Digitale Kommunikationslösungen auf Erfolgskurs
06.06.2022 - Ärzte, Labormitarbeiter, Pfleger, IT-Fachleute und Klinikverwaltung haben klare Vorstellungen vom zukünftigen Einsatz der digitalen Kommunikationslösungen.
Deutschland hinkt bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens anderen Ländern hinterher – das hat sich nicht erst in der Pandemie gezeigt. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zeigt, dass sich acht von zehn Befragten einen stärkeren Fokus auf digitalpolitische Themen wie digitale Gesundheitsdienstleistungen wünschen. Mit dem Inkrafttreten des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) hat die Bundesregierung weitere Impulse in Richtung Digitalisierung der Krankenhäuser gesetzt, um eine digitale Infrastruktur zur Förderung der internen, intersektoralen und sektorenübergreifenden Versorgung von Patienten aufzubauen.
Die Umsetzung der Digitalprojekte ist für viele medizinische Einrichtungen immer noch eine große Herausforderung. Der Investitionsbedarf ist gigantisch und die Gelder, die über das KHZG frei werden, dürften nicht ausreichen, um die Digitalisierung bundesweit in allen Gesundheitseinrichtungen umfassend umzusetzen. Vom Austausch von Expertenwissen über die Abstimmung innerhalb eines Krankenhauses bis hin zur Betreuung des Patienten: Eine gute Kommunikation ist gerade im Gesundheitsbereich unerlässlich. Und da teils äußerst sensible Daten ausgetauscht werden, sind Datenschutz und -sicherheit von größter Bedeutung.
Viele Apps und E-Mail-Programme, die in den letzten Jahren Eingang in das Gesundheitswesen fanden, waren zwar funktional oft sehr gut, aber häufig sehr unsicher im Umgang mit Daten. Das deutsche Gesundheitswesen steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen – gerade im kleinstädtischen und ländlichen Raum: Die ärztliche Versorgungsleistung vor Ort nimmt durch den demografischen Wandel und Urbanisierungstendenzen ab und teures Spezial-Know-how sowie -equipment konzentriert sich in den häufig weit entfernten Ballungszentren. Zudem müssen Krankenhäuser der Forderung nach familienverträglicheren Arbeitsbedingungen entgegenkommen und gleichzeitig die eigenen Ressourcenengpässe überwinden.
Eine auf internationalen Standards festgelegte Plattform für die Vernetzung der verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens gibt es bisher jedoch nicht. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass existierende und zukünftige digitale Akten insbesondere nur dann ihren vollen Nutzen entfalten, wenn die Patienteninformationen vollständig und aktuell für alle relevanten und entsprechend berechtigten Akteure verfügbar sind. Außerdem stellt die Integration der wachsenden Anzahl von digitalen Mehrwertdiensten (z. B. im Rahmen des KHZG) die Kliniken zunehmend vor technische und operative Herausforderungen. Doch bei der Auswahl der richtigen Lösung ist Vorsicht geboten, sonst entsteht rasch ein Wildwuchs an zwergenhaften Insellösungen, die nicht miteinander kommunizieren können. Gefragt sind integrierte Lösungen, die Menschen, Technologien und Daten zusammenbringen.
Kommunikation liefert Mehrwert
Besonders das letzte Jahr hat gezeigt, dass es digitale Lösungen braucht, um das Pflegepersonal zu entlasten und diesem wieder Zeit zu geben, sich umfassend um Patienten zu kümmern. Auch soll der Informationsfluss zwischen Reha-Einrichtungen und deren Zuweisern (Akutkrankenhäuser und niedergelassene Ärzte) bzw. deren Nachversorgern (niedergelassene Ärzte) wesentlich vereinfacht werden. Dazu müssen aber auch die passenden Grundlagen geschaffen werden. Das fängt schon bei der Ausstattung der Klinik mit einer digitalen Infrastruktur an und geht bis hin zu den digitalen Kommunikationskanälen, die Faxgerät und andere „Altlasten“ ablösen. Die Erfahrung zeigt, dass Kommunikation immer dann am besten funktioniert, wenn sie intuitiv ist.
