Aus den Kliniken

Jubiläum beim diesjährigen HAI

07.08.2018 -

Bereits zum 20. Mal findet Mitte September der Hauptstadtkongress für Anästhesiologie und Intensivmedizin der DGAI (HAI) in Berlin statt.

Dr. Jutta Jessen, Weinheim

Der Kongress bietet die Möglichkeit sich über das rasant wachsende Wissen des Fachgebiets zu informieren und medizinisches Wissen aufzufrischen und zu vertiefen. Neben wissenschaftlichen Sitzungen und Satellitensymposien werden auch Refresherkurse und Fallseminare angeboten außerdem können auch praktische Fertigkeiten trainiert werden. Prof. Dr. Frank Wappler übernimmt jetzt für die Jahre 2018-2020 die wissenschaftliche Leitung des HAI und erläutert die Konzeption.

M&K: Das Motto des diesjährigen Kongresses lautet: Kompetent entscheiden. Worauf zielt dieses Thema ab, welche Gedanken stehen dahinter?

Prof. Dr. Frank Wappler: Kompetent Entscheidungen zu treffen bestimmt das tägliche Handeln in allen Bereichen unseres Faches. Grundlage der Entscheidungsfindung sind hierbei u. a. Sachverstand, spezifische Fähigkeiten und Qualifikationen, die in einem fortwährenden Prozess entwickelt und erweitert werden müssen. Ziel dieser kontinuierlichen, individuellen sowie auch institutionellen Fort- und Weiterentwicklung ist die Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung und somit die Optimierung der Patientensicherheit. Kompetente Entscheidungen spielen zudem eine wichtige Rolle bei der interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit, aber natürlich auch beim rationalen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, bedarf es zahlreicher Maßnahmen. Diese beginnen bereits im Studium, in dem basierend auf dem Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog, Fertigkeiten, professionelle Haltungen und spezifische Kompetenzen erlernt werden sollen. Weiterhin hat der Deutsche Ärztetag kürzlich die kompetenzbasierte Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung verabschiedet, die Ende 2018 veröffentlicht werden soll. Klar ist aber auch, dass der Erwerb von Kompetenzen einen lebenslangen Prozess darstellt. Ergänzend zu den obigen Maßnahmen soll der HAI hierzu einen Beitrag leisten.

Welche Themenschwerpunkte können die Aussteller und Besucher dieses Jahr erwarten?

Wappler: Auch in diesem Jahr erwartet den Besucher ein vielfältiges Programm, dass zum einen die wesentlichen Themengebiete unseres Faches, wie die Anästhesiologie, die Intensivmedizin, die Notfallmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin und deren jeweilige Spezialisierungen, aufgreifen wird. Zum anderen gibt es Schwerpunktangebote an die Pflegeberufe sowie an den Rettungsdienst.

Gibt es aktuelle Entwicklungen die Sie persönlich besonders faszinieren?

Wappler: Die Telemedizin ist die vielleicht spannendste Entwicklung in der Intensivmedizin. Durch den Einsatz dieser Technologie können Fachexperten wertvolle Hilfestellungen bei der Therapie von kritisch kranken Patienten geben, so belegen aktuelle Daten, dass hierdurch die Sterblichkeitsraten von Intensivpatienten signifikant reduziert werden können. Die Zukunft muss nun zeigen, inwieweit solche Konzepte flächendeckend zum Einsatz gebracht werden können.

Der Kongress bietet eine ganze Reihe bewährter Formate zur Weiterbildung, gibt es auch etwas Neues?

Wappler: Auf dem diesjährigen Hauptstadtkongress findet sich erstmals ein Sitzungsformat mit dem Titel „AINS meets…“. Hierbei werden in gemeinsamen Sitzungen besondere Institutionen vorgestellt, die für Ärzte und Pflegende gleichermaßen von Bedeutung sind. In diesem Jahr haben wir hierzu Vertreter(innen) des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingeladen um mit diesen aktuelle und auch kontroverse Themen zu diskutieren.

