Notfallausweis und Aorten-Informationswoche am DHZB
01.04.2022 - Bei akuten Erkrankungen der Hauptschlagader sind eine schnelle Diagnose, die richtige Erstversorgung und der rasche Transport in ein spezialisiertes Krankenhaus für die Patienten überlebenswichtig. Das Deutsche Herzzentrum Berlin (DHZB) bietet Aortenpatienten deshalb jetzt einen neuen Notfallausweis an, der im Ernstfall schnellen Zugriff auf die Patientenakte ermöglicht.
Die Einführung der Notfallkarte ist der Auftakt einer Informationswoche zu akuten Aortenerkrankungen. Denn noch immer sterben Patienten, weil die Erkrankung zu spät erkannt wurde oder die Verlegung in ein Herzzentrum zu lange gedauert hat.
Der Fachbegriff „Typ A Aortendissektion“ steht für einen der dringlichsten Notfälle in der Herzmedizin: Meist ohne jede Vorwarnung reißt die innere Wand der Hauptschlagader (Aorta) unmittelbar am Herzen. Blut dringt durch den Einriss in einen Spalt zwischen den Gefäßwänden und vergrößert diesen immer weiter. Die einzig mögliche Therapie ist eine Notoperation in einem spezialisierten Herzzentrum. Unbehandelt verläuft die Typ A Aortendissektion fast immer tödlich.
Tückisches Krankheitsbild
Leider werden die Symptome dieser Erkrankung oft als – wesentlich häufiger auftretender – Herzinfarkt fehlinterpretiert oder die Erkrankung wird aus anderen Gründen zu spät diagnostiziert. Einer aktuellen DHZB-Studie zufolge wurde bei mehr als 75 Prozent der Patienten eine falsche Erstdiagnose gestellt. Zudem kann die Dringlichkeit der Erkrankung unterschätzt werden. Dadurch verlieren die Patienten entscheidende Zeit. Denn mit jeder Stunde, die eine akute Typ A Aortendissektion unbehandelt bleibt, versterben statistisch ein bis zwei Prozent der Patienten.
Am Deutschen Herzzentrum Berlin, dem nach Fallzahlen bundesweit größten Zentrum für die chirurgische Behandlung der Typ A Aortendissektion, wurde bereits 2015 das europaweit einzigartige Konzept eines „Aortentelefons“ ausgearbeitet: Eine medizinische Hotline, die allen Berliner und Brandenburger Ärztinnen und Ärzten rund um die Uhr koordinierend und beratend zur Seite steht.
Das Konzept hat bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Diagnostik und Versorgung geführt: Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die am DHZB wegen einer akuten Typ A Aortendissektion operiert wurden, konnte verglichen mit den Vorjahren um mehr als 45 Prozent gesteigert werden. Die Zeit von der Diagnose bis zur Operation wurde ebenfalls deutlich reduziert. Insgesamt sank auch die Sterblichkeit.
Jetzt stellt das DHZB erstmals einen speziellen Notfallausweis für Aorten-Patienten vor. Er ermöglicht Notärzten einen sofortigen Zugriff auf die wichtigsten Patientendaten. Das DHZB kooperiert dabei mit der DoctorBox GmbH, die das Konzept eines digitalen Gesundheitskontos entwickelt hat. Das Angebot ist kostenlos.
Wie der Notfallausweis funktioniert
Patienten, die das Angebot wahrnehmen möchten, können sich über die kostenlose DoctorBox-App registrieren und Daten zur Blutgruppe, Krankheiten und Allergien eintragen. Über diese App können Klinken oder Arztpraxen auch Patientendaten übermitteln.
Sind die medizinischen Daten hinterlegt, kann auch der Notfallausweis aktiviert werden. Im Notfall können Notärzte oder Mitglieder des Teams einer Klinik-Rettungsstelle über einen auf der Karte aufgedruckten QR-Code die DoctorBox-Website aufrufen und erhalten nach Eingabe einer PIN-Nummer sämtliche Gesundheitsdaten der Patienten.
Zudem steht die Nummer des DHZB-Aortentelefons auf der Karte und ermöglicht Rettungsstellen und Notärzten schnellen Support.
Die Daten sind sicher
Die technischen und infrastrukturellen Schutzmaßnahmen der DoctorBox GmbH entsprechen den höchsten Standards und sind gemäß der ISO/IEC 27001 – einer internationalen Norm für Informationssicherheits-Managementsysteme auf der Basis von Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit – zertifiziert.
Der Notfallausweis für Aortenpatienten soll zur bestmöglichen Versorgung insbesondere bei Patienten mit Vorerkrankungen beitragen, wie Herzchirurg Prof. Dr. med. Christoph Starck, Leitender Oberarzt am DHZB, erläutert: „Auch bei Patientinnen und Patienten, die bereits in ambulanter Behandlung sind, kann es zu einer plötzlichen Notfallsituation außerhalb der Klinik kommen. Dann ermöglicht die sofortige Abfrage der Vorgeschichte und aller wichtigen Parameter den erstversorgenden Kolleginnen und Kollegen eine schnelle und individuelle Therapie – was für die Patientinnen und Patienten lebensrettend sein kann.“
Oberarzt Dr. med. Stephan Kurz, Kardioanästhesist und Notfallmediziner am DHZB und der Charité, ergänzt: „Viele Patientinnen und Patienten, die eine akute Aortenerkrankung mit einer Notoperation hinter sich haben, leben in großer Sorge vor einer erneuten Erkrankung. Wir möchten mit dem Notfallausweis zu einem besseren Gefühl der Sicherheit beitragen.“
Übertragbares Konzept
Das DHZB wird gemeinsam mit DoctorBox mehreren hundert Patienten mit bekannten Aortenerkrankungen einen Notfallausweis zur Verfügung stellen, der durch die Registrierung bei DoctorBox und die Übermittlung der Patientendaten aktiviert werden kann.
Bei positiver Resonanz und Praxistauglichkeit wird das Konzept auch allen anderen DHZB-Patienten empfohlen. Schon jetzt ist die Registrierung bei DoctorBox selbstverständlich für alle Patienten möglich.