Hochdotierte Förderung für herausragende Wissenschaftlerinnen in der Entzündungsforschung
02.09.2021 - Der Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation" (PMI) fördert mit dem Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreis drei seiner exzellentesten jungen Wissenschaftlerinnen aus Kiel und Lübeck mit insgesamt 200.000 Euro.
Der Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) hat drei Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreise an herausragende junge Wissenschaftlerinnen auf dem Gebiet der Entzündungsforschung vergeben. Die in diesem Jahr ausgezeichneten Forscherinnen werden mit einmal 100.000 Euro und je zweimal 50.000 Euro gefördert. Die Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), Professorin Simone Fulda, und ihre Amtskollegin Professorin Gabriele Gillessen-Kaesbach von der Universität zu Lübeck (UzL) übergaben die Auszeichnungen an die Preisträgerinnen Professorin Petra Bacher (CAU), Dr. Corinna Bang (CAU) und Dr. Julia Pagel (UzL).
„Die Förderung von Frauen in der Wissenschaft liegt mir ganz besonders am Herzen. Um exzellente Forscherinnen in ihrer individuellen Karriereentwicklung und bei der Entfaltung ihres wissenschaftlichen Potenzials optimal zu unterstützen, sind gezielte Instrumente besonders wichtig. Der Cluster PMI bietet dafür mit den hochdotierten Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreisen einen ausgezeichneten strukturellen Rahmen“, betont Prof. Simone Fulda, Präsidentin der Christian-Albrechts-Universität, bei der Verleihung. „Ich freue mich deshalb sehr, den Preisträgerinnen zu dieser Auszeichnung ganz herzlich gratulieren zu dürfen und wünsche ihnen für die Durchführung ihrer ambitionierten Projekte viel Erfolg“, so Fulda weiter.
„Ich bin beeindruckt von der Leistung der diesjährigen Preisträgerinnen des Dorothea-Erxleben-Preises. Sie alle sind leuchtende Beispiele für erfolgreiche Forscherinnen. Auch wenn wir in den vergangenen Jahren schon große Erfolge bezüglich der Chancengleichheit in der Forschung erzielt haben, sind Auszeichnungen wie diese immens wichtig, um die Erfolge unserer exzellenten Wissenschaftlerinnen anzuerkennen und ihre Arbeit sichtbar zu machen“, sagt Prof. Gabriele Gillessen-Kaesbach, Präsidentin der Universität zu Lübeck.
Die Forscherinnenpreise sind Teil des Dorothea-Erxleben-Programms für Gleichstellung des Clusters, dem Förderprogramm für mehr Chancengleichheit von Frauen und Männern in Klinik und Forschung. Die Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreise werden ausschließlich an Wissenschaftlerinnen aus dem Cluster vergeben mit dem Ziel, deren exzellente Forschungstätigkeit im Bereich der Entzündungsforschung zu unterstützen und damit auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Konkurrenz um Fördermittel zu steigern. Die Förderpreise werden nun zum zweiten Mal vergeben, erstmals hat sie 2017 der Vorgängercluster „Inflammation at Interfaces“ ausgeschrieben. Benannt ist die Auszeichnung nach Dorothea Christiane Erxleben, die Mitte des 18. Jahrhunderts als erste Ärztin in Deutschland promovierte und als Ärztin praktizierte.
Prof. Petra Bacher (Jahrgang 1984) erhält den mit 100.000 Euro dotierten Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreis. Bacher ist seit 2018 Juniorprofessorin für Immunologie und Immungenetik am Institut für Immunologie und dem Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Bacher ist außerdem Nachwuchsgruppenleiterin des Schleswig-Holstein Exzellenz-Chair-Programms. Sie erforscht die Rolle des Immunsystems bei chronischen Entzündungserkrankungen mit besonderem Fokus auf bestimmte Immunzellen, die CD4+ T-Zellen, die Krankheitserreger und Fremdkörper gezielt erkennen. Obwohl diese T-Zellen wichtig für eine gesunde Immunantwort sind, können bestimmte T-Zellreaktionen auch zu Krankheiten und chronischen Entzündungen führen.
Seit Beginn der Corona-Pandemie erforscht Bacher außerdem die Rolle von SARS-CoV-2 reaktiven T-Zellen bei einer COVID-19-Erkrankung. In einer in Immunity publizierten Arbeit (https://www.precisionmedicine.de/de/detailansicht/news/covid-19-kontakt-mit-erka...) konnte sie bereits zeigen, dass bei Personen, die noch keinen Kontakt zu SARS-CoV-2 hatten, bereits Gedächtnis-T-Zellen vorhanden sind, die SARS-CoV-2 erkennen. Aber diese präexistierenden T-Gedächtniszellen sind offenbar nicht besonders gut in der Lage, das Virus zu bekämpfen, da sie es nur schwach binden. Im Gegenteil, wenn das Immunsystem auf diese nicht so gut bindenden Zellen zurückgreift, um den Erreger zu bekämpfen, anstatt eine Immunantwort auf naiven T-Zellen aufbaut, könnten die Gedächtniszellen sogar für schwere Verläufe mitverantwortlich sein. In ihrem durch die Auszeichnung gefördertem Projekt möchte Bacher untersuchen, wie diese präexistenten Gedächtniszellen die Qualität der T-Zellreaktion nach einer Impfung beeinflussen und inwiefern das Auswirkungen auf den Impferfolg hat.
