Vorhofflimmern: Behandlungserfolg bei früher rhythmuserhaltender Therapie
30.08.2022 - Eine Analyse der EAST – AFNET 4 Studiendaten zeigt den wichtigsten Faktor für die Wirksamkeit einer frühen rhythmuserhaltenden Behandlung: Entscheidend war ein Herzschlag im Sinusrhythmus nach zwölf Monaten Studienteilnahme.
Dieser erklärt den Behandlungserfolg zu 81 Prozent. Andere Faktoren wie der Blutdruck oder wiederkehrendes Vorhofflimmern spielen eine untergeordnete Rolle. Prof. Lars Eckardt, Universitätsklinikum Münster, präsentierte die Ergebnisse am 29.08.2022 beim Jahreskongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Barcelona, Spanien.
Die EAST – AFNET 4 Studie (Early Treatment of Atrial Fibrillation for Stroke Prevention) hat untersucht, ob eine rhythmuserhaltende Therapie mittels Antiarrhythmika oder Katheterablation, wenn sie im ersten Jahr nach der Diagnose Vorhofflimmern begonnen wird, die Prognose von Betroffenen mit kardiovaskulären Risikofaktoren verbessert. Das Hauptergebnis der Studie, das 2020 publiziert wurde, zeigte einen Nutzen des frühen Rhythmuserhalts. Eine frühzeitige rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten und/oder Ablation führte im Vergleich zur üblichen Behandlung zu weniger Todesfällen, Schlaganfällen und Krankenhausaufenthalten wegen Verschlechterung einer Herzschwäche oder akutem Koronarsyndrom. In der Studie wurden 2789 Patienten mit kürzlich diagnostiziertem Vorhofflimmern (innerhalb eines Jahres nach Diagnose) und kardiovaskulären Risikofaktoren in den beiden Studiengruppen „früher Rhythmuserhalt (early rhythm control (ERC))“ und „übliche Behandlung (usual care (UC))“ über einen Zeitraum von fünf Jahren behandelt und beobachtet.
Prof. Eckardt erklärt: „Wie die EAST – AFNET 4 Studie gezeigt hat, reduziert eine systematische frühe rhythmuserhaltende Behandlung kardiovaskuläre Folgekrankheiten um 21 Prozent gegenüber der üblichen Behandlung. Aber bis jetzt war unklar, welche Komponenten der Behandlung zu diesem Effekt beitragen. Um dies herauszufinden, haben wir in den EAST – AFNET 4 Studiendaten nach Faktoren gesucht, die die Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen vermitteln.“
Alle Teilnehmer der EAST – AFNET 4 Studie wurden nach zwölf Monaten im Rahmen einer Studienvisite untersucht. 90 Prozent der Studienpatienten (1257/1395 der ERC-Gruppe und 1260/1394 der UC-Gruppe) hatten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Studienendpunkt erreicht. Die Daten dieser Patienten wurden im Hinblick auf den weiteren Studienverlauf ausgewertet.
Die Auswertung aller in dieser Visite erhobenen Parameter identifizierte 14 potentielle Einflussfaktoren, die im Folgenden genauer unter die Lupe genommen wurden. Sinusrhythmus nach zwölf Monaten erklärte 81 Prozent des Behandlungserfolgs der frühen rhythmuserhaltenden Therapie gegenüber der üblichen Behandlung während der restlichen Follow-up-Zeit (4,1 Jahre). Bei Patienten, die nach zwölf Monaten nicht im Sinusrhythmus waren, sondern Vorhofflimmern hatten, verhinderte die frühe rhythmuserhaltende Behandlung keine weiteren kardiovaskulären Komplikationen.
Wurden Vorhofflimmerrezidive in den ersten zwölf Monaten der Beobachtungszeit in die Auswertung einbezogen, so ließen sich dadurch nur 31 Prozent des Behandlungserfolgs erklären, durch den Einfluss des systolischen Blutdrucks nur 10 Prozent.
In der EAST – AFNET 4 Studie erhielten 24 Prozent (340/1395) der Patienten eine Vorhofflimmerablation. Wie die Datenanalyse zeigte, gab es hinsichtlich der Endpunkte keinen signifikanten Unterschied zwischen den Patienten, die abladiert wurden, und denjenigen, die nicht abladiert wurden.
Prof. Eckardt fasst die Ergebnisse zusammen: „Erfolgreiche rhythmuserhaltende Behandlung mit dokumentiertem Sinusrhythmus nach 12 Monaten Studienteilnahme vermittelt über 80 Prozent des Studienergebnisses der EAST – AFNET 4 Studie. Unsere Analysen unterstreichen die Bedeutung der frühen rhythmuserhaltende Therapie. Auf der Basis dieser Ergebnisse sollten Ärzte bei Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern und kardiovaskulären Begleiterkrankungen darauf abzielen, den Sinusrhythmus frühzeitig und nachhaltig wiederherzustellen. Weitere Studien können helfen, die Rolle der Ablation gegenüber der medikamentösen antiarrhythmischen Therapie zu klären.“
Seit der Veröffentlichung des Hauptstudienergebnisses im Jahr 2020, wurden verschiedene Subgruppenanalysen der EAST – AFNET 4 Studiendaten durchgeführt. Eine davon zeigte, dass der in der EAST – AFNET 4 Studienpopulation erzielte klinische Nutzen der frühen systematischen rhythmuserhaltenden Therapie unabhängig war von unterschiedlichen Behandlungsmustern bei den antiarrhythmischen Medikamenten und der Ablation, die innerhalb der Leitlinien-Empfehlungen angewandt wurden. Andere Subgruppenanalysen belegten den Nutzen des frühen Rhythmuserhalts für Menschen mit Vorhofflimmern und Herzschwäche, für Menschen mit asymptomatischem Vorhofflimmern, für unterschiedliche Formen des Vorhofflimmerns und für Menschen mit mehreren Begleiterkrankungen.