Medizin & Technik

Interview: Priv.-Doz. Dr. Detlev Jäger zum Piloteinsatz des telemedizinischen Systems Motiva in Klinikum Friedrichshafen

25.06.2011 -

Interview: Priv.-Doz. Dr. Detlev Jäger zum Piloteinsatz des telemedizinischen Systems Motiva in Klinikum Friedrichshafen. Am Rande der Medica hatte Management & Krankenhaus die Gelegenheit, mit Priv.-Doz. Dr. Detlev Jäger über den Piloteinsatz des telemedizinischen Systems „Motiva“ zu sprechen. Das Telemedizin-Portal wird seit November am Klinikum Friedrichshafen bei Herzpatienten eingesetzt. Die Anbieter Philips und T-Systems ermöglichen hiermit die regelmäßige Übermittlung der Vitalparameter eines Patienten – Körpergewicht, Blutdruck und Herzfrequenz – an sein Krankenhaus beziehungsweise den behandelnden Arzt von zu Hause aus. Ein eingmaschiges Monitoring wird dadurch möglich. Für den Betrieb im heimischen Wohnzimmer benötigt der Patient einen Fernseher, eine Set-Top-Box, eine sichere Netzwerkverbindung, eine digitale Waage sowie ein Blutdruckmessgerät. Jäger ist Kardiologie am Klinikum Friedrichshafen.

Management & Krankenhaus: Herr Dr. Jäger, welche Chancen bietet Telemedizin den Ärzten des Friedrichshafener Klinikums?

Dr. Detlev Jäger: An erster Stelle sehe ich den Nutzen für den Patienten, der davon profitiert, dass er durch Telemedizin an die viel kürzere Leine genommen, sprich viel strenger überwacht werden kann. Natürlich konnten wir auch bisher schon Patienten engmaschig einbestellen, um ein hohes Maß an Transparenz über ihren Gesundheitszustand zu bekommen. Aber verglichen mit den früheren Kommunikationswegen nimmt Telemedizin uns viel Arbeit und dem Patienten viel Fahrzeit, Wartezeit ab. Dazu kommt, dass ein Rechner die Vorauswahl der Patientendaten vornimmt und gegebenenfalls Alarm schlägt.

Management & Krankenhaus: Aber das entlastet dann doch Ihr Arbeitszeitkonto?

Dr. Detlev Jäger: Nein, da täuscht der erste Blick. Ich arbeite als Arzt effektiver, weil ich mit Telemedizin eine höhere Kontrolldichte, mehr Zuverlässigkeit und eine größere Versorgungsqualität erziele. Dieser Gewinn kommt dem Patienten sofort zugute, aber das Stundenengagement des Arztes steigt.

Management & Krankenhaus: Welche Potentiale sehen Sie beim Einsatz von Telemedizin mit Blick auf das Zusammenspiel von Klinik, Hausarzt und Patient?

Dr. Detlev Jäger: Sehr große. Dort, wo alle Beteiligten mitarbeiten, wo es gut funktioniert, wird das Zusammenspiel nahezu automatisiert. Wir erwarten auch, dass Telemonitoring den eigenverantwortlichen Umgang des Patienten mit der Krankheit fördert und ein unabhängigeres Leben zu Hause ermöglicht. Die private Umgebung wirkt sich positiv auf das Wohlfühlen und damit auf die Genesung des Patienten aus. Auch gibt uns die permanente Überwachung der Patienten die Chance, die Rate erneuter Krankenhauseinweisungen zu reduzieren. Das heißt: Wir können mehr Menschen besser versorgen. Da die Patientenzahlen aufgrund der demografischen Entwicklung steigen werden, kommt Telemonitoring eine entscheidende Bedeutung zu.

Management & Krankenhaus: Welche Effekte auf das Gesundheitswesen – Stichwort Kostenreduktion – erwarten Sie, wenn Telekommunikation und Informationstechnologie immer schneller zusammenwachsen?

Dr. Detlev Jäger: Vor allem volkswirtschaftliche. Denn medizinische Versorgung selbst wird durch Telemedizin nicht billiger, eher teurer. Mit Telemonitoring-Systemen bekomme ich mehr Qualität in eine intensivere Versorgung, die ich händisch nie leisten könnte. Damit werden im ersten Schritt Preissteigerungen einhergehen, aber volkswirtschaftlich rechnen die sich. Sehen Sie, wenn ein Patient für einen Tag ausfällt, weil er zum Arzt geht, dann noch für zwei Tage krankgeschrieben wird, kostet das die Krankenkasse nichts, es kostet die Volkswirtschaft. Telemedizin ist ein Instrument der Patientenführung. Ein gut geführter Patient ist für die Krankenkassen im Grunde lästiger als ein schlampig geführter.

Management & Krankenhaus: Haben Sie keine Sorge, die Kontrolle über den Patienten zu verlieren, wenn der zukünftig nicht mehr so häufig bei Ihnen persönlich vorstellig wird?

Dr. Detlev Jäger: Überhaupt nicht, im Gegenteil. Die Kontrolle des Patienten bzw. seiner Werte und Daten wird in einer Kontinuität gewährleistet, die unsere Anbindung an ihn viel stabiler macht.

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