Medizin & Technik

Früheres Eingreifen bei Lungenkrebs ermöglichen

24.04.2025 - Die Thoraxchirurgie und die Pneumologie des Universitätsklinikums Bonn setzen erstmalig in Deutschland das weltweit innovativste roboter- und KI-assistierte Bronchoskopie-System in der regulären Patientenversorgung ein

Mit dem ION-System können mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) sehr kleine, auch in der Peripherie befindliche Lungenrundherde, die bisher endoskopisch nicht (- oder kaum) zu erreichen waren, biopsiert und gegebenenfalls direkt in einem „Single Ansaticia event“ operativ reseziert werden. Mit einem zugehörigen modernen Cone-Beam CT (Computer Tomographie), einem dreidimensionalen bildgebenden Tomographieverfahren, können diese Lokalisationen verifiziert und Interventionen geführt werden. Während des Eingriffs kann die Lokalisation verifiziert und korrigiert werden. Und bei „tall in lesion“ hochpräzise biopsiert. Das diagnostic yield liegt bei über 90%. Dieses System ist besonders relevant für Kliniken, die in der Medizintechnik auf den neuesten Stand setzen wollen, um nicht nur die Patientenversorgung, sondern auch die Effizienz in der Diagnosestellung zu steigern. Die Integration von KI-Technologien in die medizinische Bildgebung ist für die Zukunft der Chirurgie von entscheidender Bedeutung.

Insbesondere für Patienten mit dem Verdacht auf Lungenkrebs in einem frühen Stadium bedeutet dieses hochpräzise Diagnoseverfahren eine bahnbrechende Optimierung.

Lungenkrebs ist bei Männern die häufigste, bei Frauen die zweithäufigste Todesursache durch Krebs. In der Regel wird Lungenkrebs erst spät diagnostiziert, da er im frühen Stadium meist keine Symptome verursacht. Aktuell sind manchmal schwierige und teilweise sehr aufwendige Untersuchungen notwendig, bevor eine klare Lungenkrebs-Diagnose gestellt werden kann. Ein rechtzeitiger Therapiebeginn ist für die Heilungschancen aber elementar wichtig.

System erreicht kleinste Knoten in Randlagen

Das ION-System wurde entwickelt, um die Diagnoseerstellung bei kleinsten unklaren Lungenrundherden zu ermöglichen und so die Zeit bis zur Behandlung zu verkürzen. Bei dem Robotik-System handelt es sich um ein über KI gesteuertes Navigationsbronchoskop für die endoskopische Lungenspiegelung, mit dem auch sehr kleine bisher schwer zugängliche Knoten im Bereich der äußeren Lunge bronchoskopisch aufgefunden und biopsiert werden können. Mehr als 70% der verdächtigen Knoten befinden sich dort. In Verbindung mit modernen IT-Systemen zur Bildanalyse und Dokumentation können Krankenhäuser ihre Abläufe zusätzlich optimieren. Dies ermöglicht eine bessere Auslastung der Ressourcen und reduziert Kosten durch effizientere Prozessabläufe.

Ein Aspekt, der besonders hervorzuheben ist, betrifft die nahtlose Integration von Robotik und Bildgebung in die Arbeitsprozesse der Pneumologie und Thoraxchirurgie. Durch die Verbindung des ION-Systems von Intuitive Surgical mit dem Cios Spin Cone-Beam CT von Siemens Healthineers kann der Eingriff in Echtzeit überwacht und gesteuert werden, was sowohl die Sicherheit der Patienten erhöht als auch die Genauigkeit der Intervention. Solche Technologien bedeuten sowohl eine Verbesserung in der Diagnose wie auch eine Verkürzung der Hospitalisierungsdauer, was den betroffenen Krankenhäusern ermöglicht, mehr Patienten mit höherer Effizienz zu versorgen.

„In der Lungenkrebsfrüherkennung gibt es aktuell vielversprechende Entwicklungen, wie der bald bevorstehende Beginn des Lungenkrebsscreenings. Dabei wird gerade die präoperative feingewebliche Diagnosesicherung zunehmend wichtiger für alle modernen Therapieoptionen. Das neue robotische Bronchoskopie-System bedeutet in dieser Hinsicht eine bahnbrechende Optimierung für unsere Patienten am UKB und im Lungenkrebszentrum“, sagt Prof. Joachim Schmidt, Leiter der Thoraxchirurgie des UKB und des Lungenkrebszentrums Bonn/Rhein-Sieg sowie Chefarzt der Klinik für Thoraxchirurgie und Ärztlicher Direktor am Helios Klinikum Bonn/Rhein-Sieg. „Das ION-System eröffnet neue Möglichkeiten für die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Chirurgen und Pneumologen. Dies erleichtert nicht nur die Diagnostik, sondern fördert auch den unmittelbaren Übergang von der Diagnose zur Behandlung durch Schnellschnittuntersuchung unmittelbar nach der ION-Biopsie im OP. In diesen Fällen können dann die resezierenden therapeutischen Eingriffe unmittelbar nach der Diagnose erfolgen, was zu einer schnelleren Genesung und einer insgesamt besseren Patientenversorgung führt.“, so Schmidt weiter.