Wenn Mitarbeiter und Patienten ganz selbstverständlich die Anwendungen nutzen können, sinkt einerseits die Hemmschwelle gegenüber Neuerungen und verbessert andererseits die Effizienz der Qualität des Informationsaustauschs. Auch im Rettungswesen kommt die digitale Kommunikation zum Einsatz: UC-Plattformen und Videolösungen mit den Anbietern von Drohnen. Dabei kann eine Drohne z.B. eine erste Einschätzung aus der Luft aufnehmen und unter Nutzung der Videolösung automatisiert in die Leitstellen übertragen, damit sich die Verantwortlichen ein Bild von der Lage vor Ort machen und das Einsatzpersonal bestmöglich planen können. Innerhalb und zwischen den einzelnen Leitstellen spielt die Kommunikation eine ebenso wichtige Rolle.
So können moderne Kommunikationszentralen auch Bilder oder GPS-Daten von Unfallorten empfangen und aufnehmen. Auch können telemedizinische Informationen zwischen Rettungsdienst, Leitstelle und Klinik ausgetauscht werden. Diese Daten erleichtern es dem Notfallteam, die Situation vor Ort besser einzuschätzen und schneller zu helfen.
Grundlagen fehlen oft
Die Medizin macht täglich Fortschritte. Damit steigen auch die Anforderungen. Krankenhäuser nutzen durchaus eine IT-Infrastruktur, KIS und PACS, jedoch fehlt oft die schnelle Netzwerkgeschwindigkeit wie die Übertragung durch Lichtwellenleiter (LwL). Der LwL zeichnet sich durch seine extrem hohe Übertragungsrate aus, die bis zu mehreren Milliarden Bit pro Sekunde (Bit/s) betragen kann. Außerdem sind LwL unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen, weitestgehend abhörsicher und haben, wenn sie aus Glas bestehen, extrem geringe Dämpfungswerte.
Ob und in welchem Umfang zukünftig mehr Speicherkapazitäten und Rechenleistung benötigt werden, ist oft schwer zu kalkulieren. Die Einsatzmöglichkeiten der digitalen Kommunikationslösungen sind jedoch folgenschwer. Dazu müssen sie via Schnittstelle an bestehende KIS-Systeme angeschlossen werden, um die krankenhausinternen Kommunikationsprozesse zu beschleunigen. Erst dann ist ein direkter Zugang zur Patientenakte möglich. Die Visite erfolgt mobil und digital, Daten müssen nicht mehr doppelt aufgezeichnet werden. Per WAN, LAN oder WLAN sollte eigentlich die Netzwerkanbindung möglich sein und die Grundlage für einen modernen Austausch untereinander oder mit anderen Häusern und Experten schaffen, z. B. über UC-Lösungen und Videokonferenzen oder um telemedizinische Netzwerkstrukturen zwischen Krankenhäusern oder zwischen Krankenhäusern und ambulanten Einrichtungen aufzubauen und den Einsatz telemedizinischer Verfahren in der stationären Versorgung von Patienten zu ermöglichen.
So können Experten anderer Fachbereiche oder Standorte via Videokonferenz für eine Konsultation hinzugezogen werden – ohne aufwendige Anreise. Patienten profitieren von einer modernen digitalen Infrastruktur: Alarmierung, intelligente Anrufsteuerung, Videovisite, Service-Call oder Patientenentertainment sorgen dafür, dass sich das Krankenhauspersonal auf seine Kernaufgaben konzentrieren kann. Demnach liegt ein großes Potenzial in der Bewältigung dieser Aufgaben im Einsatz von digitalen Kommunikationslösungen. Verschiedene Hindernisse haben dies bisher oft erschwert, von der Komplexität und Leistungsfähigkeit der IT-Systeme in vielen Einrichtungen bis hin zu den sehr hohen Anforderungen an die Datensicherheit.
Aufgrund des hohen Bedarfs greifen noch immer viele Ärzte und Patienten auf private Messenger-Apps und Mailprogramme zurück – trotz bekannter Sicherheitslücken. Ohne digitale Agenda, die von der Geschäftsführung getragen wird, lässt sich keine nachhaltige Kommunikationslösung erreichen. Diese erleichtert die Kommunikation und die Bearbeitung von Vorfällen und Änderungen. Neben den entsprechenden IT-Setups und tragfähigen Technologien machen die Prozessbeteiligten, insbesondere Ärzteschaft und Pflege, den Unterschied. Von ihrer Akzeptanz und Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten und zukünftige digitale Strukturen mit zu entwickeln, hängt am Ende alles ab.
Autor: Hans-Otto von Wietersheim, Bretten