Aus den Kliniken

Covid-19-Impfschutz bei Immunsuppression individuell beurteilen

09.02.2022 - In einer breit angelegten Metaanalyse von 1342 Patienten in 23 Studien weltweit ist es einem Forschungsteam der Universität Bern und des Inselspitals, Universitätsspital Bern gelungen die Zusammenhänge von Impfschutz und Immunsuppression weiter zu klären. Nur die Hälfte der Patientinnen und Patienten mit einer Anti-CD20-Therapie wiesen eine Immunantwort aus. Die individuelle Betreuung zum spezifischen Aufbau eines Impfschutzes ist in besonders gefährdeten Fällen (z. B. nach Nierentransplantation) angezeigt.

In einer vorangehenden Studie hatten die Berner Forschenden Hinweise gefunden, dass Personen mit einer immunsupprimierenden Therapie nach mRNA-Impfungen nur einen schwachen oder fehlenden Impfschutz aufbauen. Es handelt sich um Personen mit einer Anti-CD20-Antikörpertherapie, wie sie etwa bei hämatologischen Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen oder für eine Nierentransplantation weltweit bei mehreren Millionen Patientinnen und Patienten zur Anwendung kommt. Anhand einer umfangreichen Metaanalyse wurde nun studiert, für welche Gruppen dies genau zutrifft, damit man für solche Fälle das therapeutische Vorgehen verbessern kann.

Nur jede zweite Person mit nachweisbarer Immunantwort

In der umfangreichen Metaanalyse zeigen die Forschenden, dass nur bei 40% der Teilnehmenden eine Antikörperantwort bzw. bei 73% eine T-Zell-Immunantwort nachweisbar ist. Das heißt, dass viele Patientinnen und Patienten mit einer Anti-CD20-Therapie auch nach zwei Impfungen kaum gegen eine SARS-CoV-2-Infektion mit einem schweren Verlauf geschützt sind.

Große Metaanalyse zeigt heterogene Resultate in den untersuchten Studien

Die Metaanalyse untersuchte 23 von weltweit insgesamt 90 Studien aus den Plattformen PubMed, Embase, Medrxiv und SSRN zu den Themen „anti-CD20“, „Covid“ und „Impfung“ aus der Zeit bis zum 21. August 2021. In dieser Zeit war die Frage aktuell, wie gut die Schutzwirkung der Covid-Impfungen in der Praxis war. Co-Erstautor der Studie Dr. Manuel Anderegg erklärt: „Die Studie zeigt, dass sich innert kürzester Zeit zahlreiche Forschungsgruppen ähnliche Fragestellungen verfolgten. Überraschend für uns waren die sehr unterschiedlichen Immunantworten in den verschiedenen Studien.“

Besonders empfindliche Gruppen identifiziert

Ein deutlicher Unterschied in der Immunantwort wurde in Abhängigkeit der Zeitspanne seit der letzten Anti-CD20-Therapie gefunden. War die Zeitspanne größer als sechs Monate zeigten 63% der Teilnehmenden eine gute Immunantwort gegenüber nur 20% bei einer weniger als 6 Monate zurückliegenden Anti-CD20-Therapie. Teilnehmende mit einer Anti-CD20-Therapie wegen Nierentransplantation schnitten deutlich schlechter ab, als solche mit einer hämatologischen oder Autoimmunerkrankung. Die mangelhaften Immunantworten bedeuten ein größeres Risiko eines schweren Verlaufes einer Covid-Erkrankung. Der Co-Erstautor Dr. Simeon Schietzel erklärt: „Deshalb wird für diese Patientengruppen in der Schweiz gemäß der Eidgenössischen Kommission für Impffragen seit November 2021 generell ein angepasstes Schema mit 3 Grund-Impfungen angewandt.“

Empfindliche Gruppen brauchen individuelle Betreuung

Die Studie zeigt, dass für bestimmte Untergruppen innerhalb der Personen mit einer Anti-CD20-Therapie weitere Schutzmaßnahmen notwendig sind. Zunächst sind weitere Studien notwendig, die die Konzentration von Antikörpern bestimmen, die für einen effektiven Schutz vor SARS-CoV-2 mit seinen diversen Varianten notwendig sind. Der Studienleiter Dr. Matthias Moor betont: „Wichtig ist zudem eine individuelle Beurteilung und Betreuung der besonders empfindlichen Patientinnen, damit die Therapie von Autoimmunerkrankungen, Begleitmedikamente z.B. nach einer Transplantation, die Behandlung von Begleiterkrankungen und im Falle von COVID-19 Erkrankung allenfalls ergänzende Passivimpfungen mit isolierten Antikörpern aufeinander abgestimmt werden können.“

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