Legionellen-Bekämpfung im Krankenhaus
03.06.2011 -
Legionellen-Bekämpfung im Krankenhaus. Seit dem ersten bekannt gewordenen Auftreten von legionellenbedingten Pneumonien (Legionellose) in Philadelphia/USA im Jahr 1976 sind weltweit bis heute eine Vielzahl epidemischer oder sporadischer Infektionen durch Legionellen registriert worden. Die Kenntnis der Legionellenproblematik zählt heute zum allgemeinen Fachwissen der Krankenhausbetreiber. Ohne Vorhersagemöglichkeit können in manchen Fällen sehr niedrige Legionellenkonzentrationen zum Auslösen einer Infektion ausreichen, während in anderen Fällen hohe Keimzahlen ohne Infektion vertragen werden. In diesem Beitrag werden daher die weniger bekannten Möglichkeiten der Kontamination und deren ökologischer Relevanz beleuchtet.
Weniger bekannt z. B. ist, dass im Krankenhaus wegen der häufig gegebenen individuellen Einschränkung der körpereigenen Abwehr der Patienten schon der reine Kontakt (Ingestion, Inhalation, Aspiration, Haut- und Schleimhautkontakt) mit kontaminiertem Trinkwasser zur Infektionsauslösung reichen kann. Weniger bekannt ist ebenfalls, dass es einen engen ökologischen Zusammenhang zwischen der gleichzeitigen Existenz von Amöben und Legionellen im Trinkwasser gibt, dessen Auswirkung als Dosis-Wirkungs-Paradoxon bezeichnet wird: So weiß man, dass es zur Aktivierung von Virulenz-Genen der Legionellen durch eine Amöbenpassage kommen kann. Neben der individuellen Empfänglichkeit der Patienten spielt hier die große Variabilität der Virulenzen von Legionellen eine wichtige Rolle. Das Robert-Koch-Institut meldete für das Jahr 2006, dass etwa 15 % der in Deutschland gemeldeten Legionellose mit dem Krankenhausaufenthalt im kausalen Zusammenhang stehen.
Die Legionellose zählt insgesamt zu den nicht sehr häufig auftretenden Infektionserkrankungen. Schätzungen gehen von 3750–5000 Fällen nosokomialer Legionellenfälle pro Jahr in Deutschland aus. Unstrittig ist dabei, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt. Legionellose ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar, der direkte oder indirekte Nachweis des Erregers aus klinischem Material ist nach § 7 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz jedoch meldepflichtig.
Legionelleninfektionen treten primär bei Personen mit Risikofaktoren auf wie Alter, Geschlecht, permanente oder temporäre Immundefizite, bestimmte Formen der medikamentösen Behandlung und Autoimmunerkrankungen. weswegen Krankenhäuser zu den Orten zählen, an denen die Legionellenproblematik eine besondere Rolle spielt. Das Medieninteresse ist im Falle von bekannt werdenden wirklichen oder vermeintlichen Missständen immer sehr groß, wie man zuletzt bei einer großen Klinik in Nordosthessen im Jahr 2007 sehen konnte.
Erkennung des Problems
Die Untersuchung von Legionellen in Warmwassersystemen ist nach der Trinkwasserverordnung seit 2003 obligat für Krankenhäuser, darüber hinaus gelten die Empfehlungen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2006. Die geltende allgemein anerkannte technische Regel ist das Arbeitsblatt W 551 des DVGW (Deutscher Verein für das Gas- und Wasserfach) aus dem Jahr 2005 „Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlagen; Technische Maßnahmen zur Verminderung des Legionellenwachstums; Planung, Errichtung, Betrieb und Sanierung von Trinkwasser-Installationen“. Es ist unbestritten, dass eine valide Haustechnik eine hohe Gewähr dafür bietet, dass problematische Legionellenkonzentrationen im Warm- und Kaltwasser nicht auftreten.
