vorurteile abzubauen, wie z. B. es gebe keine Fibromyalgie oder es handle sich um eine Neuropathie oder eine Depression. „Eine Depression kann zwar begleitend auftreten, die Fibromyalgie ist aber eine eigenständige, phänomenologisch definierte Erkrankung mit hoher Krankheitslast“, so Überall. Als Ursache wird eine Störung der körpereigenen Schmerz-Kontrollsysteme angenommen, die dazu führt, dass alltägliche Dinge, wie z. B. ein leichter Druck, als Schmerz fehlinterpretiert und verarbeitet werden. Die Schmerzen können in allen Körperregionen auftreten. Da Schmerzen zudem im Grenzbereich zwischen Körper und Seele verarbeitet werden, leiden viele Fibromyalgie-Patienten zusätzlich unter einer depressiven Stimmungslage, Angst- oder Stress-Symptomen. Dies alles führt zu einer stark eingeschränkten Lebensqualität und schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Alltag.
Praxis-Leitfaden Fibromyalgie Teil 2 ist in Arbeit
Um Ärzte und Patienten auch in der Auswahl einer geeigneten Therapie des Fibromyalgie-Syndroms zu unterstützen, arbeitet die DGS aktuell am zweiten Teil des Praxis-Leitfadens. Dieser soll im ersten Quartal des kommenden Jahres fertig gestellt werden.