Arraytechnologien für die medizinische Diagnostik
13.09.2012 -
Die Technologie der Microarrays findet bereits seit vielen Jahrzehnten vielfältige Anwendungen in der medizinischen und molekularbiologischen Forschung.
Dabei gehen die ersten Laborstudien mit Microarrays bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Bereits 1988 und 1991 wurden die ersten Methoden zur Microarraytechnologie und der Generierung von Microarrays patentiert. Nachdem die Technologie in der Grundlagenforschung zahlreiche Fortschritte und Erkenntnisse ermöglicht hat, halten sie nun auch Einzug in die klinische Diagnostik. Schon im Jahr 2004 erhielt der Roche „AmpliChip Cytochrome P450" eine klinische Zulassung durch die amerikanische FDA um anhand der genetischen Informationen eines Patienten die optimale Medikationsdosis zu bestimmen.
Traditionelle Labortechniken zur Analyse von wenigen Parametern sind sehr zeitaufwendig und somit nur bedingt für die klinische Diagnostik geeignet. Daher finden vor allem cDNA Microarrays und Protein Microarrays ihre Anwendung. Alle Arten von Microarrays bestehen heutzutage aus einer Glasoberfläche oder einem Silizium-Chip, auf dem Biomolekülen immobilisiert wurden (auch „spotting" oder „printing" genannt). Je nach Anwendungsgebiet und Anforderungen können so bis zu mehreren hunderttausend Proben auf diesen Oberflächen aufgebracht werden. In einem Hybridisierungsschritt werden die zu analysierenden Proben auf die Microarrayoberfläche pipettiert und binden spezifisch an die gespotteten Biomoleküle.
Erhältlich sind sowohl kommerziell vorgefertigte Microarrays mit standardisierten Molekülkonfigurationen als auch entsprechend der zu bearbeitenden Fragestellungen gestaltete (auch „customized arrays" genannt) Biochips (siehe Tab.1 für eine Auswahl von Microarrayherstellern). Die hohe Anzahl von verschiedenen Biomolekülen erlaubt es, sehr viele einzelne Moleküle gleichzeitig in geringen Konzentrationen zu detektieren und quantifizieren, weshalb man Microarrays zu den High-Throughput Technologien zählt.
Die größte Popularität erreichte die Technologie mit den cDNA Microarrays, auf deren Oberfläche kurze cDNA Oligonucleotide gespottet werden, an denen spezifisch mRNA-Moleküle entsprechend der Watson-Crick-Basenpaarungen binden. Zur Analyse von Genexpressionsprofilen mittels cDNA Microarrays werden die gemessenen Signalintensitäten verschiedener Gene oder Gengruppen unter Berücksichtigung ihrer mathematischen Verteilung ausgewertet. Hierfür werden zirka 2-10 µg mRNA oder DNA aus Gewebeproben benötigt.
Eine Weiterentwicklung stellen Protein Microarrays dar, bei denen entweder Antikörper auf der Oberfläche immobilisiert oder Polypeptide gespottet werden um Antigene nachzuweisen bzw. Protein-Protein-Interaktionen zu untersuchen. Die gebundenen Proben sind durch spezifische Farbstoffe markiert und können so detektiert (z. B. mittels Fluoreszenz) und quantifiziert werden. Neben den oben genannten Microarrays wurden in den letzten Jahrzehnten auch Microarrays zur Analyse von Histonmodifikationen und Methylierungen entwickelt. Diese können in Kombination mit Genexpressionsprofilen helfen, weitere Krankheitsursachen aufzudecken. Zur Untersuchung kompletter genomischer Regionen eignen sich sogenannte Tiling-Arrays. Neuere Forschungsergebnisse zur regulativen Funktion von microRNA (miRNA) dürften zukünftig auch miRNA Microarrays für klinische Anwendungen interessant machen.
