Erster DGS-Praxisleitfaden zur Behandlung akuter Kreuz- und Rückenschmerzen veröffentlicht
11.11.2021 - Um Ärzte in der Versorgung ihrer Patienten zu unterstützen, hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) den „DGS-Praxisleitfaden zur Behandlung akuter Kreuz-/Rückenschmerzen“ herausgegeben.
Eine der zentralen Aussagen darin: Hauptursache für die Zunahme von Rückenschmerzen ist die weitverbreitete Bewegungsarmut. Dieser Praxisleitfaden ist der erste seiner Art und eine praxisnahe Alternative zu den bekannten ausführlicheren DGS-Praxisleitlinien. Praxisleitfäden zu weiteren Kernthemen der DGS sollen folgen.
„Wir haben das neue Format des Praxisleitfadens entwickelt, um den Arzt im Praxisalltag mit einem übersichtlichen Algorithmus und versorgungsrelevanten Fakten zu unterstützen. Dabei ist die Evidenz auf hohem Niveau, denn der Praxisleitfaden beruht genauso wie die Praxisleitlinien auf der aktuell verfügbaren Studienlage und den Anwendungserfahrungen im Alltag“, begründet der Autor des Praxisleitfadens, PD Dr. Michael A. Überall, Vizepräsident der DGS, das neue Format. „Als Versorgergesellschaft ist es uns ein Anliegen, die Versorgung der Patienten im Alltag zu optimieren und das am besten zu einem Zeitpunkt, an dem wir einer drohenden Chronifizierung mit geringem Aufwand wirksam begegnen können.“
Fokus auf akute Schmerzen – Chronifizierung verhindern
Da es in der frühen Phase akuter und subakuter Schmerzen, also in den ersten vier bis sechs Wochen, sehr viel einfacher ist, den Verlauf positiv zu beeinflussen und chronifizierungsfördernden Entwicklungen zu begegnen, fokussiere der Praxisleitfaden auf Patienten mit akuten Schmerzen. Gleichzeitig richte sich der Leitfaden in erster Linie an Hausärzte und Orthopäden, also die Ärzte, die Patienten in der Primärversorgung behandeln.
Der Einsatz bildgebender Verfahren wird im Praxisleitfaden kritisch kommentiert. Denn in etwa 85 Prozent der Fälle könne die Ursache mittels umfassender Anamnese und körperlicher Untersuchung diagnostiziert werden. Bildgebende Verfahren, die auf der Grundlage zufällig gleichzeitig auftretender Befunde vermeintlich kausale Zusammenhänge identifizieren, führten im Gegensatz häufig zu einer Fehldiagnose und chirurgischen Fehlbehandlung, die das Problem Betroffener häufig und unnötig verschlimmere.
Medikamentöse Schmerzlinderung macht Bewegung möglich
Viel wichtiger sei es, Menschen durch eine ausreichende Schmerzlinderung dahin zu bringen, dass sie sich wieder selbst aktiv bewegen. Diese Aktivität sei eine tragende Säule zur Verhinderung der Chronifizierung. Nach dem Ausschluss schwerwiegender struktureller Ursachen (sog. red-flags) gehören nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) als symptomatisch wirkende Analgetika sowie Muskelrelaxanzien als eher ursächliche Wirkungen entfaltende Therapieoptionen zu den Mitteln der ersten Wahl. Diese können je nach individuellem Befund auch in Kombination zum Einsatz kommen, um die Schmerzen zu lindern und die muskuläre Funktionalität zu ermöglichen, die für eine Wiederaufnahme der körperlichen Aktivität notwendig ist. Wichtig ist in jedem Fall, psychosoziale Risikofaktoren bzw. krankheitsförderndes Fehlverhalten rechtzeitig zu erkennen, die einen entscheidenden (negativen) Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben können.