Individueller Zielpfad für jeden Patienten

Ein integriertes Bildarchivierungssystem ermöglicht bei der neuen Technologie das Abrufen von CT Scans. Der Einsatz solcher integrierten IT-Lösungen stellt einen entscheidenden Schritt für Krankenhäuser dar, um die Kommunikation zwischen Abteilungen zu verbessern und den Arbeitsablauf zu straffen. IT-Lösungen, die es ermöglichen, alle bildgebenden Verfahren und Patienteninformationen in einem einzigen Interface zu vereinen, sind für große medizinische Einrichtungen ein Muss, um die steigenden Anforderungen an Effizienz und Präzision zu bewältigen. Die Software des ION-Systems erstellt damit einen Pfad über die genaue Anatomie des jeweiligen Patienten. Während der Bronchoskopie navigiert der Arzt über diesen individuellen Pfad mit dem Controller zum Zielort, um dort eine Probeentnahme durchzuführen. Mithilfe des sehr dünnen Robotik-Katheters kann bis weit in die periphere Lungenregion navigiert werden. Ein bedeutender Vorteil ist, dass präzise Positionsinformationen währenddessen in Echtzeit übermittelt werden. Bei der Verwendung der integrierten mobilen Bildgebung über ein Cone Beam CT, empfängt ION während des Eingriffs bei Bedarf 3D-Bilder. Diese Echtzeit-Integration moderner Bildgebungstechnologien ermöglicht eine direkte Verifizierung und damit eine größtmögliche Präzision bei der Biopsie.

Wichtig ist auch zu betonen, dass dieses System nicht nur für die Onkologische-Chirurgie von Interesse ist. Auch in der Behandlung anderer Lungenerkrankungen, bei denen es auf die präzise Erfassung kleinster peripherer Läsionen ankommt, zeigt das ION-System seine Stärken.

Interdisziplinäre Betreuung Thoraxchirurgie und Pneumologie

Die ersten 60 Patienten erhielten bereits einen bronchoskopischen Eingriff mit dem neuen roboter-assistierten System und werden interdisziplinär von den throaxchirurgischen und pneumologischen Teams des UKB betreut. „Auch für weitere Lungenerkrankungen, die Patientinnen und Patienten stark beeinträchtigen und bei denen aktuelle Verfahren bei der Erkennung von sehr kleinen oder peripheren Herden an ihre Grenzen stoßen, ist das innovative roboter-assistierte Bronchoskopiesystem ein großer Fortschritt. Wir freuen uns, dass wir als derzeit einzige Klinik in Deutschland unseren Patientinnen und Patienten im regulären Klinikbetrieb diesen Mehrwert bieten können“, so Prof. Dirk Skowasch, Direktor der Klinik für Pneumologie des UKB.

Die Implementierung des ION-Systems markiert einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung von minimal-invasiven Verfahren zur Lungenkrebsdiagnose. Es verdeutlicht die Rolle von Robotik und Künstlicher Intelligenz in der Medizintechnik und bietet Krankenhäusern die Möglichkeit, ihre Diagnose- und Behandlungsprozesse entscheidend zu verbessern. Krankenhäuser, die frühzeitig in solche Innovationen investieren, können nicht nur die Qualität der Patientenversorgung verbessern, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in einem zunehmend technologiegetriebenen Gesundheitsmarkt steigern. Darüber hinaus sind solche Systeme langfristig von wirtschaftlicher Bedeutung, da sie eine verbesserte Ressourcennutzung ermöglichen. In Zeiten steigender Kosten im Gesundheitswesen ist die Effizienzsteigerung durch innovative Technik ein wesentlicher Faktor für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit von Krankenhäusern. Das ION-System ist nicht nur ein Werkzeug zur besseren Versorgung von Lungenkrebspatienten, sondern ein Weg, die Zukunft des gesamten Krankenhausbetriebs zu gestalten.

Das ION-System wurde im Rahmen des „Surgical Robotics“-Teilprojekts und des BOSTER (Bonn Surgical Technology Center) des Innovative Secure Medical Campus (ISMC)-Projekts des UKB implementiert. Für das Digitalisierungs-Leuchtturmprojekt hatte das UKB 2022 eine Förderung von 17,5 Mio. Euro vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW erhalten. Dieses Projekt unterstreicht die Bedeutung einer strategischen Investition in technologische Innovationen, um den Fortschritt in der Krankenhauslandschaft voranzutreiben.

Autor:

Viola Röser, Universitätsklinikum Bonn

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