Einsatz von Deep Learning zur Vorhersage der Sehkraft von Glaukompatienten
10.06.2022 - Studie nutzt KI auf Tausenden von Bildern des Augenhintergrunds, um die Sehfunktion von Glaukompatienten vorherzusagen.
Ein Forschungsteam, zu dem auch das Crabb Lab der City University of London gehört, hat Tausende von Bildern des Augenhintergrunds von Glaukompatienten mit Hilfe von "Deep Learning" (DL), einer Art künstlicher Intelligenz (KI), ausgewertet, um festzustellen, wie stark ihre Sehkraft durch die Krankheit beeinträchtigt wurde.
Für die Studie wurden große Datenmengen von mehr als 24 000 Patienten aus drei NHS-Kliniken in England mobilisiert und kuratiert. Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die KI-Methode eine Rolle bei der Verfolgung des Fortschreitens des Glaukoms bei Patienten in der Klinik spielen und auch zur Optimierung von Studien zur Erforschung des Glaukoms eingesetzt werden könnte.
Das Glaukom - eine Gruppe von Augenkrankheiten, die zu einer fortschreitenden Schädigung des Sehnervs führen - betrifft etwa 2 % der über 40-Jährigen und fast 10 % der über 75-Jährigen und führt jedes Jahr zu mehr als einer Million Krankenhausaufenthalten. Wenn jemand durch ein Glaukom das Augenlicht verliert, kann es nicht wiederhergestellt werden, weshalb eine frühzeitige Erkennung und eine angemessene Behandlung entscheidend sind.
Deep Learning ist eine Form des maschinellen Lernens und der künstlichen Intelligenz, die die Art und Weise nachahmt, wie Menschen bestimmte Arten von Wissen erlangen. In dieser Studie wurden Deep-Learning-Modelle unabhängig voneinander auf große Mengen von zwei Arten von Bildern angewendet, die von Augen von Glaukompatienten aufgenommen wurden. Ziel war es herauszufinden, ob die Modelle dazu verwendet werden können, vorherzusagen, welche Bereiche ein Patient sehen kann (Gesichtsfeld).
Die erste Art der Bildgebung ist als optische Kohärenztomographie (OCT) bekannt. Sie verwendet Licht mit geringer Kohärenz (das weniger wahrscheinlich reflektiert wird), um hochauflösende Querschnittsbilder der Netzhaut zu erhalten, dem lichtempfindlichen Bereich des Augenhintergrunds, auf dem das Auge ein Bild erzeugt. Die Schichten innerhalb der Netzhaut können unterschieden und die Netzhautdicke kann gemessen werden, um die Früherkennung und Diagnose von Krankheiten zu unterstützen.
Die zweite Art der Bildgebung wird als Infrarot-Reflexion (IR) bezeichnet und verwendet Infrarotlicht, um die Netzhaut zu beleuchten. In diesem Fall wurde sie zur Abbildung des Sehnervenkopfes eingesetzt an der Stelle, wo der Sehnerv des Auges aus der Netzhaut austritt und zum Gehirn wandert.
Die Deep-Learning-Methode ermöglicht es, das Gesichtsfeld des Patienten durch die Betrachtung der Bilder vorherzusagen, ohne dass die darin enthaltenen Merkmale von Experten oder Ärzten gekennzeichnet wurden.
Die Studie ergab, dass jedes Deep-Learning-Modell Muster in den jeweiligen Volumina der einzelnen Bildgebungsarten ausnutzen konnte und einen nützlichen Vorhersagewert für das Gesichtsfeld eines bestimmten Patienten allein anhand des Bildes seines Auges hatte. Die Studie ergab jedoch auch, dass die Durchführung eines Deep-Learning-Prozesses über beide Bildgebungsarten, OCT und IR, eine noch höhere Genauigkeit bei der Vorhersage der Gesichtsfelder von Patienten bietet.
Zwar sind die Vorhersagen durch Deep Learning in diesem Stadium noch nicht klinisch aussagekräftig, aber so vielversprechend, dass die Autoren der Studie untersuchen wollen, ob dies in der nächsten Phase ihrer Forschung möglich ist. Sollte dies der Fall sein, könnte eine solche Technik für Patienten in Kliniken eingesetzt werden, bei denen Entscheidungen über eine Intensivierung der Behandlung getroffen werden müssen, weil sich ihr Glaukom möglicherweise verschlimmert.
Die Möglichkeit, die Bilder des Augenhintergrunds zur Vorhersage der Sehfunktion zu nutzen, könnte auch bei der Planung von Studien für neue Glaukom-Behandlungen besonders nützlich sein. Sie hätte u.a. Auswirkungen auf die Genauigkeit dieser Studien, was wiederum die Bereitstellung neuer Behandlungen beschleunigen könnte.
David Crabb, Professor für Statistik und Sehforschung und Leiter des Crabb Lab an der City University of London, kommentierte die in Zusammenarbeit mit der University of Washington durchgeführte Studie:
„Dies war eine spannende Untersuchung. Die riesige Menge an NHS-Daten würde normalerweise nur herumliegen und Staub ansammeln. Hier haben wir sie genutzt, um eine sehr clevere KI-Technik zu entwickeln, die aus den Elementen in den Bildern lernt, um die Sehfunktion besser vorherzusagen. Diese Techniken könnten nützlich sein, um bessere Endpunkte für neue Glaukom-Behandlungen zu entwickeln. Die Ergebnisse der Studie werden in der renommiertesten internationalen Zeitschrift für Augenheilkunde veröffentlicht.“
Die Studie ist online verfügbar und wird in der Zeitschrift Ophthalmology veröffentlicht (im Druck).
Weiterführende Informationen
Lesen Sie den Artikel 'Policy-Driven, Multimodal Deep Learning for Predicting Visual Fields from the Optic Disc and OCT Imaging' online (in press), der in der Zeitschrift Ophthalmology veröffentlicht wird.