Gesundheitsökonomie

Logistik im Krankenhaus anno 2012

12.04.2012 -

Logistik im Krankenhaus bleibt trotz großen Bedarfs und hohen Potentials ein Thema mit geringer Dynamik. Reichen die Argumente nicht aus, um mehr zu bewegen?

Deutsche Krankenhäuser stehen nicht erst seit der Einführung von Fallpauschalen vor vielfältigen Herausforderungen, die in erster Linie zu Kostendruck geführt haben. Obwohl anzunehmen wäre, dass dies auch an der Logistik Spuren hinterlassen hat, ist doch vieles beim Alten geblieben. Grund genug, sich dem Thema noch einmal zu nähern.

Logistik als Beschaffungsthema

Das Thema Logistik wird gerne mit Beschaffung gleichgesetzt und dabei in erster Linie vor den Karren der Kostensenkung gespannt. Diese Sicht existiert keineswegs zu Unrecht, da die Beschaffung nur schwerlich von der Logistik zu trennen ist und großes Potential für die Kostensenkung bietet. Dabei ist es fast schon unerheblich, ob die Logistik zum Supply Chain Management gekrönt und ihr u. a. der Einkauf unterstellt wird, oder die Beschaffungslogistik und der Einkauf entsprechend ihrer engen Bindung kooperieren.

Ein altbewährtes Mittel auf diesem Gebiet ist die Bündelung, welche für die Preise ebenso wie für den Transport positive Auswirkungen hat. Dies kann durch die gemeinsamen Beschaffung mehrerer Bereiche innerhalb einer Einrichtung realisiert werden oder in letzter Konsequenz über einen häuserübergreifenden Einkaufsverbund. Noch einen Schritt weiter geht eine Kooperation, bei der z.B. gemeinsame Zentrallager von mehreren Krankenhäusern, ggf. durch einen gemeinsamen Dienstleister, betrieben werden.

Während sich an der hausinternen Bündelung mittlerweile ein Großteil der Häuser versucht, sind einrichtungsübergreifende Aktivitäten bis hin zu Kooperationen noch immer selten. Studien und Umfragen der vergangen Jahre bescheinigen hier lediglich einen großen Willen. Als Gründe dafür, dass es an der Umsetzung hapert, werden neben dem mangelnden Einfluss der Logistik oftmals die sehr speziellen, besonders vielfältigen Sortimente oder schlichtweg fehlender Durchblick genannt.

Um das volle Potential o.g. Maßnahmen für die Kostensenkung nutzbar zu machen, muss zunächst Licht in die Sortimente, d.h. Artikel und Lieferanten, gebracht werden. Dafür ist es erforderlich, dass bei der Logistik alle notwendigen Informationen zusammenlaufen und der Spielraum für eine Harmonisierung - im Dialog mit den Bestellenden - geschaffen wird. Demgegenüber steht allerdings vielerorts die kaum integrierte und rein ausführende Rolle der Logistik in den historisch bedingt medizinisch geprägten Hoheitsgebieten eines Krankenhauses.

Logistik für Fortgeschrittene: Bestandsmanagement

Logistik im Krankenhaus heißt auch, die Bestände zu beherrschen. Denn dort geht es, wie meistens in der Logistik, nicht darum, einen konstanten Materialfluss auf einer Halde abzuladen. Wer an das Beispiel einer Unfallchirurgie mit begrenzten Lagerkapazitäten und einem hohen Bedarf an sehr speziellen Verbrauchsmaterialien denkt, wird verstehen, dass es dort keine Alternative zu dem Grundsatz „die richtigen Objekte, in der richtigen Menge, am richtigen Ort" gibt.

Gängiger Ansatz für die krankenhausinterne Logistik ist es, ein zentrales Lager oder ggf. noch einige kleinere dezentrale Lager zu verwalten und daraus die Bestellungen der verschiedenen Organisationseinheiten zu bedienen. Ein Warenwirtschaftssystem hilft dabei, den Durchblick bei Lagerbeständen und ­Bestellungen zu behalten. Der Grundgedanke: Wenn jede Station gemäß ihrem Bedarf bestellt und das Zentrallager angepasst ist, wird das schon hinkommen.

Wenngleich noch immer in erschreckend vielen Häusern so mancher Warenfluss ohne eine zentrale Logistikstruktur abläuft oder zumindest daran vorbeigeht, so kann dieser Ansatz durchaus als Standardvorgehen betrachtet werden. Während die entsprechenden Lager und IT-Systeme vorhanden sind, bereiten die Bestellprozesse noch graue Haare. Personal und dessen Zeit sind knapp bemessen, und Materialbestellungen werden auf den Stationen zwischendurch pragmatisch nach Augenmaß abgesetzt. Hier prallen Medizin und Logistik mit den bereits o.g. Rollen sowie wenig gegenseitigem Verständnis aufeinander. Der Schritt hin zu standardisierten Bestellprozessen ist daher selten abgeschlossen und meist auch nicht einfach zu realisieren.

Letztendlich sind Bestellungen bei diesem Vorgehen dem realen Bedarf oftmals einen Schritt hinterher. Abhilfe würden Prognosen bzw. Bestellungen auf Basis exakter Verbrauchsinformationen, insbesondere auf der Stationsebene, bieten. Die detaillierte Nachverfolgung aller Ab- und Zugänge im Patientenkontext ist zweifelsohne undenkbar ohne den Einsatz moderner Techniken wie RFID oder Barcodes. Allerdings erfordern diese, entgegen dem populären Glauben, viele Probleme würden hiermit sofort gelöst, durchaus einige Anpassungen an der IT und den Prozessen. Obwohl dadurch langfristig mit einer Personalentlastung zu rechnen wäre, stellen die notwendigen Investitionskosten und Prozesseingriffe in Verbindung mit dem Stellenwert der Logistik die entscheidende Hürde dar.

Resümee

Die Logistik im Krankenhaus hat bei den klassischen Themen durchaus noch Luft für Optimierung und bietet an anderer Stelle sogar noch nicht erschlossene Potentiale. In beiden Fällen war bzw. ist die beigemessene Bedeutung für die Entwicklung entscheidend.

Hoffnung macht, dass mit dem Wunsch nach größtmöglicher Transparenz bei Sortimenten, Beständen und Verbrauch die Logistik nicht nur mit dem Einkauf, sondern auch mit dem Controlling untrennbar verbunden ist: mächtige Verbündete in Zeiten hohen Kostendrucks.

 

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