Hygiene

Neue Gruppe von antibakteriellen Molekülen entdeckt

18.11.2021 - Internationale Forschungsgruppe identifiziert ein vielversprechendes Gerüst für antimikrobielle Mittel.

Forscher des Karolinska Instituts, der Universität Umeå und der Universität Bonn haben eine Gruppe von Molekülen identifiziert, die eine antibakterielle Wirkung gegen viele antibiotika-resistente Bakterien haben. Da die Eigenschaften dieser kleinen Moleküle leicht chemisch verändert werden können, besteht die Hoffnung, neue, wirksame Antibiotika mit geringen Nebenwirkungen zu entwickeln. Die Ergebnisse sind nun im Journal PNAS veröffentlicht.

Die zunehmende Antibiotikaresistenz ist weltweit alarmierend. Erschwerend kommt hinzu, dass in den letzten 50 Jahren nur wenige neue Typen von Antibiotika entwickelt worden sind. Es besteht daher ein großer Bedarf an neuen antibiotischen Wirkstoffen.

Die Vielzahl der Antibiotika, die in der klinischen Praxis eingesetzt werden, hemmen die Fähigkeit der Bakterien, eine schützende Zellwand zu bilden, wodurch sich die Zellen auflösen (Zelllyse). Neben dem wohlbekannten Penicillin, das bestimmte Enzyme beim Aufbau der Zellwand stört, wirken neuere Antibiotika wie Daptomycin oder das kürzlich entdeckte Teixobactin anders. Sie binden einen speziellen Baustein (Lipid II), der von Bakterien zum Aufbau der Zellwand benötigt wird. Lipid II-bindende Antibiotika sind in der Regel sehr große und komplexe Naturstoffe, die sich mit chemischen Methoden nicht leicht verbessern lassen. Zudem sind sie aufgrund ihrer Größe meist gegenüber Problemkeimen, die über eine weitere Hülle, die Äußere Membran verfügen, nicht wirksam.

“Lipid II ist ein sehr attraktives Ziel für neue Antibiotika. Wir haben die ersten kleinen antibakteriellen Verbindungen identifiziert, die durch Bindung an dieses Lipidmolekül wirken, und in unserer Studie haben wir keine resistenten Bakterienmutanten gefunden, was sehr vielversprechend ist”, sagt Birgitta Henriques Normark, Professorin in der Abteilung für Mikrobiologie, Tumor- und Zellbiologie am Karolinska Institut.

In der Studie haben Forscher des Karolinska Instituts und der Universität Umeå in Schweden eine große Anzahl chemischer Verbindungen auf ihre Fähigkeit getestet, Pneumokokken zu lysieren. Diese Bakterien sind die häufigste Ursache für Lungenentzündungen. Die ersten Tests wurden in Zusammenarbeit mit dem Chemical Biology Consortium Sweden (CBCS) durchgeführt, einer nationalen Forschungsinfrastruktur im SciLifeLab. Die Forscher untersuchten die aktiven Verbindungen aus diesem Screening genauer. In Zusammenarbeit mit der Universität Bonn fanden sie heraus, dass eine Gruppe von Molekülen namens THCz die Bildung der Bakterien-Zellwand durch Bindung an Lipid II hemmt. Die Moleküle könnten auch die Bildung einer schützenden Kapsel verhindern, die die Pneumokokken umgibt und die sie benötigen, um dem Immunsystem zu entgehen und Krankheiten zu verursachen.

Chemisch leicht zu modifizierende Moleküle

„Der Vorteil von kleinen Molekülen wie diesen ist, dass sie chemisch leichter zu modifizieren sind. Wir hoffen, dass wir THCz so verändern können, dass die antibakterielle Wirkung zunimmt und die negativen Auswirkungen auf menschliche Zellen abnehmen”, sagt Fredrik Almqvist, Professor am Fachbereich Chemie der Universität Umeå.

In Laborexperimenten haben THCz eine antibakterielle Wirkung gegen viele antibiotikaresistente Bakterien, wie z.B. Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA), Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) und Penicillin-resistente Pneumokokken (PNSP). Eine antibakterielle Wirkung wurde auch gegen Gonokokken, die Gonorrhoe verursachen, und Mykobakterien festgestellt, Bakterien, die beim Menschen schwere Krankheiten wie Tuberkulose verursachen können. Die Forschenden konnten keine Bakterien identifizieren, die in einer Laborumgebung eine Resistenz gegen THCz entwickelten.

„Wir werden nun auch versuchen, das THCz-Molekül so zu verändern, dass es die Äußere Membran einiger besonders hartnäckiger, multiresistenter Bakterien durchdringen kann”, sagt Tanja Schneider, Professorin am Institut für Pharmazeutische Mikrobiologie der Universität Bonn.

Beteiligte Institutionen und Förderung:

Die Forschung wurde in enger Zusammenarbeit mit der Karolinska Universitätsklinik und dem Universitätsklinikum Bonn durchgeführt. Die Studie wurde von der Schwedischen Stiftung für strategische Forschung, dem Schwedischen Forschungsrat, der Knut und Alice Wallenberg Stiftung, der Region Stockholm, der Göran Gustafsson Stiftung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG; TRR261) und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) finanziert. Es liegen keine Interessenkonflikte vor.

Kontakt

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