Konsens im Krankenhaus: Konfliktbewältigung durch Mediation
02.05.2014 -
Konsens im Krankenhaus: Konfliktbewältigung durch Mediation. Konflikte im Arbeitsumfeld Krankenhaus nehmen zu. Die Aktivitäten des Gesetzgebers unter der Überschrift „Gesundheitsreform“ führen zu vielfältigen Spannungsfeldern.
Der damit zugleich zunehmende wirtschaftliche Druck erfordert mehr als zuvor funktionierende, ungestörte Organisationsabläufe im Wirtschaftsunternehmen Krankenhaus.
Zur Lösung von Auseinandersetzungen bietet sich das noch junge Institut der Mediation an.
Ebenso erweisen sich die Strukturelemente der Mediation als unverzichtbares Knowhow und Qualifikationsmerkmal für Führungskräfte. Der Beitrag erläutert die Grundzüge und beschreibt Anwendungsfelder der Mediation im Gesundheitswesen.
Zur Durchsetzung der gewöhnlich in ein Gefüge rechtlicher Regelungen eingebundenen Positionen steht den jeweiligen Konfliktparteien ebenso komfortables wie aber auch umfangreiches System des gerichtlichen Rechtsschutzes zur Verfügung.
Die Durchführung eines Gerichtsverfahrens aber führt nicht selten zu neuen Risiken, die es sinnvoll erscheinen lassen, nach Alternativen Ausschau zu halten. Die Unwägbarkeit des Kostenfaktors ebenso wie die nicht abschätzbare Zeitdauer eines Prozesses hindern oftmals die aus Sicht des Unternehmens Krankenhaus notwendige zeitnahe und planbare Streitbeilegung.
In vielfältiger Weise wird im Gesundheitswesen bereits deutlich, dass die Einrichtung außergerichtlicher Streitbeilegungsmodelle favorisiert wird. Die Schiedsstelle zur Festsetzung von Krankenhauspflegesätzen nach § 18a KHG ebenso wie des Schlichtungsausschusses nach § 17c KHG beispielsweise lassen klar erkennen, dass die Lösung dort entstehender Konflikte zunächst nicht einem Verwaltungs- bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren oder einem Streit vor den Sozialgerichten überlassen werden soll.
Der Sachverstand der für die Streitparteien beteiligten Experten in den Gremien soll – mit der Unterstützung durch einen unabhängigen Vorsitzenden – die Garantie für eine Konfliktbewältigung außerhalb des gerichtlichen Verfahrens geben.
Die für ein Krankenhaus – ebenso wie für die Kassen – relevanten Problemfelder liegen auf der Hand. Allein Konflikte mit dem Personal bzw. Streit unter den Mitarbeitern können ganze Abteilungen quasi „lahm legen“.
Auseinandersetzungen zwischen dem ärztlichen Personal und den Verwaltungen der Kliniken führen zu Defiziten in der Bewirtschaftung und schmälern die Leistungsfähigkeit des Hauses. Auch im Verhältnis Patient – Krankenhaus sind Kontroversen über Behandlungseffizienz, Abrechnungsmodalitäten und Leistungsumfang denkbar bzw. an der Tagesordnung.
Das Mediationsverfahren – bei dem die Hinzuziehung von (medizinischen) Sachverständigen ebenfalls möglich ist – bietet durch das persönliche Gespräch zwischen den Konfliktparteien unter Leitung eines verfahrensleitenden Dritten, dem Mediator, die Möglichkeit, auch den Beziehungskonflikt zwischen Arzt und Patient in den Blick zu bekommen.
Die Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, ebenso wie ggf. der Interessen des Krankenhauses und der beteiligten Krankenversicherung und eine gemeinsam erarbeitete, außergerichtliche Lösung sind die Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Arzt-Patient-Beziehung, die auch den wirtschaftlichen Interessen des Krankenhauses und der Krankenkasse dienen kann.
Allein die durch das Mediationsverfahren vermittelte Transparenz des Behandlungsverlaufs oder der Ergebnisse von Gutachten schafft bessere Voraussetzungen für eine einvernehmliche Einigung, als ein möglicherweise langjähriges Gerichtsverfahren, das sowohl Arzt als auch Klinik persönlich und wirtschaftlich belastet.
In gleicher Weise eignet sich die Mediation zur Beilegung von Auseinandersetzungen zwischen dem Träger eines Krankenhauses und der Krankenhausverwaltung sowie zur Lösung von Konflikten zwischen den Häusern und den Kassen über den Umfang abzurechnender Leistungen.
Die neue Methode der Mediation hat in den letzten Jahren in nahezu allen auch prozessrelevanten Lebensbereichen Einzug gehalten.
Ausgehend von einer in den USA gewonnenen Vorreiterrolle als Antwort auf das dort als völlig unzureichend empfundene Justizsystem beginnt Mediation über den familienrechten, nachbarschaftlichen und wirtschaftsrechtlichen Bereich hinaus auch eine zunehmende Bedeutung in der Konfliktlösung zwischen Bürger und Staat zu gewinnen.
Was ist Mediation?
Sehr oft ist die festzustellende Unkenntnis die Ursache für eine nur zögerliche Annahme des neuen Angebotes.
Anders als das in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschende System des gerichtlichen Rechtsschutzes durch in der Regel streitige Entscheidungen und eine sich daran anschließende (langwierige) Vollstreckung knüpft die Mediation an die erkannte Eigenverantwortlichkeit der beteiligten Medianden zur Lösung ihres eigenen Konflikts an.