„In dem geförderten Projekt untersuchen wir Blutproben vor und nach der Impfung und können analysieren, ob präexistierende Gedächtniszellen oder naive T-Zellen für die Immunantwort genutzt werden und wie sich dies auf die Qualität der Impfantwort auswirkt. Und das ist natürlich von direkter klinischer Relevanz, zum einen um zu verstehen, wie gut die Impfung einzelne Menschen und Altersgruppen schützt, aber auch um die überschießende T-Zell-Entzündung zu verstehen, die bei schwerer COVID-19-Erkrankung beobachtet wird“, so Bacher weiter.
Dr. Corinna Bang (Jahrgang 1984), Postdoc am Institut für klinische Molekularbiologie (IKMB) der CAU und des UKSH, Campus Kiel, und Leiterin des Mikrobiomlabors am IKMB, erhält einen der mit 50.000 Euro dotierten Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreise. Bang erforscht das Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die einen Körper besiedeln. Ihr Fokus liegt dabei auf chronischen Entzündungen. Sie sucht nach gemeinsamen Mechanismen und Einflüssen des Mikrobioms, die den Entzündungen zugrunde liegen, egal, an welchem Organ sie sich letztlich zeigen. So konnte sie in vorangegangenen Projekten beispielsweise spezifische Veränderungen im Darm- und Mundmikrobiom von Menschen mit multipler Sklerose (MS) finden, die so auch bei Menschen mit chronischen Darmentzündungen vorkommen.
In dem nun durch den Dorothea-Erxleben-Forscherinnenpreis ermöglichten Projekt möchte sie ihren Forschungsfragen weiter nachgehen. „Das Problem war bisher, dass die MS-Patientinnen und Patienten, von denen wir Proben untersucht haben, bereits Medikamente genommen haben, die durchaus Einfluss auf das Mikrobiom haben. Im nun geplanten Projekt wollen wir unter anderem Patientinnen und Patienten mit MS und solche mit chronischen Darmentzündungen untersuchen, bei denen die MS bzw. die Darmentzündung gerade erst diagnostiziert wurde und noch nicht mit Medikamenten behandelt wurde“, erklärt Bang. Von diesen Personen und von gesunden Probandinnen und Probanden möchte sie die Genome der vorhandenen Mikroorganismen komplett sequenzieren – und nicht wie überwiegend bisher nur ausschnittsweise - und so Aufschluss nicht nur darüber bekommen, welche Mikroorganismen Bestandteil der Mikrobiome sind, sondern vor allem auch, über ihr Zusammenspiel und ihre Funktion.
Dr. Julia Pagel (Jahrgang 1982) erhält einen der zwei mit 50.000 Euro dotierten Dorothea-Erxleben-Forscherinnen-Preise. Pagel ist sowohl praktizierende Kinderärztin in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKSH, Campus Lübeck, als auch forschende Wissenschaftlerin an der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie der Universität zu Lübeck und des UKSH, Campus Lübeck. Ihr Forschungsschwerpunkt in den vergangenen Jahren war die Sepsis, also Blutvergiftung, bei Frühgeborenen – eine der Haupttodesursachen bei Frühchen. Einen weiteren Schwerpunk bildet mittlerweile außerdem eine chronische Lungenerkrankung von Frühgeborenen, die Bronchopulmonale Dysplasie (BPD). Die Lungenschädigungen bei dieser Erkrankung können sich bis ins Erwachsenenalter hinein auswirken. Fast alle Kinder, die an BPD erkranken, hatten vorher eine Sepsis. Warum, ist bisher ungeklärt. „Eine Hypothese ist, dass nach einer Sepsis, bei der es zu einer überschießenden Immunreaktion kommt, diese fortbesteht und dadurch die Lunge angreift, was zu BPD führen könnte“, erklärt Pagel. „Allerdings gehen wir davon aus, dass dies nicht das einzige ist, das zu der Erkrankung führt. Das wollen wir genauer untersuchen“, so Pagel weiter.
Pagel konnte bereits zeigen, dass bei einer Sepsis bei den Frühgeborenen das Darmmikrobiom, also die Gesamtheit der besiedelnden Mikroorganismen, spezifisch verändert ist und auch die Entwicklung des Immunsystems gestört ist. Mit der Förderung möchte sie nun anhand von Proben von Frühgeborenen, die BPD bekommen haben, ähnliche Untersuchungen machen. Sie möchte analysieren wie das Darmmikrobiom und die Immunzellentwicklung bei diesen Kindern im Vergleich zu Frühchen, deren Lunge nicht erkrankt, verändert sind, und wie diese Störungen zu einer anhaltenden Entzündung und anschließend zur chronischen Lungenerkrankung führen.
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