Gesundheitsökonomie

Unterstützung für die Widerspruchsregelung

25.09.2019 -

Im Vorfeld der ersten Lesung der Gesetzentwürfe für eine Neuordnung der Organspende in Deutschland im Deutschen Bundestag am 26. Juni begrüßt DTG die öffentliche Debatte hierzu.

Der Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft, Prof. Dr. Bernhard Banas, meint, dass es leider teilweise immer noch unterschätzt werde, wie dramatisch die Lage in der Transplantationsmedizin tatsächlich sei: „Natürlich sind 1.000 Menschen, die jährlich auf den Wartelisten sterben, bereits Grund genug für ein aktives Umsteuern.“

Führt man sich jedoch zusätzlich die vielen Menschen vor Augen, die entweder gar nicht erst die knappen Plätze auf den Wartelisten erreichen oder aus medizinischen Gründen nach langem Warten wieder abgemeldet werden müssen, macht dies die humanitäre Katastrophe deutlich, die den Transplantationsbereich in Deutschland täglich ereilt. „Wir könnten jährlich Tausende Menschenleben retten, wenn – so wie in vielen unserer Nachbarländer - genügend Spenderorgane verfügbar wären“, so Banas.

Der Gesetzentwurf der Abgeordneten Annalena Baerbock und ihrer Kollegen wird an der aktuellen Lage nichts ändern. Man muss ihn leider als eine Art Mogelpackung bezeichnen, da der Name „Entscheidungslösung“ eine Änderung der gesetzlichen Organspenderegelung lediglich vorgibt. Wenn diese Entscheidungslösung – anders als ursprünglich diskutiert – keine Verpflichtung zu einer Entscheidung beinhaltet, dann ändert sich am Prinzip einer Zustimmungs- oder Informationslösung nichts.

„Wir sprechen uns daher eindeutig für eine Einführung der im Gesetzentwurf der Abgeordneten um Gesundheitsminister Jens Spahn dargestellten Widerspruchsregelung aus“, so Banas. Im Gesamtvergleich aller Länder Europas liegen diejenigen mit Widerspruchsregelung mit einer im Durchschnitt 30% höheren jährlichen Rate an postmortalen Organspendern deutlich vor denen ohne Widerspruchsregelung. Sie sei deshalb medizinisch und ethisch gegenüber den betroffenen Patienten geboten und ist in den meisten anderen Ländern längst eingeführt.

DTG-Mitglied und Transplantationsbeauftragter am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel Prof. Dr. Felix Braun: „Mögliche Organspender wurden in den meisten Fällen plötzlich aus dem Leben gerissen - durch Verkehrsunfall oder Schlaganfall.“ In dieser Situation den Angehörigen mit dem berechtigten Anliegen der Organspende entgegentreten zu müssen, stelle häufig eine unermessliche Belastung für das versorgende medizinischen Personal dar und ebenso für die Angehörigen selbst, wenn erst persönliche Betroffenheit Anlass gibt, sich mit dem Thema Organspende und dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen auseinanderzusetzen.

Eine Widerspruchsregelung sorge dafür, dass jeder und jede von sich zu Lebzeiten mit der Frage befassen und sie abschließend entscheiden müsse. Sie zwingt nicht zu einer postmortalen Organentnahme, sondern zur Entscheidung. Und diese allein ist es, die zwingend benötigt wird.

Denn Deutschland ist heute in der Transplantationsmedizin weit abgeschlagen. „Alle anderen Länder, die mit uns in der Organvermittlungsstelle Eurotransplant organisiert sind, haben mittlerweile die Widerspruchsregelung eingeführt. Wir importieren lebensrettende Spenderorgane von ihnen“, so Braun. Deutschland ist vom Entwicklerland der Transplantationsmedizin zum Entwicklungsland der Organspende geworden. Hier kann die Widerspruchsregelung Abhilfe schaffen. Selbstverständlich bedarf es begleitender Öffentlichkeitsarbeit, damit sich alle ausreichend informieren können, um ihre Entscheidung zu treffen. Diese Entscheidung sollte im Falle des Hirntodes für Transplantationsbeauftragte in einem Register abrufbar sein.

 

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