Bei der auf Freiwilligkeit beruhenden Mediation übernimmt sodann ein neutraler, allparteilicher Dritter die Vermittlung des Streites zwischen den Beteiligten. Diesem Mediator kommt – anders als dem Richter im Prozess – weder Kompetenz noch Verpflichtung zu, den Streit zu entscheiden.
Er enthält sich darüber hinaus in der Regel jeglicher eigener Entscheidungsvorschläge, sondern leitet die Medianden allein durch besonders geschulte Kommunikationsstrukturen und ermöglicht bzw. unterstützt so deren eigene Entscheidungsfindung.
Die Mediation lebt in besonderem Maße von der Vertraulichkeit, die Teil einer von den Beteiligten eines Mediationsverfahrens zu treffenden Mediationsvereinbarung ist. Der Schutz von Informationen der Parteien einer Mediation ist damit vorrangiges Ziel.
Damit trägt die Mediation dem Bedürfnis nach Schutz der sensiblen Beziehungen im Krankenhaus Rechnung, ein Kriterium, dem ein öffentliches Gerichtsverfahren nicht entsprechen kann.
Entscheidend in der Mediation im Vergleich zu einer gerichtlichen Entscheidung ist weiter der Umstand, dass die Mediation nicht allein die Prüfung von Rechtspositionen zum Gegenstand hat.
Vielmehr besteht das vornehmliche Ziel in der Regel darin, über rechtliche Positionen resp. Rechtsansprüche hinaus die Beteiligten darin zu unterstützen, ihre eigentlichen, hinter den mit Rechtsnormen stehenden Interessen herauszuarbeiten und damit eine für einen tragbaren Konsens breitere Basis zu erlangen.
In der Einbeziehung des auf diese Weise ermittelten „Konflikts hinter dem Konflikt“ werden oftmals grundlegende Beziehungsstörungen zwischen den Beteiligten offen gelegt und dauerhaft befriedet. Im Idealfall gelingt das Herbeiführen einer sog. „win-win-Situation“, durch die es – wie sonst im gerichtlichen Verfahren üblich – keine Gewinner und Verlierer gibt, sondern vielmehr die Interessen der streitenden Parteien umfassend Berücksichtigung finden und damit durch die Mediationsvereinbarung von den Beteiligten selbst eine zeitnahe und für alle zufriedenstellende Lösung erarbeitet wird.
Gerade auch in Konflikten im und um das Krankenhaus spielen die in der Regel vernachlässigten „weichen“ Faktoren zwischen den Beteiligten eine bedeutsame Rolle.
Oft verhindert der Hinweis auf die vermeintlich strenge Gesetzesbindung der Klinikverwaltung die Lösung von „Konflikten hinter dem Konflikt“.
Es sollte durch die Führungskräfte der Krankenhäuser ebenso wie der Kassen erkannt werden können, dass zwischen dem Arbeitgeber und den beschäftigten Mitarbeitern Dauerbeziehungen einer besonderen Art bestehen, die die Entstehung und Vertiefung eines Konflikt fördern bzw. seine Unlösbarkeit verfestigen können.
Die hierdurch gebundenen Ressourcen sowie ein hieraus resultierender wirtschaftlicher Schaden oder sogar das Risiko eines irreparablen Imageverlustes für das Unternehmen im Wettbewerb sollten nicht unterschätzt werden.
Durch den Einsatz der Mediation wird diesen, hinter vordergründigen Rechtspositionen versteckten, Interessen Rechnung getragen. Im Ergebnis führt das neue Institut mit durchweg hoher Erfolgsquote oftmals zu einer nachhaltigen Befriedung des Konflikts.
Nicht nur die Rechtspositionen allein, sondern dazu begleitend auch die dahinter stehenden Interessen werden von den Beteiligten selbst in die zur Streitlösung gefundene Mediationsvereinbarung mit eingebunden.
Zugleich wird bei erfolgreicher Mediation ein sich an das herkömmliche Verfahren anschließendes Vollstreckungsverfahren entbehrlich. Denn durch die erkannte Eigenverantwortlichkeit zur Streitbeilegung und die in deren Folge von den Medianden selbst erarbeitete einvernehmliche Lösung des Konflikts, bedarf es keiner Vollstreckungsmaßnahmen (mehr).
Der ohnehin sinnvolle und bereits festzustellende Einsatz konsensualer und kooperativer Elemente in der Führung eines Krankenhauses bzw. im Gesundheitswesen wird durch das Institut der Mediation nur konsequent weiter gedacht und -geführt.
Das Gesundheitssystem sieht sich von allen Seiten Forderungen nach einem tiefgreifenden Wandel ausgesetzt. In Zukunft könnte die Fähigkeit zur Kommunikation und Kooperation, sowie das Wissen und Können der einzelnen Mitarbeiter mehr Anerkennung im Versorgungssystem nach sich ziehen, als strukturelle Machtausübung, Befehlshierarchien oder berufsständische Herrschaftsansprüche.
Es ist daher von großer Bedeutung, bereits jetzt verstärkt die Vermittlung und Schulung von Konfliktlösungsstrategien zu bewirken, damit die gegenwärtigen und künftigen Führungskräfte in den Kliniken den neuen Herausforderungen gewachsen sind. Mediation als Konfliktlösungsmethode wird damit zu einem festen Bestandteil des Qualitätsmanagements im Krankenhaus.
Kontakt:
Dipl.-Verw. Harald Walther
Verwaltungsgericht Wiesbaden
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