KHZG und FTB 2 „Patientenportale“ – Katalysator und Bremse
06.04.2021 - Das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) treibt die Digitalisierung im Gesundheitswesen mit klaren Zielvorgaben, engem zeitlichen Rahmen sowie finanziellen Mitteln an.
Ein Startimpuls, um Dynamik in die Digitalisierungsprojekte der Branche und Krankenhäuser als „Anker“ zu bringen. Schnelle Verfügbarkeit der Mittel und zeitlicher Druck erlauben zügig erste Erfolge für Patienten und beteiligte Akteure. IT-Sicherheit, Datenschutz und Interoperabilität liefern die Grundlagen für eine hohe Akzeptanz, vernetzte Systemlandschaften und zukunftssichere Gesamtarchitekturen.
Auf den ersten Blick ein Erfolg
Digitalisierung ist ein mehrstufiger Prozess. Beginnend mit der Digitalisierung analoger Prozesse, gefolgt von Prozessoptimierung, Datenauswertung und Automatisierung, hin zur Transformation. In Vollendung erlauben digitale Infrastrukturen und Datenlagen neue Lösungsansätze und enorme Verbesserungspotentiale, Mehrwerte für alle Beteiligten sowie Transparenz. Lösungen der analogen Welt sind Kompromisse in Folge von Limitierungen, die durch Digitalisierung kompensiert und optimiert wird. Die ganzheitliche Sicht auf den Fördertatbestand (FTB) 2 „Patientenportale“ zeigt aber auch die Schwächen auf. Kliniken dienen zu Recht als „Anker“. Dahinter liegt aber ein komplexes Ökosystem aus Nachversorgern, Kostenträgern, Dienstleistern und Lösungsanbietern, welches ebenso anschlussfähig werden muss, um einen reibungslosen Gesamtprozess von der Aufnahme bis zur Entlassung abzubilden.
Ein Defizit sind die zeitlichen Rahmenbedingungen in einer komplexen Welt. Fast zeitgleich müssen Kliniken hochkomplexe strategische Konzeptions- und Entscheidungsprozesse, unter Einbeziehung einer Vielzahl von Parteien, mit langfristiger Tragweite treffen. Dies kann in der Regel kaum intern hinreichend umgesetzt werden, noch sind genügend objektive Beratungskapazitäten mit Digitalisierungs- und Gesundheitswesenexpertise verfügbar. In der Konsequenz zeitlicher Limitierung, föderalistischer, uneinheitlicher Vergabestrukturen, fachlichen Kapazitätsengpässen, hoher Systemkomplexität sowie regionalem Fokus sind ganzheitliche und nachhaltige Bedarfsmeldungen nur selten in der Kürze realistisch abbildbar.
Auch spiegelt die Zuständigkeit von Gebietskörperschaften die Bedarfe unvollständig wider. Nachversorgung endet nicht an Landesgrenzen oder in Krankenhäusern. Funktionierende digitale Netzwerke von Nachversorgern sind maßgeblich für digitales Entlassungsmanagement im KHZG nicht berücksichtigt. Von Digitalisierung müssen alle Beteiligte profitieren, um Adaption zu erreichen – für die Anforderungsaufnahmen ist aber kein Raum. Überregionale, ganzheitliche Branchenkonzepte erfordern zeitintensive Abstimmungen. Einer notwendigen Langfriststrategie fehlen Erfahrungswerte. Die Vielfalt der beteiligten Akteure und komplexe Folgeprozesse erfordern eine iterative und agile Annäherung an optimale Lösungskonzepte. Das ist bei der kurzfristigen Konzeptions- sowie Vergabestrategie nicht abbildbar, der Ausblick auf notwendige Folgeinvestitionen fehlt.
Diese und weitere Aspekte begünstigen ein „Zielbild“ schneller regionaler Insellösungen, die Dynamik suggerieren. Im Ergebnis führt dies zur Zementierung analoger Prozesse in digitaler Abbildung. Folglich entsteht eine Infrastruktur aus einer Vielzahl von Einzelprojekten mit langfristiger Bindung, deren initiale Harmonisierung vernachlässigt wird, in der Hoffnung, fehlende Interoperabilität via Standards zu heilen. Eine strategische Langzeitstrategie dabei fehlt.
Und doch der richtige Impuls!
Der erste Schritt ist der wichtigste! Schnelle Erfolge und Verbesserungen sind gut, um neue Wege zu etablieren. Die Schwerpunkte Sicherheit und Qualität sind ein stabiles und notwendiges Fundament. Ist der Prozess erst mal in Gang gesetzt, muss die Dynamik erhalten und gesteuert werden. Den notwendigen Schwung und eine echte Langzeitstrategie müssen allerdings zeitnahe Folgeprogramme sicherstellen.