Laborautomation erfordert neue Kompetenzen für MTLA
12.04.2011 -
Die zunehmende Laborautomation ist ein Zeichen für den Wandel der Laborlandschaft deutscher Krankenhäuser ist im Umbruch, viele kleinere dezentrale Laboratorien verschwinden. Ein kurzer historische Exkurs mit dem Vergleich der heutigen Situation macht dies deutlich:
„Das bakteriologisch-serologische Laboratorium umfasst zwei Arbeitsräume mit vier Arbeitsplätzen, einen Brutschrankraum, einen Chemikalienraum, ein Zimmer für den Abteilungsvorstand, ein gesondertes Zimmer für Wassermann'sche Untersuchungen und einen geräumigen Küchen- und Sterilisierraum" , schreibt Privat-Dozent Dr. Lutz 1928 in seiner Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Katharinenhospitals in Stuttgart. Für den Betrieb stand ihm damals nur eine technische Assistentin zur Verfügung, was er gemessen an der Größe des zu verarbeitenden Personals für zu wenig hielt.
Heute befindet sich die Laborlandschaft deutscher Krankenhäuser im Umbruch. Durch den Zusammenschluss kleiner und mittlerer Krankenhäuser verschwinden auch die kleineren, dezentralen Laboratorien. Der Markt hat sich zudem globalisiert. Ausländische Investoren steigen bei deutschen Laborketten ein. Effizienzsteigerung ist das Ziel. So entstehen Großlaboratorien, die die Versorgung teils ganzer Klinikverbünde zentral übernehmen. Die so steigende Zahl eingehender Proben muss im Idealfall bei gleichbleibender Personalstärke bewältigt werden. Im ungünstigen Fall geht mit der Zentralisierung auch ein Personalabbau einher. Handarbeit, wie 1928 die Regel, wird teuer.
Die Lösung zur Bewältigung der Anforderungen heißt Automation. Der Begriff Laborautomation bezeichnet Systeme, die präanalytische Schritte (Probe scannen, zentrifugieren, öffnen etc.) automatisiert durchführen und die Probe nach deren Bearbeitung archivieren.
Das Berufsbild der MTA verändert sich
Primäres Ziel der Automation ist ein hoher Probendurchsatz mit weniger Personal und eine beschleunigte Turn-Around-Time (TAT). Gemessen an japanischen Standards steckt die Laborautomation im Bereich Klinische Chemie und Immunchemie in Europa noch in den Kinderschuhen. Eine großflächige Verbreitung an Laborautomationslösungen ist zunehmend auch an Kleinsystemen in Form konsolidierter Analyseplattformen zu erwarten. Haben sich derartige Standards in der Geräteentwicklung und damit auch beim Anwender etabliert, wird die Automation auch unabhängig vom Kostendruck nicht mehr aus dem Klinischen Labor wegzudenken sein.
Der augenscheinlichste Nutzen, der mit der Installation einer Laborautomation erzielt werden kann, ist natürlich der Wegfall der manuellen Arbeitsschritte wie Probe scannen, zentrifugieren, Probe ans Gerät tragen, Probe archivieren. Um dieses Potential einer Automation optimal zu heben, müssen alte Zöpfe abgeschnitten und althergebrachte Arbeitsweisen überdacht und geändert werden. Bereits während der Planung der Installation ist die medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin (MTLA) gefordert, Prozesse zu definieren, Ablaufdiagramme zu erstellen und zu optimieren. Sie benötigt damit eine höhere Prozesskompetenz, als es die Ausbildung und der Beruf bisher vermitteln und erfordern.
Da Automationslösungen in aller Regel mit einer präanalytischen Vorstufe zur Detektion von z. B. lipämischem oder hämolytischem Material ausgestattet sind, kann zur Gerätebestückung relativ gefahrlos weniger qualifiziertes Personal eingesetzt werden.
Die Detektionsreife der Geräte ist bereits so weit entwickelt, dass z.B. die Röhrchenfarbe mit der Materialkennung korreliert werden kann (Stichwort: Plasma im Urinröhrchen). Die Tätigkeit der MTLA verschiebt sich dabei in Richtung Geräteüberwachung, Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle sowie technische Validation. Gerade wenn die Probenannahme und Gerätebestückung delegiert wird, ist für die Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle eine Automationslösung ohne MTLA nicht zu betreiben.
Die IT und das Ausfallkonzept
Ein bedeutender, jedoch sehr gerne vernachlässigter Aspekt ist die entstehende Abhängigkeit von der Gerätetechnik bei der Einführung einer Laborautomation. Die gängigen Systeme verfügen über Steuerungsrechner oder zentrale Netzwerkkomponenten, von denen die Funktion der gesamten Anlage abhängt. Fallen diese Komponenten aus, steht der gesamte Betrieb. Die Wiederherstellung oder die Erstellung eines Ausfallkonzepts der hauseigenen IT-Abteilung oder dem betreuenden Systemhaus zu überlassen, greift zu kurz. Die Reaktionszeiten sind für den Laborbetrieb erfahrungsgemäß zu lang. Der Anwender, also die MTLA, ist hier selbst in der Verantwortung. Ist es eine MTLA bisher nicht gewohnt, sich mit Dingen wie IP-Adressen, Patchkabeln oder Netzwerkswitchen zu beschäftigen, muss sie sich diese Kompetenz in Verbindung mit einer Laborautomation erwerben. Die MTLA muss in der Lage sein, die zentralen Komponenten der Automation gegen die für den Bedarfsfall bereitstehenden Ersatzgeräte auszutauschen, ggf. sogar die Schnittstelle zum Laborinformationssystem wiederherzustellen oder anzupassen. Darauf bereitet der EDV-Unterricht der derzeitigen MTLA-Ausbildung nicht vor.
Auch die Maschinensteuerung an sich ist so ein Thema. Eine Laborautomation greift so zentral in Arbeitsabläufe und Prozesse des Labors ein, dass die MTLA in der Lage sein sollte, die Sortierkriterien, die Abarbeitungsreihenfolge, also die Stammdaten der Maschinensteuerung, selbst zu ändern.
Fazit
Die Anzahl an Arbeitsplätzen für MTLA kann durch die Laborautomation abnehmen, die Anforderung an die Kompetenzen und Qualifikation der MTLA dabei jedoch zunehmen. Weiterhin entsteht durch den Einsatz einer Automationslösung zwangsläufig mehr personelle Kapazität für die oft sehr anspruchsvolle Analytik der Handarbeitsplätze. Gerade die Analytik der manuellen Arbeitsplätze kann jedoch erheblich zur Umsatzsteigerung und damit zur Wertschöpfung eines medizinischen Laboratoriums beitragen.