Gegen das lange Leiden nach Virusinfektionen
19.03.2025 - Das Universitätsklinikum Jena (UKJ) bündelt seine Einrichtungen zur Erforschung und Versorgung von Post-COVID in einem Interdisziplinären Zentrum für Postinfektiöse Langzeitfolgen.
Das Zentrum verbindet verschiedene Disziplinen einschließlich sozialmedizinischer Beratung und telemedizinische Betreuung und dient als Plattform für versorgungsorientierte Forschungsprojekte.
Vor genau fünf Jahren stufte die WHO COVID-19 zur Pandemie ein, der erste Lockdown in Deutschland wurde verhängt und im UKJ wurden die ersten Coronapatienten behandelt. Der Gesundheitsnotstand ist offiziell längst beendet - viele Infizierte jedoch befinden sich weiterhin in einer gesundheitlichen Notlage, sie leiden unter den als Post-COVID bezeichneten Langzeitfolgen. In Thüringen waren von den 900.000 Menschen, für die eine Corona-Infektion dokumentiert ist, etwa 50.000 bis 60.000 von Post-COVID betroffen. Drei Viertel davon sind inzwischen genesen. Rund 5000 der noch immer Erkrankten leiden an schwersten Form der neuroimmunologischen Langzeitfolgen, der als ME/CFS bezeichneten schweren Erschöpfung.
Das UKJ zählte zu den ersten Kliniken bundesweit, die spezialisierte interdisziplinäre Angebote für Betroffene aufbaute. Gestützt von der Expertise seines Sepsis-Schwerpunktes und getrieben vom großen Versorgungs- und Forschungsbedarf, entstanden hier in den vergangenen Monaten und Jahren eine ganze Reihe von Einrichtungen und Projekten, um die Mechanismen von Post-COVID zu verstehen und die Behandlung zu verbessern. Das UKJ bündelt diese Forschungs- und Versorgungsinitiativen jetzt in einem Interdisziplinären Zentrum für Postinfektiöse Langzeitfolgen – IZPL. „Es dient als zentrale Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten, die an lange anhaltenden Leistungseinschränkungen nach Virusinfektionen leiden. Zudem stellt es eine neue Plattform dar, um neue Forschungsprojekte zu initiieren mit dem Ziel, die Erkrankung besser zu verstehen neue Behandlungsansätze zu entwickeln“, so der Leiter des Zentrums, Prof. Dr. Andreas Stallmach.
Etwa 3000 Patientinnen und Patienten werden derzeit im Zentrum betreut, sie kommen vor allem Mitteldeutschland, aber auch aus dem gesamten Bundesgebiet. Das interdisziplinäre tagesklinische Behandlungskonzept berücksichtigt die verschiedenen Aspekte der Erkrankung, die gekennzeichnet ist von einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit im körperlichen, kognitiven oder psychisch-mentalen Bereich - und oft von einer Kombination davon. Das dreitägige Programm umfasst eine ausführliche internistische, rehabilitationsmedizinische du neuropsychologische Diagnostik. Die Behandlung richtet sich vor allem auf die Stärkung der Eigenverantwortung: Die Patientinnen und Patienten erhalten Anleitungen zum Krankheitsmanagement durch Pacing, zum Schlafmanagement, Übungen für die kognitive Rehabilitation und Unterstützung in der Krankheitsakzeptanz. Bei Bedarf ist auch die Behandlung Gedächtniszentrum und eine telemedizinische Nachbetreuung in Videosprechstunden möglich. Andreas Stallmach: „In der Verbindung der verschiedenen Disziplinen einschließlich sozialmedizinischer Beratung und telemedizinischer Betreuung ist dieses Behandlungskonzept bundesweit einzigartig.“
Assoziiert mit dem Zentrum sind mehrere Forschungsprojekte zu den Langzeitfolgen von Virusinfektionen. Das WATCH-Projekt testet die drei Behandlungssäulen in einem neuartigen mobilen Versorgungsansatz im Post-COVID-Bus. Auch an einem Verbund zur Erforschung von ME/CFS und an zwei Projekten, die mobile Gesundheitsdaten für die Verlaufsbeobachtung und eine personalisierte Behandlung nutzen, ist das Zentrum beteiligt. „Wir mussten durch die Pandemie lernen, dass die Langzeitfolgen von Infektionen ein relevantes Problem sind. Die Krankheitsmechanismen sind noch kaum verstanden,“ betont Stallmach. „Eingebunden in große wissenschaftliche Netzwerke und Studien will das IZPL zur Beantwortung dieser Fragen beitragen, damit wir Menschen mit Langzeitfolgen nach einer Infektion mit Corona, auch mit Influenza oder dem Eppstein-Barr-Virus oder nach einer Sepsis besser helfen können.“