Auszeichnungen

Soft Robotics – künstliche Muskeln, die sich selbst heilen

20.05.2020 -

Prof. Christoph Keplinger bringt eine neue Robotergeneration nach Deutschland.

Christoph Keplinger wurde für eine Alexander von Humboldt-Professur ausgewählt. Mit 36 Jahren ist er einer der jüngsten Preisträger des höchstdotierten internationalen Forschungspreises Deutschlands. Keplinger besetzt damit die erste Professur am Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Digitale Gesundheit (EKFZ) der Technischen Universität Dresden.

Der international renommierte Physiker und Materialwissenschaftler wird die fächerübergreifende Forschung in Dresden im Fachgebiet Soft Robotics mit seinem Know-how verstärken und erweitern. Mit Blick auf eine langfristige berufliche Perspektive in Deutschland finden derzeit Verhandlungen für eine gemeinsame Berufung mit der Max-Planck-Gesellschaft statt.

Entwicklung künstlicher Muskelsysteme

Mit seinem Team an der University of Colorado in Boulder erarbeitete sich Christoph Keplinger in den vergangenen Jahren unter anderem mit der Entwicklung künstlicher Muskelsysteme international einen renommierten Namen. Er entwickelt funktionelle Polymere mit ungewöhnlichen Eigenschaftskombinationen wie elektrische Leitfähigkeit, gepaart mit Dehnbarkeit, Transparenz und der Fähigkeit zur Selbstheilung. Für diese Forschung bietet die Technische Universität Dresden mit ihrer Infrastruktur und ihrem Forschungsprofil ausgezeichnete Bedingungen.

„Dresden als Standort bietet mit der TU Dresden und ihrer exzellenten Hochschulmedizin ein attraktives Umfeld für anwendungsbezogene Forschung“, so die Einschätzung von Christoph Keplinger. „Es freut mich sehr, dass mir mit der Alexander von Humboldt-Professur die Möglichkeit gegeben wird, in Dresden eine interdisziplinäre Forschergruppe für Soft Robotics mit Schwerpunkt in der Medizin aufzubauen.“

Keplinger verfolgt das Ziel, Robotik neu zu denken in Aussehen, Arbeitsweise und Anwendung. Sein Roboter-Design erinnert dabei weniger an Stahlarme und Skelette, er kombiniert stattdessen sein Wissen aus Methoden der Physik und Chemie und verbindet weiche Materie mit fortschrittlichen Technologien, um eine neue Klasse von Robotermaterialien einzuführen. Mit dem Zusammenspiel von speziellen elektrischen Bauelementen zum Antrieb (Aktuatoren) und Sensoren kreiert er Bausteine für intelligente Robotersysteme der Zukunft.

Aktive Prothesen der nächsten Generation

Die Anwendungsbereiche seiner Forschung reichen von medizinischer bis hin zu tragbarer Robotik einschließlich aktiver, leichter Implantate, Prothesen und Exoskelette, die alternden Menschen eine hohe Mobilität zur Vervollständigung ihrer täglichen Routinen ermöglichen. Menschenähnliche Roboter bis hin zu neuen Arten von Mensch-Maschine-Schnittstellen sind von hoher Relevanz für die Medizin der Zukunft. „Prof. Keplinger ist mit seiner Forschung zu aktiven Prothesen der nächsten Generation, Aktuatorsystemen und chirurgischen Roboterwerkzeugen ein hochkarätiger Zuwachs für die Dresdner Hochschulmedizin“, führt der Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Carls Gustav Carus, Prof. Michael Albrecht, an.

Um Christoph Keplinger auch langfristig Grundlagenforschung im Bereich der Robotic Materials/Soft Robotics zu ermöglichen, finden derzeit Gespräche mit der Max-Planck-Gesellschaft statt. Das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart/Tübingen hat seine Forschung darauf spezialisiert, die Prinzipien von Wahrnehmen, Lernen und Handeln in autonomen Systemen zu verstehen, die mit komplexen Umgebungen interagieren. Hier gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte für Keplingers Forschungsvorhaben. „Die Max-Planck-Gesellschaft befindet sich in engem Austausch mit der TU Dresden sowie mit Christoph Keplinger persönlich, um ihm eine langfristige Perspektive in Deutschland zu eröffnen“, erklärt der Vizepräsident der Max-Planck-Gesellschaft, Prof. Ferdi Schüth.

„Durch diese angestrebte enge Kooperation mit einem der europaweit führenden Forschungsinstitute für Robotics entsteht ein noch größerer Mehrwert für die TU Dresden, der die in unserem Exzellenz-Antrag dargestellte Entwicklungsstrategie in hervorragender Weise stärkt“, sagt Prof. Hans Müller-Steinhagen, Rektor der TU Universität Dresden. „Christoph Keplinger bewegt sich mit seiner Arbeit ganz dicht am Zeitgeist der greifbaren digitalen Zukunft.“ Und Prof. Heinz Reichmann, Dekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden, ergänzt: „Unsere Medizinische Fakultät hat das Thema Digitale Medizin bereits im Jahr 2018 als Querschnittsbereich und Entwicklungsschwerpunkt etabliert. Nach gezielten Berufungen sowie der Einwerbung des EKFZ für Digitale Gesundheit sind schon die ersten großen Schritte zur Profilstärkung unternommen worden. Die Forschung von Prof. Keplinger fügt sich darin nahtlos ein und erweitert unser Profil in diesem innovativen Forschungsfeld.“

Künstliche HASEL-Muskeln

Das von Keplinger entwickelte HASEL-Konzept (hydraulisch verstärkte selbstheilende elektrostatische Aktuatoren) wird als die wichtigste Errungenschaft in der Erforschung künstlicher Muskeln der letzten zehn Jahre bezeichnet und gilt als Durchbruch für die Art und Weise, wie heute Roboter und Aktuatorsysteme hergestellt werden können. Diese künstlichen HASEL-Muskeln zeichnen sich durch eine hohe Geschwindigkeit und Leistungsfähigkeit sowie durch die Fähigkeit zur Selbstheilung nach elektrischen Schäden aus. Er schafft damit synthetische Systeme, die den Fähigkeiten, der in der Natur existierenden Organismen erstaunlich nahekommen.

Für seine Forschung wurde Keplinger bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. So hat er prestigeträchtige Auszeichnungen wie das US-amerikanische Packard-Stipendium für Wissenschaft und Technik 2017 und internationale Preise wie den EAPromising European Researcher Award 2013 des Europäischen Wissenschaftsnetzes für künstliche Muskeln erhalten.

„Als dynamisch wachsende Persönlichkeit im Bereich Soft Robotics und intelligenter materialbasierter Aktuatorsysteme hat Prof. Keplinger weltweit herausragende wissenschaftliche und öffentliche Anerkennung erlangt. Mit seiner Expertise ist er ein großer Zugewinn für das EKFZ und die TU Dresden“, bekräftigt Prof. Jochen Hampe, wissenschaftlicher Sprecher des EKFZ für Digitale Gesundheit.

 

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