Es gilt, die Herausforderung zur Chance zu machen
11.11.2024 - Die Branche formiert sich. Nach der SAP-Abkündigung der Branchenlösung SAP Patientenmanagement IS-H kommt Bewegung in den Healthcare-Markt.
Die aktuelle Lage auf dem Healthcare-Markt gibt Grund zum Optimismus. Nach Monaten, in denen kaum mehr als Ideen und Visionen existierten, präsentieren die Systemhersteller nun valide Konzepte und erste Lösungen. Es herrscht eine Offenheit von allen Beteiligten. Immer mehr Unternehmen gehen aktiv auf Kliniken zu, um sie für ihr System zu sensibilisieren. Es werden Gespräche geführt, nicht nur zu potenziellen IS-H-Nachfolgern, sondern auch zu ganzen Krankenhausinformationssystemen (KIS). Erste Kooperationen zwischen Kliniken bzw. Klinikverbunden und Softwareunternehmen sind bereits geschlossen. All das zeigt: Die Branche ist endlich wieder in Bewegung.
Das sind positive – und wichtige Entwicklungen. Schließlich bleibt den Häusern bis 2030, wenn die Wartung für IS-H eingestellt wird, wenig Zeit für eine Systemumstellung. Somit müssen sie schnellstmöglich die Fühler nach dem für sie passenden Anbieter ausstrecken.
Zukunftssicher aufstellen
Gleichzeitig gibt die Situation den Einrichtungen jetzt die Möglichkeit, aus der Not eine Tugend zu machen. Die Häuser haben die Chance, gemeinsam mit den Software-Unternehmen eine für sie optimale Lösung zu finden, mit der sie sich zukunftssicher aufstellen können. Eine Lösung, mit der sie nachhaltig konkurrenzfähig sind. Denn Systeme wie das IS-H oder KIS sind Lösungen, die – einmal implementiert – 20 Jahre oder länger laufen. Individualisierungen oder zahlreiche Anpassungen (aufgrund sich wandelnder Rahmenbedingungen wie Gesetzesänderungen) führen über die Zeit dazu, dass sich ihre Potenziale immer weniger heben lassen. Ein „Cut“ und die Einführung eines neuen effizienten Systems, das den Häusern durch Standardisierung viel Zeit und Ressourcen spart, kann Abhilfe schaffen.
Die Betonung liegt auf „kann“. Voraussetzung dafür ist nämlich, dass sich die Einrichtungen zuvor mit ihren bestehenden Strukturen und Systemen auseinandergesetzt haben, um erstens zu prüfen, welche relevanten Eigenentwicklungen sie tatsächlich umziehen möchten. Und um zweitens auf dieser Basis eine Strategie zu definieren, inklusive Roadmap. Welche Funktionalitäten soll die neue Lösung abbilden? Macht es Sinn „nur“ einen Nachfolger für IS-H einzuführen oder soll es ein ganzes KIS sein? Was sind die konkreten Anforderungen an die neue Lösung. Diese Vorüberlegungen sind für den Erfolg elementar, sonst füllt man alten Wein in neue Schläuche.
Die Zeit, sich damit zu beschäftigen, ist jetzt. Denn es sind nach wie vor gewaltige Aufgaben, vor denen die Kliniken und Krankenhäuser stehen. Darüber täuschen auch die aktuell positiven Entwicklungen nicht hinweg. Und es gibt noch zahlreiche Fragezeichen. Eins davon ist das Preisschild, das die Systemanbieter an ihre Lösungen hängen werden. Ebenso unklar: Die Gesamtkosten, die für die Einrichtungen mit den anfallenden Lizenz-, Implementierungs- und Projektlaufzeitkosten entstehen sowie mögliche weitere Belastungen.
Dazu kommt das Thema Investitionssicherheit sowie die Frage danach, ob die Systemlösung, auf die die Entscheidung fällt, auch in den nächsten 10 bis 20 Jahren noch weiterentwickelt wird. Wie gut ist der Systemanbieter aufgestellt? Schließlich strömen seit der IS-H-Abkündigung zahlreiche neue Spieler auf den Markt, die sich in dem Wettbewerb behaupten müssen. Beauftrage ich einen Anbieter, sollte dieser auch die nächsten Jahrzehnte noch solvent sein und sich nicht nach der ersten Welle wieder vom Markt zurückziehen.
Deshalb gilt es für Krankenhäuser, bei der Wahl des Unternehmens unbedingt auf ein paar Punkte zu achten. Darunter: Sind beim Anbieter ausreichend Kapazitäten vorhanden, um das Projekt zuverlässig umzusetzen? Werden genügend Berater zur Verfügung gestellt, die nicht nur Produkt-Know-how mitbringen, sondern auch langjährige Projektmanagementerfahrung auf Principal-Level besitzen? Unabdingbar ist außerdem eine Spezialisierung auf den Healthcare-Sektor. Die Branche ist hochkomplex und darf keinesfalls unterschätzt werden.
Ein seriöser Systemanbieter zeichnet sich dadurch aus, dass er seine Lösung schrittweise ausrollt. Indem er mit einer Ist-Analyse startet und bei den Häusern erst mal die Gegebenheiten abklopft. Welcher Stand ist vorhanden, worauf baut die neue Lösung auf, welche individuellen Umstände gilt es zu beachten? Ein gutes Zeichen ist, wenn er den Aufbau seines Produktes in den Häusern innerhalb eines großzügigen Zeitstrahls angeht und dabei auch eine Unbekannte X einkalkuliert. Denn Faktoren wie komplexe Prozesse und das Setting „öffentlicher Dienst der Gesundheitseinrichtungen“ bringen gerne mal unvorhergesehene Herausforderungen mit sich. Und die Einführung muss auch in einem für die Einrichtung „konsumierbaren“ Tempo gehen. Sonst ist das Haus ganz schnell lahmgelegt.
Wenn ein Unternehmen für seine Systemeinführung eine Projektlaufzeit von einem Jahr veranschlagt, sollte das ein Warnzeichen sein. Damit verkennt es die Lage. Es ist unrealistisch, ein System für das Patientenmanagement und die -abrechnung in so kurzer Zeit sauber zu implementieren. Ähnlich sieht es aus, wenn die Rede davon ist, zehn Häuser parallel umzustellen. Das schaffen selbst große Anbieter nicht.
Voraussetzung: Interoperabilität
Augenmerk sollte unbedingt auf der Interoperabilität liegen. Das neue System muss den Datenaustausch und die Weitergabe von Informationen gewährleisten. Es sollte sich also nahtlos über eine zertifizierte Schnittstelle – beispielsweise FHIR (Fast Healthcare Interoperability Resources) – an die bestehende Systemlandschaft der Klinik andocken lassen. Und eine intuitive Oberfläche kann auch nicht schaden. Bis zur Einführung eines IS-H-Nachfolgers oder gar eines neuen KIS sind für die Kliniken und Krankenhäuser also noch einige Hürden zu nehmen. Es gibt noch eine Menge Unwägbarkeiten, viele offene Punkt zu klären und zahlreiche Anforderungen zu beachten. Nichtsdestotrotz muss der Blick weiterhin nach vorn gehen – immer mit dem Credo: Die Herausforderung annehmen und sie zur Chance machen.
Um die Krankenhäuser und Kliniken im gesamten DACH-Raum auf dem Weg zu einem IS-H-Nachfolger bzw. einem
neuen KIS-System zu unterstützen, bietet die DSAG ein umfangreiches Informationsangebot.