Fernüberwachung des PA-Drucks
03.09.2015 -
Herzinsuffizienz ist eines der größten gesundheitswirtschaftlichen Themen. Mit geschätzten 26 Mio. Betroffenen hat sie mittlerweile pandemische Ausmaße angenommen.
Um die steigende Krankheitslast der Gesundheitssysteme zu vermindern und Patienten eine bessere Versorgung zu gewährleisten, ist Fernüberwachung ein viel versprechender Ansatz. Vor allem Patienten mit einem hohen Schweregrad der Herzinsuffizienz haben ein höheres Risiko für eine kardiale Dekompensation, die eine umgehende stationäre Behandlung erfordert.
Mit dem neu entwickelten Drucksensor CardioMEMS können Ärzte den PA-Druck durch proaktives Management der Medikamente und andere Therapiemaßnahmen stabilisieren. Zudem gibt das System eine frühzeitige Indikation der Verschlechterung der Herzinsuffizienz.
Drahtloser Überwachungssensor
Christoph Stöppler, Geschäftsführer der St. Jude Medical in Deutschland, gab einen Einblick in die Funktionsweise der neuen Technologie. Hierbei handelt es sich um einen miniaturisierten, draht- und batterielosen Überwachungssensor, der mittels Katheter in die Pulmonalarterie implantiert wird, um dort den Pulmonalarteriendruck direkt zu messen.
Aus telemedizinischer Sicht wird damit eine permanente, personalisierte und proaktive Versorgung gewährleistet. Die gemessenen Daten sendet der Sensor per Funkverbindung an eine Antenne, welche in einem speziellen Kissen untergebracht und an ein elektronisches Gerät angeschlossen ist, das die Patienten zu Hause haben. Von hier aus sendet das CardioMEMS-System die benötigten Informationen an eine sichere und für Dritte nicht zugängliche Internetseite. Der behandelnde Arzt kann sie jederzeit einsehen, die Wirkung von verordneten Medikamenten prüfen und die Medikation gegebenenfalls rechtzeitig anpassen. Damit ist es die erste Technologie, die Herzinsuffizienz aus der Ferne beobachten kann.
Erste klinische Erprobung in Frankfurt
Nach der Erläuterung der Funktionsweise referierte Prof. Dr. Birgit Aßmus vom Universitätsklinikum Frankfurt am Main über erste Erfahrungen mit dem System. Sie hatte als erste Ärztin bundesweit und als zweite in Europa das neue System bei drei Patienten implantiert.
Auch wenn Aßmus betonte, dass die bislang durchgeführten Untersuchungen lediglich Momentaufnahmen darstellen und noch keine kontinuierliche Entwicklung aufzeigen können, ist sie von einer signifikanten Verbesserung durch die Überwachung aus der Ferne überzeugt. Das belegen auch Ergebnisse einer ersten klinischen Studie aus den USA.
Herzschwächepatienten mit CardioMEMS mussten kürzere Zeit im Krankenhaus verbringen und fühlten sich auch klinisch besser als Patienten ohne ein entsprechendes Telemonitoring. Im Vergleich zu bisherigen Systemen, die nur im klinischen Kontext angewendet werden konnten, liegt der Vorteil der neuen Technologie klar darin, dass Patienten auch von zu Hause aus zuverlässig überwacht werden können. „Für das interdisziplinäre Frankfurter Herzinsuffizienzzentrum stellt der Sensor eine optimale Erweiterung der Behandlungsoptionen bei Patienten mit schwerer, fortgeschrittener Herzinsuffizienz dar“, fügte Aßmus, Leiterin des Zentrums, hinzu.
Signifikante Kosteneinsparungen
Auch die möglichen Auswirkungen von CardioMEMS auf das Gesundheitssystem spielten eine Rolle. Diese Auswirkungen zeigte Prof. Dr. Peter Kolominsky-Rabas, MBA von der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen-Nürnberg, auf. Das Forschungsprojekt Prospective HTA (ProHTA) beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines flächendeckenden Einsatzes von CardioMEMS auf die Hospitalisierungsrate und die Gesundheitsausgaben.
Die Simulation zeigt, dass die Prävalenz der Herzinsuffizienz in Deutschland im Kontext der demografischen Alterung auf bis zu 4,31 Mio. Patienten im Jahr 2021 ansteigt. Die Anzahl der durch CardioMEMS vermiedenen Hospitalisierungen beträgt laut Simulation innerhalb dieses Zeitraums rund 115.000 Fälle (kumuliert). Durch Reduktion der Hospitalisierungen betragen die Kosteneinsparungen bis zu 522.000.000 € für den gesamten Betrachtungszeitraum. Die Ergebnisse machen deutlich, dass durch den Einsatz der neuen Technologie sowohl eine Senkung der Hospitalisierungsrate als auch eine beträchtliche Senkung der Behandlungskosten erreicht werden können. Somit bietet CardioMEMS das Potential, die Versorgung von Herzinsuffizienzpatienten zu verbessern und gleichzeitig signifikante Kosteneinsparungen zu erzielen.