Qualifiziertes Fachpflegepersonal halten und gewinnen: Der Mitarbeiter im Mittelpunkt
11.11.2011 -
Qualifiziertes Fachpflegepersonal halten und gewinnen: Eine umfangreichen Initiative der Uniklinik Köln hat das ehrgeizige Ziel, die Folgen der absehbaren oder schon tatsächlich vorhandenen Knappheit an qualifizierten Mitarbeitern zu mildern. Erste Erfolge sind bereits sichtbar.
Der Wettbewerb der Krankenhäuser um qualifiziertes Fachpflegepersonal im OP-Bereich ist seit einiger Zeit in vollem Gange. Insbesondere die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen der vergangenen Jahre haben in den Kliniken zu nachhaltigen strukturellen Veränderungen geführt. Zunehmend mehr ältere und damit kränkere Patienten wurden in kürzerer Zeit behandelt. Das hat zu einer erheblichen Verdichtung der Arbeitsintensität in den Krankenhäusern, insbesondere auch in den OP-Bereichen, geführt.
Zahlreiche Berichte über abgesetzte oder verschobene Operationen, die aufgrund des Fachkräftemangels die operative Patientenversorgung beeinträchtigen, liegen bereits vor. Die Gründe und Entwicklungen in diese prekäre Situation hinein sind vielschichtig und sollen hier nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Vielmehr sind von den Verantwortlichen nun zeitnah entsprechend zukunftsfähige Konzepte gefordert, die zeitnah Wege aus dieser Lage heraus aufzeigen. Die Uniklinik Köln stellt sich dieser Herausforderung mit einer zielgerichteten Initiative zur Bindung erfahrener Mitarbeiter und Gewinnung neuer Fachkräfte für OP- und Anästhesie-Pflege.
"Trainig-on-the-Job"-Programm für Berufsanfänger
Berufsanfänger der OP- und Anästhesie-Pflege nehmen unmittelbar zu Beginn Ihrer Tätigkeit an einem strukturierten, dreitägigen „Trainig-on-the-Job"-Programm teil, das durch Praxisanleiter und interne Dozenten - zum Beispiel Hygiene-Fachkräfte, EDV-Adminstratorin und Medizingerätebeauftragte - gestaltet wird. Diese vermitteln den neuen Mitarbeitern durch einen ersten Überblick über ihr neues Arbeitsumfeld und ihre Tätigkeitsbereiche an der Klinik ein grundlegendes Sicherheitsgefühl für den Start in ihrer neuen Verantwortung. Bei dem sich anschließenden, sechswöchigen Einarbeitungs-Curriculum mit geregelter Rotation durch alle klinischen OP-Bereiche werden die Mitarbeiter regelhaft durch einen Praxisanleiter begleitet und an einen patientenzentrierten Berufsauftrag herangeführt.
Ein ausführliches Reflexionsgespäch am Ende der Einarbeitung bietet die Gelegenheit, die Anliegen und Bedürfnisse des neuen Mitarbeiters und die Erfahrungen und Beobachtungen seines Praxisanleiters zukunftsfähig zu besprechen.
Kernteams bilden das Rückgrat
Ein weiterer wichtiger Punkt sind sogenannte Kernteams, die in einigen operativen Bereichen nach einer Mitarbeiterevaluation gebildet wurden. Diese zeigte ein hohes Bedürfnis der Pflegekräfte nach verlässlicher Arbeitsplanung in einem festen OP-Bereich. Die Kernteams in OP- und Anästhesie-Pflege gewährleisten einen festen Mitarbeiterstamm pro OP-Bereich (ca. 70% der Mitarbeiter).
Der Anteil rotierender Mitarbeiter zur Aus- und Weiterbildung, bei Abwesenheit nach Dienst und zur Urlaubsvertretung liegt bei ungefähr 30%. Diese Maßnahme führt über ein erhöhtes persönliches Engagement mit verbesserter Mitarbeiterzufriedenheit zu einer Steigerung der Leistungsfähigkeit. Diese Form der Teambildung wird insbesondere von den Operateuren sehr begrüßt, da eine Kontinuität der fachlichen Kompetenzen - beispielsweise im vertrauten Umgang mit klinikspezifischer Technik wie 3-D-Navigation, Mikroskop und Endo-Turm - täglich sichergestellt ist.