Statistische Auswertung
Um aus den im Labor ermittelten Signalintensitäten klinisch relevante und verlässliche Rückschlüsse aus den gewonnenen Daten zu ziehen, ist eine statistische Auswertung unerlässlich. So müssen nicht nur systematische Fehler (wie z. B. Hintergrundrauschen) aus den Daten eliminiert werden, sondern auch die resultierenden Signalintensitäten normalisiert werden, um Experimente vergleichen und statistisch abgesicherte Diagnosen ermitteln zu können. Dazu steht eine Reihe von bewährten Softwarepaketen (siehe Tab. 2) zur Verfügung, mit denen kleinere Studien ausgewertet werden können. Bei großen Datenmengen ist es jedoch unerlässlich, diese bioinformatisch auszuwerten, um verlässliche Ergebnisse zu erhalten. Dabei besteht die Aufgabe der Datenanalyse nicht nur in der Auswertung der Daten, sondern vor allem in der schnellen und effizienten Gewinnung signifikanter Diagnosen und der Analyse funktioneller Zusammenhänge (z. B. in Form von regulatorischen und biochemischen Netzwerken) mit statistischer Sicherheit. Weiterhin können verschiedene Datenbankanwendungen genutzt werden, um die ermittelten Daten zuverlässig zu speichern. Der Zugriff auf diese Daten kann je nach Anwendungszweck vertraulich organisiert oder öffentlich zugänglich gemacht werden (siehe Tab.3).
Verwendung in der klinischen Diagnostik
Die Microarraytechnologie eignet sich für die klinische Diagnostik, da alle Analyseschritte und gespotteten Moleküle für die jeweiligen Microarraytypen standardisiert sind. Sie erlauben zuverlässige und jederzeit reproduzierbare Ergebnisse in Forschung und Diagnostik. Im Gegensatz zu modernen Sequenziermethoden zeichnen sich Microarrays durch einen geringen systematischen Fehler und eine einfachere Auswertung aus. Darüber hinaus ist der Zeitaufwand bei Microarrayexperimenten deutlich geringer. Um diagnostische Rückschlüsse auf mögliche Therapieansätze zu ziehen bzw. diese in Patienten- und Risikogruppen einzuordnen werden vorwiegend cDNA Microarrays genutzt um Genexpressionsprofile von Patienten mit denen bekannter Krankheitsbilder abzugleichen. Zusätzlich eröffnet sich die Möglichkeit jeden Patienten vor Therapiebeginn auf verschiedenste Parameter zu untersuchen und so eine individuelle Therapie zu finden. Auch genomische Analysen lassen sich mit Microarrays realisieren. So können so genannte SNP/CGH Arrays (DNA Microarrays) zum Beispiel zur Analyse von krankheitsrelevanten Allelen, zur Untersuchung von (Gen-)Kopienzahländerungen und für die individuelle genetische Beratung eingesetzt werden, um genetisch bedingte Risikoerkrankungen einfach und kostengünstig zu diagnostizieren.
Weiterhin können verschiedene Stoffwechselerkrankungen und unterschiedliche Biomarker mit Hilfe von Protein Microarrays untersucht werden. Dabei lässt sich der physiologische und pathologische Status verschiedener Gewebe und Organe anhand von Blutserum bestimmen. Die Nutzung von Serum verringert nicht nur die erforderliche Menge an medizinischem Material, sondern erübrigt vermeidet invasive Untersuchungen des Patienten.
Gemessen an den herkömmlichen Methoden lässt sich feststellen, dass die Anwendung von Microarrays deutlich kostenintensiver ist, wenn man nur wenige Parameter untersuchen möchte. Zur gleichzeitigen Analyse mehrerer Biomarker ist die beschriebene Technologie jedoch deutlich zeit- und kostensparender. Im Vergleich zu den in den letzten Jahren entwickelten neuen Sequenziertechnologien weisen Microarrays eine geringere Fehleranfälligkeit, eine höhere Reproduzierbarkeit und hohe Robustheit der Messwerte auf. Damit bieten sie hervorragende Perspektiven für neue Wege, hin zur individuellen Diagnostik und personalisierten Medizin. So dürften sich Microarraytechnologien vor allem in der klinischen Tumordiagnostik und Früherkennung von Stoffwechselerkrankungen bewähren.
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