Aus den Kliniken

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen durch globale Krisen belastet

06.12.2024 - Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist auch Jahre nach der Corona-Pandemie noch deutlich schlechter als vor der Pandemie. Das zeigen die Ergebnisse der sechsten und siebten Befragungsrunde der COPSY-Studie (COrona und PSYche) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Hatte sich das psychische Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen nach der Pandemie zunächst verbessert, setzte sich dieser Trend im Herbst 2024 nicht weiter fort – insgesamt berichten etwa 5 % mehr Kinder und Jugendliche über eine schlechtere psychische Gesundheit als vor der Pandemie.

21 % der jungen Menschen berichten von einer anhaltenden Beeinträchtigung der Lebensqualität, 22 % leiden weiterhin unter psychischen Auffälligkeiten. Vor allem die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, wirtschaftliche Unsicherheiten und der Klimawandel bereiten den Kindern und Jugendlichen Sorgen.

„Unsere COPSY-Studie zeigt eine signifikante Verschlechterung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu Beginn der Pandemie und eine langsame Verbesserung in den Folgejahren. Doch jetzt stellen wir fest, dass diese Zahlen stagnieren und im Vergleich zu präpandemischen Daten immer noch hoch sind. Inzwischen wird das Wohlbefinden nicht mehr durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt. Jetzt beeinflussen Ängste, insbesondere im Zusammenhang mit globalen Konflikten und der Klimakrise, die Lebensqualität und das Wohlbefinden. Wir konnten feststellen, dass Risikofaktoren wie sozioökonomische Benachteiligung die Wahrscheinlichkeit für psychische Probleme erhöhen, während Kinder und Jugendliche, die optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft schauen und sich von ihrem sozialen Umfeld gut unterstützt fühlen, besser geschützt sind“, fasst Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer, Leiterin der COPSY-Studie und Direktorin der Forschungssektion Child Public Health der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE die aktuellen Studienergebnisse zusammen.

Lebensqualität und psychische Gesundheit im Verlauf

Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen verschlechterte sich zu Beginn der Pandemie im Vergleich zu den präpandemischen Daten (der BELLA-Studie im Zeitraum von 2014 bis 2017) deutlich. Insbesondere im Winter 2020/21, während des zweiten bundesweiten Lockdowns, berichtete fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (48 %) über eine geminderte Lebensqualität. In den Jahren 2022 und 2023 verbesserte sich die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen dann wieder. Dieser Trend setzte sich jedoch im Herbst 2024 (siebte Befragungsrunde) nicht fort. 21 % der jungen Menschen gaben weiterhin eine geminderte Lebensqualität an. Damit liegt die Prävalenz immer noch etwa 5 % über den Werten vor der Corona-Pandemie.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den psychischen Auffälligkeiten. Sie haben im Pandemieverlauf zunächst deutlich auf 30 % zugenommen und gingen dann in den Jahren 2022/2023 wieder zurück. Heute leiden immer noch 22 % der Kinder und Jugendlichen unter psychischen Auffälligkeiten, das sind ebenfalls etwa 5 % mehr als vor der Pandemie.

„Neben der Lebensqualität und allgemeinen psychischen Auffälligkeiten haben wir auch spezifische psychische Belastungen wie Angstsymptome und depressive Symptome untersucht und dabei einen sehr ähnlichen Verlauf festgestellt. Ein weiteres zentrales Thema ist die Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen: 21 % der Befragten gaben an, sich einsam zu fühlen – vor der Pandemie waren es lediglich 14 %“, erklärt Dr. Anne Kaman, stellvertretende Leiterin der Forschungssektion Child Public Health der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE.

Deutliche Zunahme der Besorgnis über globale Themen wie Kriege und Klimawandel

Im Herbst 2023, in der sechsten Befragungsrunde, gab etwa die Hälfte der Kinder und Jugendlichen an, sich in unterschiedlichem Maße Sorgen über verschiedene Krisen zu machen, insbesondere über globale Konflikte wie Kriege, Terrorismus, die Wirtschafts- und die Klimakrise. Ein Jahr später ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die sich diesbezüglich Sorgen machen, signifikant gestiegen. 72 % der Befragten gaben an, sich wegen der aktuellen Kriege und Terrorismus zu sorgen, 62 % wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit und 57 % wegen der Klimakrise. Diese krisenbezogenen Ängste stehen im engen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für psychische Belastungen.
Im Gegensatz zu diesen neuen globalen Sorgen sind die Bedenken über die COVID-19-Pandemie in diesem Zeitraum deutlich zurückgegangen. Im Herbst 2024 gaben nur noch 15 % der Befragten an, sich deshalb zu sorgen.

Intaktes soziales Umfeld schützt vor psychischen Beeinträchtigungen

Kinder mit starken sozialen und familiären Ressourcen haben eine bessere psychische Gesundheit und sind weniger von Ängsten und depressiven Symptomen betroffen. Dagegen sind Kinder, die aus Familien mit geringem Bildungsniveau stammen, die in beengten Wohnverhältnissen aufwachsen und deren Eltern psychisch belastet sind, im Hinblick auf ihre psychische Gesundheit besonders gefährdet.

Einfluss sozialer Medien

Die COPSY-Studie zeigt auch, dass ein Drittel (32 %) der Kinder und Jugendlichen in sozialen Medien regelmäßig mit belastenden Inhalten wie ungefilterte Nachrichten über Krisen konfrontiert wird. Ein Fünftel fühlt sich durch Ausgrenzung und Abwertung in sozialen Medien zusätzlich belastet. Die Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche in den sozialen Medien machen, können ebenfalls dazu beitragen, dass sie sich psychisch belastet fühlen.

Über die Studie

In der COPSY-Studie untersuchen die UKE-Forschenden die Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie und globaler Krisen auf die seelische Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Insgesamt haben 2.865 Familien mit Kindern und Jugendlichen im Alter von 7 bis 22 Jahren an mindestens einer Befragungswelle der COPSY-Studie von Mai 2020 bis Oktober 2024 teilgenommen. Die 11- bis 22-Jährigen füllten ihre Online-Fragebögen selbst aus. Für die 7- bis 10-Jährigen antworteten die Eltern. Die Mehrheit der Eltern hatte einen mittleren Bildungsabschluss. Etwa ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen hatte einen Migrationshintergrund und ein Fünftel der Eltern war alleinerziehend.

Kontakt

UKE Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Martinistr. 52
20251 Hamburg

+49 40 7410-54768
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