Ebenfalls neu ist das „Besondere Thema“. In der Sitzung: „On Dope! Wenn Ärzte und Pflegende süchtig werden“ soll erörtert werden, wie wir der Problematik von Abhängigkeitserkrankungen begegnen können. Aktuelle Zahlen zeigen, dass 7 - 8% der Kolleginnen und Kollegen mindestens einmal in ihrem Leben an einer Suchterkrankung leiden. Viele standen daher schon einmal im Berufsalltag in Kontakt mit Ärzten oder Pflegenden, bei denen eine Abhängigkeitserkrankung entweder offen erkennbar war oder vermutet wurde, und es stellt sich daher die Frage, was in einer solchen Situation zu tun ist. In dieser Sitzung geht es nicht um die Anklage oder gar Ausgrenzung von Kolleginnen und Kollegen. Ganz im Gegenteil: es geht um die Vermittlung von Verhaltensregeln und das Verständnis für die Problematik.

In vielen Bereichen der Medizin ist eine dünne Personaldecke und Nachwuchsmangel zu verzeichnen. Wie sieht es im Bereich Anästhesiologie und Intensivmedizin aus?

Wappler: Derzeit wird bundesweit intensiv über den Mangel an Pflegekräften berichtet, der zu Schließungen von OP-Sälen als auch von Intensivbetten führt. Die Folgen sind eine spürbare Einschränkung der Patientenversorgung mit verlängerten Wartezeiten auf eine medizinische Behandlung und letztlich auch Erlösverluste.

Eine vergleichbare Entwicklung findet sich aber auch im ärztlichen Bereich und es wird zunehmend schwerer Planstellen zu besetzen und junge Kolleg(inn)en für die Weiterbildung in der Anästhesiologie zu motivieren. Unsere Fachgesellschaften haben diese Problematik jedoch frühzeitig erkannt und zahlreiche Programme zur Nachwuchsförderung aufgelegt, beispielhaft sei hier das Projekt „Mein Pulsschlag“ genannt. Darüber hinaus gilt es auch institutionell Maßnahmen zu ergreifen, um mehr junge Kolleg(inn)en für unser Fach zu begeistern, z. B. durch curriculäre Ausbildungskonzepte oder auch strukturierte Trainingsmaßnahmen in einem „skills-lab“.

Welche aktuellen Themen aus dem Managementbereich sollen diskutiert werden?

Wappler: Ein wesentliches Thema stellt das OP-Management dar. Hier soll das Spannungsfeld zwischen den Anforderungen an die Patientensicherheit einerseits und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen andererseits aufgearbeitet werden. Weiterhin wird in mehreren Sitzungen über wesentliche Aspekte von Führungsstrukturen diskutiert werden.

Was sehen Sie als größte Herausforderung im Bereich der Anästhesiologie und Intensivmedizin der nächsten Jahre?

Wappler: Die Anforderungen an unser Fach werden erheblich steigen, da die uns anvertrauten Patienten im Sinne der sich verändernden Demografie immer älter werden und auch mehr Begleiterkrankungen aufweisen. Hier gilt es wirksame Konzepte zu etablieren, die auch zukünftig eine optimale Patientenversorgung gewährleisten.

Ein weiteres Problemfeld ist die Rekrutierung von neuen Mitarbeiter(inne)n, sowohl im pflegerischen als auch im ärztlichen Bereich. Ein fortschreitender Mangelzustand gefährdet potentiell die Patientensicherheit, führt aber auch dazu, dass sich immer mehr Personal aus der direkten Patientenversorgung verabschiedet. Eine Abwärtsspirale, der schleunigst entgegengewirkt werden muss.

Zur Person

Prof. Dr. Frank Wappler ist seit 2004 Direktor der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin am Klinikum der Universität Witten/ Herdecke in Köln-Merheim sowie seit 2008 Chefarzt der Abteilung für Kinderanästhesie am Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße in Köln. Prof. Wappler ist Präsident der Deutschen Akademie für Anästhesiologische Fortbildung (DAAF), Mitglied der Leitlinien-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) sowie Delegierter der DGAI bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).

Termin

20. Hauptstadtkongresses der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie,

20. bis 22. September 2018, Berlin

 

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