Oberhavel Kliniken: Chefärztin der Kinder- und Jugendmedizin geht in den Ruhestand
31.03.2025 - Dr. med. Lucia Wocko betreute 26 Jahre lang die kleinsten Patienten im Klinikverbund. Seit 1999 stand die Medizinerin der Abteilung als Chefärztin vor.
Noch sind nicht alle Bücherregale ausgeräumt, auf dem Schreibtisch liegen Unterlagen – das Büro von Dr. med. Lucia Wocko sieht nach Arbeit aus. „Das Ausräumen ist mir schwergefallen, ich werfe nicht gerne etwas weg“, gesteht Lucia Wocko lachend und lässt den Blick in ihrem Arbeitszimmer schweifen. Heute wechselt die Chefärztin der Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin nach über zwanzig Dienstjahren in den wohlverdienten Ruhestand.
Nach ihrem Medizinstudium an der Humboldt-Universität, war sie längere Zeit an der Charité mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie tätig gewesen. Nach wenigen Jahren in der Kinderklinik in Amstetten bei Wien kam sie im Sommer 1999 nach Oranienburg, wo sie sich von da an fast 26 Jahre lang um kranke Kinder und Jugendliche aus Oberhavel und Berlin kümmerte.
„Als Kinderärztin braucht man kein Hobby – man hat den schönsten Beruf der Welt“, so Dr. med. Lucia Wocko. Über die Jahre baute sie die Abteilung auf und spezialisierte sie auf die Behandlung von Lungenerkrankungen (Kinderpulmonologie), die Behandlung von Erkrankungen des Blutes (Kinderhämatologie) und im Besonderen auf die Kinderschlafmedizin. „Das Wissen über und die Behandlung von Schlafstörungen hat mich schon früh fasziniert“, erzählt die Chefärztin. „Als ich in Oranienburg anfing, gab es nur ein ambulantes Schlaflabor in der Region und dieses wurde kurze Zeit später geschlossen, als der niedergelassene Pädiater in Rente ging.“ Dr. med. Lucia Wocko sah hier eine Versorgungslücke, die es zu füllen galt. „Die Schlafmedizin steckte zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen und Schlaflabore waren sehr teuer in der Anschaffung.“ Mit Blick auf die mangelnde Versorgungslage entschied sich die Verwaltungsleitung für den Erwerb eines Schlaflabores – die hohe Zahl an Patienten, die hier seitdem jährlich erfolgreich diagnostiziert und behandelt werden konnten, bestätigte den Entschluss schnell. „Wir können zum Beispiel die Schlafqualität messen, in dem wir eine Vielzahl von Körperfunktionen des Kindes erfassen, während es schläft. Dazu zählen unter anderem das EEG, die Herzfrequenz, die Sauerstoffsättigung im Blut, das Kohlendioxid, die Tiefe der Ein- und Ausatmung und Atempausen. Daraus ziehen wir dann Rückschlüsse, woher die Beschwerden stammen und können in den meisten Fällen eine Empfehlung für die Behandlung geben.“ Anomalien wie Schlafapnoe, schlafbezogene Epilepsien oder Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus der Kinder könnten so effektiv diagnostiziert und anschließend gut behandelt werden. „Wir untersuchen meist die Frühgeborenen im Kinderschlaflabor, die bei uns im Krankenhaus geborenen sind“, erzählt die Chefärztin. Bei bestimmten Risikokindern würde dann bei der Entlassung aus dem Krankenhaus ein Überwachungsgerät für zu Hause verordnet.
Dabei sei im Allgemeinen die gute technische Ausstattung, die eine Abteilung vorhält, natürlich nur ein Aspekt, die Geräte müsse man auch bedienen können. So war es für die Chefärztin stets von Grund auf wichtig, ein gut ausgebildetes, engagiertes Team aus Ärzten, Pflegekräften, Erzieherin und Psychologin um sich zu haben. „Die besten Rahmenbedingungen bringen nichts, wenn wir nicht qualifiziertes Personal haben, um sie mit Leben zu füllen. Ich bin sehr dankbar, dass wir über die Jahre ein stabiles Team aufbauen und halten konnten – wir haben immer so gut zusammengearbeitet!“
Zudem dürfe man nicht vergessen: Für Kinder sei es oftmals sehr beängstigend im Krankenhaus mit all den Apparaten und weißen Kitteln. Dazu seien die Eltern sehr angespannt und voller Sorge um ihr Kind. „Für uns ist nicht nur die Genesung des Kindes wichtig. Genauso müssen wir die Sorgen wahrnehmen, über die Ängste sprechen, Behandlungen erklären und die Heilung mit Zuwendung und Trost fördern.“ Kommunikation sei das A und O und hätte über die Jahre stark an Bedeutung gewonnen. „Als ich in den 80er Jahren anfing zu studieren, war es nicht üblich, dass die Mütter rund um die Uhr bei ihren Kindern blieben. Die Kinder waren allein im Krankenhaus und die Eltern erhielten nur einmal in der Woche Auskunft, wie es dem Kind geht. Heutzutage nicht mehr vorstellbar!“
Neben der stationären Arbeit war für Lucia Wocko die Vernetzung in der Region stets von großer Bedeutung – sei es durch das Ehrenamtsprojekt Netzwerk Gesunde Kinder Oberhavel, das ihr sehr am Herzen liege und dem sie seit 2008 als Projektleiterin vorsteht; sei es durch die enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kinderärzten in Oberhavel. „Seit fast 20 Jahren treffen wir uns mehrmals im Jahr zu einem Qualitätszirkel. Wir hören interessante Fachvorträge, besprechen die neuesten Entwicklungen im Fachgebiet, erörtern einzelne gemeinsame Fälle und verstehen einander so viel besser!“ Ob Krankenhaus oder Arztpraxis, jede Seite habe ihre eigenen Arbeitsweisen und Prozesse, die es zum Wohl der kleinen Patienten in Einklang zu bringen gelte. „Und das geht nun mal am besten gemeinsam!“
Zum feierlichen Abschluss ihrer Tätigkeit in den Oberhavel Kliniken findet im Mai ein Symposium statt, in dem es die 20 Jahre des Kinderschlaflabors in der Klinik Oranienburg zu feiern gilt. Auch der neue Chefarzt der Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin wird in diesem Rahmen willkommen geheißen. Endgültig wird der Abschied aber auch dann nicht sein. „Ich plane, der Klinik stundenweise noch erhalten zu bleiben und mein Wissen und auch die jahrelange Erfahrung im Kinderschlaflabor einzubringen.“
Nun freue sie sich besonders darauf, endlich auch mehr Zeit für private Dinge zu haben und morgens nicht mehr so früh aufstehen zu müssen.