Auszeichnungen

Tobias Ackels erhält Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis

28.01.2025 - Biologe der Uni Bonn und des UKB hat die zeitliche Dimension des Geruchssinns entdeckt

Säugetiere riechen schneller als sie atmen: Für diese Entdeckung wird der Biologe Prof. Dr. Tobias Ackels von der Universität Bonn und des Universitätsklinikums Bonn (UKB) mit dem mit 60.000 Euro dotierten Paul Ehrlich- und- Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2025 ausgezeichnet. Das gab die Paul Ehrlich-Stiftung heute bekannt. Ackels hat gezeigt, dass Nervenzellen aus einer dynamischen Duftwolke bis zu 40mal pro Sekunde neue Informationen ableiten können – und damit die bisher gültige Annahme widerlegt, dass der Geruchssinn langsam ist. Er hat auch ein neues Tor zum Verständnis der Gehirnfunktion insgesamt aufgestoßen und arbeitet darauf hin, diesen grundlegenden Mechanismus für die Frühdiagnostik dementieller Erkrankungen einzusetzen.

„Ich freue mich sehr, dass meine Arbeit auf diese Weise gewürdigt wird“, sagt Preisträger Professor Tobias Ackels. „Der Preis ist für mich nicht nur eine bedeutende Anerkennung, sondern auch ein großer Vertrauensbeweis, der mir Rückenwind für meine zukünftige Karriere gibt. Diese Auszeichnung motiviert mich, meinen Weg entschlossen fortzusetzen und meine Forschung weiter voranzutreiben, um besser zu verstehen, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen.“

„Tobias Ackels ermöglicht mit seinen Forschungen ganz neue Einsichten in die Funktionsweisen des Geruchssinns“, sagt Prof. Bernd Weber, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn und kommissarischer Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Bonn. „Wir freuen uns sehr, dass wir ihn für die Universität Bonn gewinnen konnten.“ Tobias Ackels kam erst zum Wintersemester 2023/24 vom Francis Crick Institute in London nach Bonn.

Blitzschnell zwischen Geruchsquellen unterscheiden

Für nachtaktive Tiere ist ihr Geruchssinn das wichtigste Instrument, um sich schnüffelnd im Raum zu orientieren, wenn es dunkel ist. Das ist schwierig, denn jeder Geruch setzt sich aus vielen verschiedenen Molekülen und jede natürliche Duftwolke wiederum aus vielen wechselnden Gerüchen zusammen. Als kleinste Informationseinheit der Geruchsverarbeitung galt bisher ein „Schnupper-Atemzug“. Tobias Ackels, der Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich „Life and Health“ der Universität Bonn ist, hat bewiesen, dass das nicht stimmt: Auch zwischen jedem einzelnen Schnüffeln nehmen Säugetiere Informationen auf, die ihr Verhalten steuern können.

Gerüche werden bei Mäusen wie bei Menschen von Riechzellen in der Nasenschleimhaut registriert. Jede dieser Nervenzellen trägt nur einen Typ von Geruchsrezeptoren. Mäuse haben mehr als 1000 solcher Typen, Menschen etwa 350. Jeweils einige Tausend Riechzellen tragen den gleichen Rezeptor. Bindet ein Geruchsstoff daran, löst er eine – relativ langsame – Signalkaskade im Inneren der Zelle aus: Die Informationen laufen mit geringem zeitlichen Versatz im Riechkolben des Gehirns zusammen. Diese zeitversetzte Konvergenz erhöht den Informationsgehalt der Signale aus den Riechzellen und macht den Riechkolben dadurch empfänglich für schnell wechselnde Stimuli, die sonst verlorengingen. Tobias Ackels bestätigte diese Hypothese zunächst in einem Computermodell und dann in fluoreszenzmikroskopischen Messungen der Nervenzellaktivität von Mäusen, die solchen Stimuli ausgesetzt waren.

Anschließend präsentierte Ackels einer Schar durstiger Mäuse synchron oder asynchron korrelierte Mischungen zweier Duftstoffe, die über einen hohen Frequenzbereich fluktuierten. So simulierte er die Situation in einer natürlichen Umgebung. Synchrone Gerüche entstammen demselben Ort, asynchrone kommen von unterschiedlichen Orten. Die Hälfte der Mäuse wurde mit Wasser belohnt, wenn sie einen synchronen, die andere Hälfte, wenn sie einen asynchronen Stimulus erkannte. Beide Gruppen lernten die Unterscheidung und meisterten sie bis zu einer Fluktuationsfrequenz von 40 Hertz – und zeigten damit, dass sie schneller riechen als atmen: Bei Fluktuationen von bis zu 40mal pro Sekunde können sie räumliche Informationen aus Düften ableiten. „Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass Säugetiere diese Fähigkeit, blitzschnell zwischen Quellen verschiedener Geruchssignale zu unterscheiden, nutzen können, um sich im Raum zu orientieren“, erklärt Ackels, der am Institut für Experimentelle Epileptologie und Kognitionswissenschaften des UKB
forscht. Auch für uns Menschen ist das wichtig: Einen Waldbrand zum Beispiel riechen wir, bevor wir ihn sehen.

Früherkennung für Demenz?

Wie Informationen aus dem Riechkolben extrahiert und in höhere Regionen des Riechhirns weitergeleitet werden und welche Rolle sogenannte Schaltneurone dabei spielen, das erforscht Tobias Ackels derzeit im Rahmen seines ERC Starting Grants. „Es gibt Hinweise, dass Riechdefizite zur Früherkennung für Demenz genutzt werden könnten“, sagt Ackels. „Denn eine Verschlechterung des Geruchssinss geht oftmals den strukturellen Veränderungen, der Gedächtnisschwäche sowie den klinischen Symptomen einer Demenz voraus.“ Diese Hypothese stellt  eine mögliche Translation seiner Grundlagenforschung dar, über die Tobias Ackels mit den Klinikern am Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn in engem Austausch steht.

Über den Preisträger
Prof. Dr. rer. nat. Tobias Ackels studierte von 2005 bis 2011 Biologie an der RWTH Aachen. 2015 wurde er dort mit einer Arbeit über die Signalverarbeitung im olfaktorischen System von Säugetieren promoviert. Als Postdoktorand gehörte er von 2015 bis 2023 der Gruppe von Prof. Andreas Schäfer am Francis Crick Institute in London an. Im August 2023 kehrte er nach Deutschland zurück und übernahm eine W2-Professur an der Universität Bonn. Am Institut für Experimentelle Epileptologie und Kognitionsforschung des UKB leitet er die Gruppe “Sensory Dynamics and Behaviour”. Im selben Jahr wurde ihm ein ERC Starting Grant zugesprochen.

 

 

 

 

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