Chefarzt entwickelt Ultraschall-App
27.11.2019 -
Üben am Phantom: Mithilfe einer App können Medizinstudenten die richtige Anwendung des Ultraschalls jetzt schnell und effektiv lernen – ohne realen Patienten. Eine Entwicklung des Gynäkologie-Chefarztes am Helios Amper-Klinikum Dachau macht’s möglich.
Virtuelle Anwendungen werden in der Medizin immer beliebter. Ein erster App-Prototyp für die Ultraschall-Ausbildung entstand bereits 2010. Damals waren Smartphones jedoch noch nicht so weit verbreitet wie heute und nicht leistungsstark genug, um realitätsgetreue Ultraschallergebnisse zu liefern. Durch den rasanten technologischen Fortschritt in den vergangenen Jahren eröffneten sich neue Möglichkeiten, Augmented Reality, die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung, in den klinischen Alltag einzubinden.
Smartphone ersetzt Ultraschallkopf
Eine wichtige Weiterentwicklung entstand am Helios Amper-Klinikum Dachau: Ab sofort können angehende Ärzte die richtige Anwendung des Ultraschalls ohne realen Patienten trainieren – ganz einfach mit dem Smartphone. „Der Ultraschall-Trainer ist darauf ausgelegt, Studenten schnell und effektiv die feinmotorischen Fähigkeiten beizubringen, die für den klinischen Ultraschall wichtig sind“, erklärt Privatdozent Dr. Florian Ebner, Gynäkologie-Chefarzt am Helios Amper-Klinikum Dachau und Entwickler der App.
Er hat für Medizinstudenten das „Schallen“, die Anwendung des Ultraschalls, so realistisch und einfach wie möglich gemacht. Die Idee dahinter: Die Größe eines Smartphones entspricht in etwa einem Ultraschallkopf, sodass die Bewegungen mithilfe der App eins zu eins nachgeahmt werden können. Um die kostenlose App zu nutzen, wird sie aus den entsprechenden Stores geladen. Anschließend druckt der Nutzer einen sogenannten Tracker aus. Auf diesem Muster, einer Art QR-Code, simuliert die Anwendung einen digitalen Patienten. Hat der Nutzer die App geöffnet, legt er den Tracker vor die Handykamera. Nähert sich die Kamera der Haut des virtuellen Patienten, wechselt das Bild in den Ultraschall-Modus: Der Nutzer kann sich die Nieren ansehen und mit dem Ultraschall beginnen.
Der virtuelle Ultraschall-Trainer bietet drei verschiedene Level: „Freies Schallen“, „Mit Unterstützung Schallen“ und „Schallen mit Feedback“. Während es beim „Freien Schallen“ um das Üben und Entdecken der Möglichkeiten geht, dient der Modus „mit Unterstützung“ dazu, die systematische Bilddokumentation der Sonographie zu lernen. Ein virtueller Kompass hilft dem User, die empfohlenen Stufen einer Nierendokumentation zu durchlaufen. In der dritten Stufe „Schallen mit Feedback“ arbeitet sich der Nutzer durch verschiedene klinische Aufgabenstellungen. Zum Schluss erhält er eine Rückmeldung, ob er die Dokumentation korrekt erstellt hat.
Simulation von zehn Krankheitsbildern der Niere
Bisher bietet die Ultraschall-App die Möglichkeit, die Nieren eines virtuellen Patienten zu untersuchen. In der Anwendung werden zehn verschiedene Krankheitsbilder der Niere in zwei verschiedenen Körperhaltungen – in der Rücken- und in der Halbseitenlage – simuliert.
App-Entwickler Dr. Ebner hat diese Anwendungsmethode evaluiert. Dabei hat er wissenschaftlich untersucht, wie Studenten beim Schallen abschneiden, die zuvor eine Stunde lang mit dem virtuellen Trainer geübt hatten. Das Ergebnis: Die Qualität in der Dokumentation der klinischen Aufgabenstellungen war in der Gruppe, die mit dem Simulator geübt hatte, deutlich besser. Der Gynäkologie-Chefarzt plant eine Weiterentwicklung der App für die Untersuchung von bewegten Organen, wie zum Beispiel des Herzens. Sein erklärtes Ziel ist die Simulation eines sogenannten Fehlbildungsschalls in der Schwangerschaft, in der unterschiedliche Lagen des Fötus, die Bewegungen und die häufigsten Fehlbildungen gezeigt werden.