Gesundheitsökonomie

Vier Verbände legen Gutachten zum Heilberufegesetz vor

11.10.2010 -

Berufe, die noch vor wenigen Jahren vor allem darauf ausgerichtet waren, einem praktizierenden Arzt zu assistieren, haben sich ausdifferenziert und umfassen heute hochgradig anspruchsvolle Tätigkeiten. Medizinisch-technischen Assistenten (MTA) sind beispielsweise bestimmte Tätigkeiten gesetzlich vorbehalten wie das Prüfung und Bereitstellung von Blutkonserven oder die Durchführung von Röntgenuntersuchungen. Ähnliches gilt für Berufe wie Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA), Orthoptisten oder Diätassistenten.

Der rechtliche Rahmen dieser Berufe ist jedoch den neuen Entwicklungen nicht gefolgt. Der Berufsalltag in den genannten medizinischen Fachberufen ist von zunehmender Arbeitsverdichtung und Verantwortung geprägt. Die Anforderungen an die Kooperation mit anderen Gesundheitsfachberufen sind ebenfalls angestiegen. Diesen Entwicklungen entspricht es nicht, MTA oder PTA weiterhin als „Assistenzberufe" zu verstehen. Im Gegenteil: Die Einbindung in kooperative Arbeitsstrukturen setzt hohe Verantwortung voraus.

Die Berufsverbände der MTA, PTA, Diätassistenten und Orthoptisten haben nunmehr ein gemeinsames Rechtsgutachten vorgelegt, dass sich der Frage widmet, wie das veraltete Berufsrecht reformiert werden muss, um den zukünftigen Herausforderungen eines modernen Gesundheitswesens gewachsen zu sein. Gemeinsam vertreten die vier Verbände 170.000 Berufstätige in Deutschland: Nach den Ärzten und der Pflege sind diese überwiegend medizinisch-technisch ausgerichteten Fachberufe die drittgrößte Gruppierung im deutschen Gesundheitswesen.

Verfasser des Gutachtens ist der Kieler Rechtsprofessor Gerhard Igel, der auch geschäftsführender Vorsitzender des Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik in Europa ist. Er legte bereits 2008 eine viel beachtete Studie zu den rechtlichen Herausforderungen der Pflegeberufe vor.

Das Gutachten „Öffentlich-rechtliche Regulierung nichtärztlicher Gesundheitsfachberufe und ihrer Tätigkeiten auf den Gebieten der Diätetetik, der Medizintechnik der Orthoptik und der Pharmazie" umfasst u.a. folgende wichtigen Forderungen.

Die bisherige Berufsbezeichnung einiger medizinischer Fachberufe als „Assistent" ist nicht mehr zeitgemäß. Sie weist z.B. bei den Medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten auf ein veraltetes Hierarchieverhältnis zwischen Ärzten und ihren „Assistenten" hin und wird den hohen Anforderungen eines Berufs mit vorbehaltenen Tätigkeiten nicht gerecht. Während das europäische Ausland bei MTA bereits seit Jahren auf die „Assistenz"-Begrifflichkeit verzichtet (in Österreich wurde sie schon 1992 abgeschafft), wirkt sich diese Bezeichnung für deutsche MTA im EU-Raum außerhalb Deutschlands nachteilig aus.

Die jeweiligen Berufsverbände haben deshalb bereits neue Berufsbezeichnungen wie etwa „Biomedzinische/r Analytiker/in" für MTA im Laboratorium oder „Diaetologe/in" für Diätassistenten vorgeschlagen. Dieses Thema hat an zusätzlicher Brisanz gewonnen, da andere Berufsgruppen wie die ehemaligen „Arzthelferinnen" seit 2006 mit dem neuen Begriff „Medizinische Fachangestellte" bezeichnet werden. Somit wird sprachlich eine Höherwertigkeit der Qualifikation gegenüber denjenigen Berufen unterstellt, die nach wie vor die „Assistenz"-Bezeichnung in sich tragen.

Bestimmte vorbehaltene Tätigkeiten mit hohem Anforderungsprofil, deren Ausübung ausschließlich einer einzelnen Berufsgruppe vorbehalten ist, sollten gestärkt werden. In diesem Zusammenhang sind Ausnahmeregelungen wie § 10 Nr. 6 MTA-Gesetz zu hinterfragen, die es unter Aufsicht eines Arztes auch Angehörigen anderer Berufsgruppen erlaubt, Tätigkeiten auszuüben, die an sich die Qualifikation von Medizinisch-technischen Assistenten voraussetzen.

Bereits jetzt haben Medizinisch-technische Assistenten die Möglichkeit, die ihnen vorbe¬haltenen Tätigkeiten selbstständig anzubieten. Konsequenterweise müssten nun auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit MTA diese Leistungen z. B. gegenüber Krankenhäusern anbieten und abrechnen können. Für Pharmazeutisch-technische Assis-tentinnen und Assistenten wäre eine Änderung entsprechender gesetzlicher Rahmen¬bedingun-gen (PharmTAG) sinnvoll, die es der Berufsgruppe ermöglicht, selbstständig auf Anordnung eines Apothekers zu arbeiten anstatt - wie bisher - „unter der Aufsicht".

Darüber hinaus spielen gesetzliche Anerkennungsfragen eine wichtige Rolle zur Ausübung der erwähnten Medizinfachberufe: So steht für Diätassistentinnen und -assistenten die Anerkennung der Diättherapie als Heilmittel im Mittelpunkt dieser Fragen. Bei Orthoptistinnen wiederum spielt die Frage der selbstständigen Berufsausübung - beispielsweise im Rahmen einer Anerkennung als Heilpraktiker - eine wichtige Rolle.

Neben der Neuordnung des derzeit schwer zu durchschauenden rechtlichen „Dschungels" bei den medizinischen Berufsgesetzen, können im Zuge einer Gesetzesreform auch gesundheitspolitisch wünschenswerte Ziele umgesetzt werden. Profitieren würden von einem modernen Berufsrecht im Umfeld der Medizintechnik nicht nur die 170.000 Berufstätigen, sondern vor allem ein modernes, zukunftsfähiges Gesundheitswesen - und somit der Patient.

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