KI in der Mammographie – Chancen und Herausforderungen
24.04.2025 - Die Mammographie ist seit vielen Jahren eine der wichtigsten Methoden zur Früherkennung von Brustkrebs und hat maßgeblich dazu beigetragen, die Überlebensraten bei Patientinnen zu verbessern.
Jedoch ist die Interpretation der Bilder anspruchsvoll, zeitaufwendig und fehleranfällig. Das Übersehen von Tumoren oder falsch-positive Befunde ist auch bei erfahrenen Radiologen nicht auszuschließen. Angesichts dieser Herausforderungen bietet der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) ein enormes Potenzial, die Mammographie nicht nur effizienter, sondern auch präziser zu gestalten.
Mit KI können große Mengen an Bilddaten systematisch und präzise analysiert werden. Und das nicht nur schneller, als jeder Mensch es könnte, sondern auch präziser, da subtilste Muster erkannt werden, die auf bösartige Veränderungen hindeuten könnten. Diese Präzision hilft, Tumoren in einem früheren Stadium zu identifizieren, was die Heilungschancen für die Betroffenen erheblich erhöht. Gleichzeitig kann KI dazu beitragen, die Zahl falsch-positiver Befunde zu reduzieren, die ansonsten unnötige Biopsien und zusätzliche diagnostische Maßnahmen nach sich ziehen würden.
Studien unterstreichen KI-Potenzial
Es gibt zahlreiche Studien, die das Potenzial von KI in der Mammographie unterstreichen. Eine davon ist die MASAI-Studie, eine randomisierte kontrollierte Untersuchung, die traditionelle Doppelbefundung mit KI-gestützter Einzel- und Doppelbefundung kombiniert. Die Ergebnisse zeigen eine bemerkenswerte Steigerung der Krebsentdeckungsrate um 29 %.
Eine weitere interessante Studie ist die ScreenTrustCAD-Studie. Sie bestätigt, dass durch den Einsatz von KI die Arbeitsbelastung der Radiologen um 36 % gesenkt werden kann. Die retrospektive Auswertung von Real-World-Daten zeigt zudem, dass KI nicht nur die Effizienz erhöht, sondern auch die Entdeckungsrate klinisch relevanter Tumoren steigert.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse stehen der breiten Einführung von KI in die Mammographie mehrere Herausforderungen entgegen. Eine der größten Hürden ist die Verfügbarkeit großer, qualitativ hochwertiger und repräsentativer Datensätze. Viele der derzeit verfügbaren Datensätze sind unzureichend annotiert oder decken nur einen begrenzten Querschnitt der Bevölkerung ab. Initiativen wie das europäische Forschungsprojekt ODELIA setzen genau an diesem Punkt an. Mithilfe des Schwarmlernens können große, dezentrale Datenmengen genutzt werden, ohne die Datensicherheit zu gefährden. Dieser Ansatz ermöglicht es, leistungsstärkere Algorithmen zu entwickeln, die auf breiterer Datenbasis basieren, während gleichzeitig die Privatsphäre der Patientinnen gewahrt bleibt.
Auswahl geeigneter Technologien
Die erfolgreiche Einführung von KI in der Mammographie hängt jedoch auch entscheidend von der Auswahl geeigneter Technologien ab. Diese müssen nicht nur hochpräzise arbeiten, sondern auch nahtlos in bestehende Arbeitsabläufe integriert werden können. Besonders wichtig ist die Kompatibilität mit PACS-Systemen. Zudem muss die verwendete Technologie auch eine zuverlässige Triage-Funktion zur Risikoeinstufung der Befunde bieten. So können Mammographieaufnahmen mit unauffälligen Befunden aussortiert werden und Radiologen sich auf komplexere Fälle konzentrieren. Dies führt nicht nur zu einer effizienteren Arbeitsweise, sondern auch zu einer Entlastung der Fachkräfte.
Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Gestaltung klarer Befundprotokolle. Diese legen fest, wie KI-gestützte Analysen in den Diagnoseprozess integriert werden. Erste Studien legen nahe, dass ein gut abgestimmtes Protokoll nicht nur die diagnostische Genauigkeit erhöht, sondern auch unnötige Zusatzuntersuchungen.
Personalisierte Brustkrebsvorsorge
Ein besonders vielversprechendes Einsatzgebiet der KI ist die personalisierte Brustkrebsvorsorge. Durch die Analyse großer Datenmengen können KI-Systeme individuelle Risikoprofile erstellen, die auf den spezifischen Merkmalen und der Krankengeschichte der Patientinnen basieren. Dies ermöglicht es, die Screening-Frequenz und -Methoden gezielt an die Bedürfnisse jeder Frau anzupassen. Frauen mit dichtem Brustgewebe, bei denen herkömmliche Mammographien oft weniger aussagekräftig sind, könnten besonders von diesen personalisierten Ansätzen profitieren. Durch die Personalisierung des Screenings können unnötige Untersuchungen vermieden und Ressourcen effizienter genutzt werden. Gleichzeitig wird der Fokus auf jene Frauen gelegt, die ein höheres Risiko für Brustkrebs aufweisen.
Obwohl die Vorteile von KI offensichtlich sind, bestehen oft Vorbehalte hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Transparenz der Algorithmen – sowohl bei Patientinnen als auch bei Radiologen. Es ist daher entscheidend, KI als ein unterstützendes Werkzeug zu positionieren, das die Expertise der Radiologen ergänzt, anstatt sie zu ersetzen. Die kontinuierliche Überwachung der KI-Systeme und regelmäßige Schulungen der Anwender können dazu beitragen, das Vertrauen in die Technologie zu erhöhen.
Die Integration von KI in die Mammographie steht erst am Anfang, doch die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend. KI hat das Potenzial, die Brustkrebsvorsorge effektiver und effizienter zu gestalten. Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, sind jedoch sorgfältige Planung, eine klare Protokollierung und kontinuierliche Forschung erforderlich.
Autor:
Sonja Buske, Essen