Die Zukunft der Krankenhäuser: wenige Exzellenzzentren, viele kommunale Grundversorger
19.07.2016 -
Eine Studie des Center for Research in Healthcare Innovation Management (CRHIM) an der IESE Business School benennt Anforderungen an das Krankenhaus der Zukunft, um die öffentliche Gesundheitsversorgung bis 2030 sicherzustellen. Gesundheitspolitiker und Krankenhausmanager sollen dazu:
- Patienten zukünftig service-orientierter als Klienten behandeln,
- Fachkräftemangel durch Vernetzung und Partnerschaften ausgleichen,
- Ressourcen und Wissen flexibler teilen, Grenzen zwischen Abteilungen abbauen,
- digitale, soziale, medizinische Innovationen effektiv einsetzen,
- multidisziplinäre Gesundheits- und Exzellenzzentren entwickeln,
- Grundversorgung kommunalen Krankenhäusern überlassen.
Flexibler, spezialisierter, vernetzter denken, das empfiehlt die Studie „Hospital of the Future: A new Role for leading Hospitals in Europe“ des Center for Research in Healthcare Innovation Management (CRHIM) an der IESE Business School. Die Studienautor/innen Dr. Magda Rosenmöller, Prof. Jaume Ribera und Gabriel Antoja von der IESE sowie Pablo Borrás, Executive Director bei Accenture identifizieren darin Schlüsselfaktoren und Herausforderungen, denen sich Gesundheitspolitiker und Krankenhausmanager in den nächsten 15 Jahren stellen müssen.
Die Wissenschaftler konnten aus ihren Untersuchungen unter anderem folgende, wegweisende Erkenntnisse für Gesundheitspolitiker und Krankenhausmanager herauskristallisieren:
Um den Kahlschlag bei den Gesundheitsausgaben und Mangel an qualifizierten Krankenschwestern und Therapeuten auszugleichen, müssten führende Krankenhäuser ihren Fokus stärker auf Vernetzung und Partnerschaften mit Universitäten, Unternehmen aber auch anderen Krankenhäusern legen und weniger auf kostspielige Infrastrukturen.
Daneben empfiehlt die Studie, die starren Grenzen zwischen den medizinischen Abteilungen abzubauen, sodass Ressourcen und Wissen zwischen kleineren, komplexeren Einheiten flexibler geteilt werden können.
Wo Patienten sich außerdem mehr und mehr als Klienten verstünden, müsse der Arzt zum service-orientierten Dienstleister werden.
Routineversorgung verliert, laut der Studie, an Bedeutung, präventive Medizin dagegen wird immer wichtiger. Technologien wie genombasierte Diagnosen oder die Fernüberwachung chronischer Erkrankungen über mobile Anwendungen und medizinische Sensoren werden die Verweildauer der Patienten verringern und gleichzeitig die Effizienz der Behandlung erhöhen.
Der Report plädiert überdies für eine neue Aufteilung der Zuständigkeiten im Gesundheitssystem. Wenige, hochkarätige Krankenhäuser sollen sich zu multidisziplinären Exzellenzzentren wandeln. Sie konzentrierten sich damit auf diejenige Versorgung, die Spezialistenwissen oder den Einsatz von Spezialgeräten erfordere. Dafür könnten sie durchaus auch verkleinert werden. Die Versorgung von Routinefällen dagegen sollen zukünftig kommunale Krankenhäuser und Kliniken zu geringeren Kosten übernehmen.
Die Studie bezieht ihre Erkenntnisse insbesondere von zwei führenden europäischen Kliniken: dem Universitätskrankenhaus Karolinska Institutet (KI) in Schweden und der Hospital Clínic de Barcelona (HCB) in Spanien. Sie wurden ausgewählt aufgrund ihrer erstklassigen Erfolgsbilanz in Bezug auf Sicherheit, Service und Breite ihrer Angebots- und Behandlungspalette. Beide gelten über ihre Region hinaus als hoch innovative Referenzhäuser.
„Ohne wirklich ausgereifte und durchgreifende Maßnahmen“, so die Studienautorin Dr. Rosenmöller, „werden unsere Gesundheitssysteme bald endgültig an ihre Grenzen kommen. Wenn allerdings Gesundheitspolitiker und Krankenhausmanager jetzt die richtigen Schritte unternehmen, können Kliniken auch in Zukunft hervorragende medizinische Versorgung bieten.“
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München