Was Mikroben über nicht-alkoholische Fettlebererkrankungen verraten
22.01.2025 - Robuste Mikrobiom-Signaturen ermöglichen präzisere Diagnosen und eröffnen neue Therapieansätze für die Behandlung von NAFLD.
Forschern gelang es in einer Studie mit medizinischen Daten von mehr als 1.200 Personen, spezifische Mikrobiom-Signaturen zu identifizieren, die eine präzise Vorhersage der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (Non-Alcoholic Fatty Liver Disease – NAFLD) ermöglichen. Die Probanden litten an verschiedenen Stoffwechselkrankheiten wie NAFLD, Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Atherosklerose, wobei alle als typische Begleiterkrankungen einer NAFLD gelten.
Bei den gefundenen Signaturen handelt es sich um spezifische Arten des Darmmikrobioms und um bakterielle Stoffwechselprodukte, die helfen können, NAFLD-Patienten von Nicht-NAFLD-Patienten zu unterscheiden. Sie erlauben die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen und sind daher besonders geeignet für eine gezielte Diagnostik. Unterstützt durch maschinelle Lernmodelle erzielten die Forschenden mit den erhobenen Datensätzen eine Diagnosegenauigkeit von über 90 %.
Die NAFLD betrifft bis zu 40 % der Bevölkerung in westlichen Ländern und ist eine der häufigsten Stoffwechselkrankheiten weltweit. Sie zeichnet sich durch eine übermäßige Einlagerung von Fett in den Leberzellen aus, die zu einem etwa 10 % erhöhten Lebergewicht bei eingeschränkter Leberfunktion führen kann.
Trotz intensiver Forschung sind die genauen Mechanismen der Krankheitsentstehung und ihres Verlaufs (Pathophysiologie) bislang nicht vollständig geklärt. Das Darmmikrobiom scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen, denn es beeinflusst die Darm-Leber-Achse und könnte so maßgeblich an der Entstehung von NAFLD beteiligt sein. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) ist der Frage nachgegangen, ob die Zusammensetzung des Mikrobioms aus vielen unterschiedlichen Mikroorganismen-Arten ein Indikator für NAFLD sein könnte. Die Studie hat genau dies bestätigt: Eine spezifische Zusammensetzung des Darmmikrobioms, gewissermaßen der Fingerabdruck oder eben seine Signatur, könnte künftig als Werkzeug für präzisere Diagnosen und neue Therapieformen beispielsweise für die nicht-alkoholische Fettleber genutzt werden.
Innovative Analysemethoden für die Diagnose von NAFLD
„Das Auftreten von NAFLD in Kombination mit anderen Stoffwechselkrankheiten wie Typ-2-Diabetes ist eine besondere Herausforderung, da die Unterscheidung spezifischer Mikrobiom-Signaturen erschwert wird“, erklärt Studienleiter Gianni Panagiotou. „Wir konnten Signaturen identifizieren, die eindeutig auf NAFLD zurückzuführen sind und deren differenzierte Diagnose ermöglichen könnten.“
Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms wird grundsätzlich durch verschiedene Faktoren wie Übergewicht, Alter, Ernährung, Geschlecht oder durch Medikamenteneinnahme beeinflusst.
Einblicke in die Mechanismen der Krankheit
In der Studie wurden moderne ökologische Netzwerkanalysen eingesetzt, um zu entschlüsseln, wie verschiedene Mikroorganismen in ihrer natürlichen Umgebung, dem menschlichen Darm, miteinander interagieren. Diese Analysen basieren auf interdisziplinären, datenbasierten und computergestützten Methoden, um die Beziehungen zwischen den Arten und ihrer Umgebung besser zu verstehen. Die Forschenden konnten zeigen, dass bestimmte Mikrobiom-Netzwerke direkt mit der Entwicklung von NAFLD verknüpft sind. Diese Ansätze liefern nicht nur präzise diagnostische Einblicke, sondern auch ein tieferes Verständnis der Krankheitsmechanismen.
Perspektive: personalisierte Medizin
Basierend auf den Mikrobiom-Signaturen könnten therapeutische Ansätze vorgeschlagen werden. So ist vorstellbar, mit gezielt im Labor hergestellten mikrobiellen Konsortien, also ausgewählten Gruppen von Mikroorganismen, die Darmgesundheit positiv zu beeinflussen.
„Unsere Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für die personalisierte Therapie, die zielgenau auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist“, betont Gianni Panagiotou. Er hat die Exzellenzprofessur Microbiome Dynamics an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne und leitet die gleichnamige Abteilung am Leibniz-HKI. Mit seinen Arbeiten widmet er sich einem zentralen Anliegen des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“, dem Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Mikrobiomen und ihrer Umwelt.
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Bedeutung des Darmmikrobioms für die Entwicklung neuer Methoden in der personalisierten Medizin. Die Kombination aus genetischen, klinischen und ökologischen Daten eröffnet neue Möglichkeiten, um Stoffwechselkrankheiten wie NAFLD besser zu verstehen und effektiver zu behandeln.
Text: Maria Schulz
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