Gesundheitspolitik

5. Lübecker Symposium über Investitionsstau, IT-Optimierung und PPP-Projekte

26.02.2011 -

5. Lübecker Symposium über Investitionsstau, IT-Optimierung und PPP-Projekte. Die Patienten werden immer äl­ter, ihre Behandlung und Pflege aufgrund ihrer Multimorbidität aufwändiger – aber auch das Durchschnittsalter der Ärzte und des Pflegepersonals steigt stän­dig. In dieser Situation fehlen den Krankenhäusern oft die Mit­tel für Erneuerungs­ und Modernisierungsinvestitionen. Referen­ten des 5. Lübecker Symposium Anfang September stellten in Berlin Wege vor, diese Herausfor­derungen anzunehmen und zu­mindest die Belastungen zu begrenzen.

So lässt sich der Investitionsstau in den deutschen Kliniken von rund 50 Mrd. € nicht ohne Investitionsförderungen vor allem durch die Bundesländer auflösen. Seine Auswirkungen können jedoch durch den gezielten Einsatz der noch vorhandenen Mittel in räumliche Verdichtung im Krankenhausbau (Sach- und Betriebsmittelkostenoptimierung durch kurze Wege), durch Optimierung der IT-Infrastruktur und vor allem durch vermehrte Partnerschaften mit Privatfirmen beim Bau, der Ausstattung und dem Facility Management. Die Finanzierung dieser PPP-Projekte fällt nicht unter die Maastricht-Kriterien, auch Länder mit hoher Verschuldung können so ihre Krankenhäuser modernisieren.

Paul Milligan von Siemens in Großbritannien berichtete von den dort seit 10 Jahren erfolgreich praktizierten PPP-Projekten zur Ausstattung mit medizinischen Geräten (Siemens Managed Medical Equipment Services). Bemerkenswert ist dabei, dass die Kunden die Auswahlmöglichkeit unter Geräten verschiedener Hersteller haben. Auch Frankreich hat das Problem des Investitionsstaus im Krankenhaus-Bereich. Dort wurde mit zentralstaatlicher Finanzabsicherung beschlossen, bis 2012 40 PPP-Projekte zu realisieren. Diese reichen vom Investitionsvolumen 4 Mio. € (bei neuer Geräteausstattung) bis zu 330 Mio. € bei Klinikneubauten.

IT-Optimierung

Das Symposium bot die Möglichkeit, Konzepte kennen zu lernen und durch die Optimierung der IT-Ausstattung Kosten zu sparen. Dass IT durch Standardisierung und Automatisierung Verlagerungen ärztlicher Tätigkeiten auf Assistenzpersonal ermöglichen kann, wurde am Beispiel einer Augenklinik aufgezeigt. Ziel des neuen Geschäftsbereichsleiters der Charité in Berlin ist es, zu beweisen, dass durch Insourcing sämtlicher IT-Dienste nicht nur die zentrale Handlungsfähigkeit wiedergewonnen, sondern auch eine Reduzierung der Gesamtkoste erzielt werden kann. Helmut Greger sieht eine "einheitliche IT-gestützte Prozesssteuerung als Grundbedingung für die Weiterentwicklung klinischer Dienstleitungen“.

In einem über fünf Jahre laufenden Prozess wird jetzt die, vieles verlangsamende, Abhängigkeit von externen Partnern abgebaut (bisher wurden 70 % der IT-Dienste von außen geleistet). Wichtige Voraussetzung dabei ist die Installation homogener Hardware (16.000 PCs unterschiedlichster Hersteller werden ersetzt), Einstellung von eigenem Personal, das durchgängig auch im help-desk-Dienst eingesetzt wird und die Anwendung von open-source-Programmen. Gleichfalls weniger bekannt ist, dass sich durch die Analyse der Energiekosten von IT-Anlagen eine deutliche Kostenreduzierung ermöglichen lässt. Harmut Braitsch von Comparex zeigte das Einsparpotential durch Datenauslagerung, Datenmanagement und vor allem durch Verminderung des Kühlungsaufwands von Rechenzentren auf.

Herausforderungen

Um auf den veränderten Behandlungsaufwand der Zukunft vorbereitet zu sein, ist es jetzt schon wichtig, sich auf die Prävalenz bestimmter Krankheiten bei älteren und hochbetagten Patienten einzustellen. Dr. Lutz Fritsche, stellvertretender Ärztlicher Direktor der Charité Berlin, stellte bis in das Jahr 2030 reichende Prognosen vor, die die deutliche Zunahme chronischer, vor allem psychischer Erkrankungen voraussagen. Es ist bekannt, dass Demenz mit steigendem Alter vermehrt auftritt und im kommenden Jahrzehnt zu einer zentralen Belastung des Gesundheitssystems werden wird - dass aber bei Depressionen und Alkoholkrankheit mit ähnlich hohen Zuwachsraten zu rechnen ist, schon weniger. Auch Diabetes und koronare Herzkrankheiten werden mit dem zunehmenden Alter der Bevölkerung stark zunehmen.

Medikamenteninteraktionen sind zu beachten, Standardisierungen im Behandlungsablauf nur schwer möglich. Hinzu kommen als altersbedingte Komplikationen Dekubitus und Sturzanfälligkeit. Für beides ist durch Präventionsschulungen für Personal und Patienten ein, durch die DRG-Erstattung nicht gedeckter, Mehraufwand zu leisten. Ein Lösungsweg dafür ist der Aufbau geriatrischer Kompetenz sowie die Zusammenarbeit der Krankenhäuser mit teilstationären Einrichtungen und niedergelassenen Ärzten. Wichtig ist, dass die Versorgungskette nicht an Sektorengrenzen abbricht. Die Einrichtung von MVZs und die elektronische Fallakte sind dabei sehr hilfreich. Beides hat jedoch mit Widerständen der Kassenärztlichen Vereinigungen zu kämpfen. Ein integriertes Versorgungsangebot dürfe nach Fritsche jedoch daran nicht scheitern.

Mangelernährung im Alter

Ebenfalls wenig bekannt ist, dass Mangel- und Unterernährung von 27 % der stationär behandelten Patienten große Probleme und hohe Kosten verursacht. Mit zunehmendem Alter steigt die Anzahl entsprechend betroffener Patienten an – und sie erhöht sich ohne ernährungstherapeutische Behandlung während des Krankenhausaufenthalts deutlich. Prof. Dr. Christian Löser vom Roten Kreuz Krankenhaus Kassel zeigte auf, wie dadurch die Immunkompetenz sinkt, die Komplikationsrate und damit die Verweildauer steigt.

Dabei ist die Behandlung durch Trink- und Zusatzernährung bzw. inzwischen auch durch abgestimmte Ernährung erfahrener Cateringfirmen wie procuratio leicht zu handhaben. Zudem wird sie von allen Kassen erstattet. Die Komplikationsrate, gar die Mortalität, wird dadurch deutlich gesenkt. Wichtig ist die Erfassung des Ernährungsstatus bei der Aufnahme und die Bildung von Ernährungsteams zur Betreuung der mangelernährten Patienten. Leider sind solche Teams erst bei 5 % der Krankenhäuser in Deutschland vorhanden.

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