Die Beschränkung auf Trinkwasser untersuchungen sind zur Problemerkennung aber nicht ausreichend, denn aufgrund des Dosis-Wirkungs-Paradoxons sagen die Ergebnisse der Wasseruntersuchungen nur wenig darüber aus, wie hoch das Infektionsrisiko für die Patienten ist, vielmehr beschreiben sie in erster Linie die Eignung des untersuchten Systems zum „züchten“ von Legionellen. Daher sollten diese Untersuchungen immer mit klinischen Maßnahmen zur Erkennung von Legionellosen kombiniert werden, was letztlich neben einer sauberen Diagnostik auf die konsequente Untersuchungen von menschlichen Materialien (Bronchialsekret, Urin, Blut, ggf. Wundabstrich) in den Verdachtsfällen hinausläuft.
Problemlösung
Eine Abhandlung aller möglichen Sanierungsstrategien ist im Rahmen dieses Übersichtsbeitrags nicht möglich. Allerdings lassen sich sehr wohl die Eckpunkte einer wirkungsvollen Legionellenprävention folgendermaßen kurz skizzieren.
Regelbetrieb ohne direkten Handlungsdruck
- Gebäudemanagement nach VDI 6023 (Planung, Betrieb, Wartung, Instandsetzung) und W 551
- Untersuchungen der Legionellenkontamination des Warm- und Kaltwasser in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt und laufendes Diskussion der Untersuchungsergebnisse in der Hygienekommission
- Etablierung eines Infektionskontrollprogramms bez. Legionelleninfektionen.
Vorgehen bei Handlungsdruck
- Weiterführung der für den Regelbetrieb genannten Maßnahmen
- ggf. infektionspräventive Sofortmaßnahmen wie z. B. Sterilfilter an ausgesuchten Zapfstellen, vorübergehende Sperrung von Duschen und Wasserzapfstellen, Information der Patienten etc.
- umgehende technische Schwachstellenanalyse und Dokumentation des Zustandes der betreffenden technischen Bereiche
- Sanierungsplanung (die Beauftragung eines fachkundigen Ingenieurbüros wird dringend empfohlen)
- Schrittweise Umsetzung der technischen oder betrieblichen Sanierungsmaßnahmen unter Erfolgskontrolle durch angepasste Legionellenuntersuchungen im Kalt- und Warmwasser.
Erfahrungen haben gezeigt, dass ein planloses Vorgehen ohne technische Schwachstellenanalyse und fachmännischer Sanierungsplanung häufig vergebens ist. Speziell die Wirkung thermischer Desinfektionen und temporärer oder permanenter Desinfektionsversuche mit Chlorbleichlauge, Chlordioxid oder UV-Bestrahlung sind, wenn überhaupt, meist nur von kurzer Dauer, bedeuten aber meist einen erheblichen Mitteleinsatz. Eine Investition in die Expertise von Fachleuten kann erheblich günstiger sein als mehr oder weniger ungezielt ergriffene technische Ad-Hoc-Maßnahmen mit angeblich „sicher wirksamen“ Geräten oder Verfahren!
Ausblick
Dem erfolgreichen HACCP-Konzept der Lebensmittelhygiene angelehnt, wird derzeit seitens der WHO die Anwendung einer ähnlichen Methodik in Form des sog. Water Safety Plan auch auf Hausinstallation in Gebäude propagiert. Hiermit erarbeitet man durch eine Gefährdungsanalyse auf der Basis der Gebäudenutzung und der technischen Gebäudemerkmale die notwendigen Prüfpunkte und Prüfintervalle und setzt dieses um. In Deutschland liegen noch nicht alle entsprechenden Grundlagen vor. Es kann aber jetzt schon empfohlen werden, sich mit dieser Thematik vertraut zu machen, zumal die Existenz eines solchen Papiers künftig einmal verpflichtend eingeführt werden und sich im Zusammenhang mit möglichen Regress- oder Strafverfahren exkulpierend auswirken könnte.