Des Weiteren bietet ein strukturiertes Personalkonzept für die Mitarbeiter der OP- und Anästhesie-Pflege zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten für den Einzelnen. Angefangen bei der Qualifikation als Praxisanleiter, Beauftragter für Medizingeräte, über Teamleiter bis hin zur Unterstützung im berufsbegleitenden Studium bestehen verschiedene Möglichkeiten der fachlichen Weiterentwicklung. Durch Anerkennung von Zeitkontingenten als Überstunden oder ggf. als Freistellung wird die Übernahme von geleisteten Zusatzaufgaben unterstützt und wertgeschätzt. Die Uniklinik Köln sieht in der Fachweiterbildung „OP-Pflege" zudem einen befristeten Anästhesieeinsatz mit drei Theorietagen pro Monat vor - statt einer mehrwöchigen Theorielastigen Anästhesievorlesung. Somit kann der OP-Mitarbeiter zu seiner finanziellen Absicherung weiterhin am Bereitschaftsdienst teilnehmen.
Dienstzeitplanung berücksichtigt Mitarbeiterwünsche
Ein weiterer Aspekt, auf den die Uniklinik Köln großen Wert legt, sind die Dienstplanwünsche der Mitarbeiter, die in der Planung prinzipiell berücksichtigt werden. Die Personalstruktur eines universitären Maximalversorgers erlaubt es vielfach, die Mitarbeiterwünsche dahin gehend zu realisieren, dass zahlreiche junge entsprechend qualifizierte Mitarbeiter gerne vermehrt Bereitschaftsdienste nachts und am Wochenende übernehmen. Dem gegenüber steht das Interesse langjähriger erfahrener Mitarbeiter, in klinischen Bereichen ohne derartige Bereitschaftsdienste eingesetzt zu werden. Des Weiteren wird ein „Mitarbeiter-Pool" gebildet, der die Möglichkeit eröffnet, mit individuell vom Mitarbeiter gewünschten und für das Klinikum geeigneten Arbeitszeiten an der Patientenversorgung mitzuwirken. Für die kurzfristige Übernahme eines Dienstes, die mit Änderungen des geplanten Einsatzes für den Mitarbeiter verbunden ist, wird auf der Basis einer bestehenden Betriebsvereinbarung ein Sonderentgelt bezahlt.
Die Weiterentwicklung eigener Führungskräfte und deren kontinuierliches Coaching steht unter der Prämisse „Achtsam führen". Ziel ist die Entwicklung einer Feedbackkultur mit guter Ansprechbarkeit der Leitungspersonen, um unmittelbar am Mitarbeiter „dran" zu sein.
Regelmäßige Fort- und Weiterbildung im Rahmen der Arbeitszeit zu aktuellen und interessanten Themen der OP- und Anästhesie-Pflege werden von internen und externen Referenten gehalten. So wird ein berufsgruppenübergreifendes und praxisnahes Reanimationstraining im OP-Umfeld den Teamgedanken unmittelbar stärken.
Weiterbildung und Qualifizierung stehen im Mittelpunkt
Die Einweisung der Mitarbeiter in die Vielzahl innovativer und hoch spezialisierter medizinisch-technischer Geräte im OP-Bereich findet strukturiert in Form von Hands-on-Workshops entweder durch den Hersteller direkt oder entsprechend qualifizierte Gerätebeauftragte statt. Moderne Lehr- und Lernformen wie E-Learning oder Blended Learning sichern zudem die Aktualität des Fachwissens und werden künftig für die Mitarbeiter die Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung räumlich und zeitlich weiter flexibilisieren.
Abschließend sei noch genannt, dass die Etablierung eigener Ausbildungsgänge an der vorhandenen Schule für Gesundheitsfachberufe mittelfristig den klinikeigenen Personalbedarf sicherstellen wird.
Diese Personalinitiative wird aus Sicht der Autoren maßgeblich zur Gewinnung neuer Mitarbeiter und zur Bindung erfahrener Fachkräfte beitragen und personellen Engpässen im OP-Bereich aktiv entgegenwirken. Erste Erfolge sind bereits sichtbar, da bereits abgewanderte Mitarbeiter aus dem OP-Bereich den Weg zurück suchen.
Ziel der gesamten Initiative ist die Gestaltung einer Win-win-Situation: Die im OP tätigen Mitarbeiter arbeiten an einem attraktiven, zukunftsfähigen Arbeitsplatz mit fachlichen und persönlichen Entwicklungspotentialen. Gleichzeitig kann die Uniklinik Köln ihren Auftrag als Maximalversorger der universitären Spitzenmedizin umfassend und kontinuierlich erbringen.