Radtour durch Deutschland - trotz Rheuma
09.12.2022 - Mehr als tausend Kilometer mit dem Fahrrad in zehn Tagen – dass das auch mit Rheuma möglich ist, hat Phil Ladehof bewiesen.
Der 22-Jährige lebt seit sieben Jahren mit der Diagnose juvenile idiopathische Arthritis, eine chronische Gelenkentzündung. Er möchte mit dieser Fahrradtour auf rheumatische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aufmerksam machen und zeigen, dass auch mit der Krankheit eine sportliche Aktivität möglich ist. Die Route führte von Kiel nach Garmisch-Partenkirchen. „Diese beiden Orte sind tief in meinem Herzen verwurzelt. Ich bin lange am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel und im Deutschen Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen behandelt worden“, sagt er. Priv.-Doz. Dr. Philipp von Bismarck, Kinderrheumatologe der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin I, Campus Kiel, hat auf Wunsch seines jungen Patienten die ersten hundert Kilometer von Kiel nach Hamburg auf dem Rad begleitet. „Als ein Zeichen unserer umfassenden Betreuung und Begleitung unserer Patientinnen und Patienten bis in das frühe Erwachsenenalter. Und als Zeichen der guten Zusammenarbeit mit der Kinderrheumatologie in Garmisch-Partenkirchen.“
Dass Rheuma auch schon im Kindesalter auftreten kann, ist häufig nicht bekannt. Diese Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift, bedeutet für die jungen Patienten und ihre Familien oft eine große Belastung, vor allem bis die richtige Diagnose und die passende Behandlung gefunden ist. „Zugleich ist Rheuma einer der Bereiche in der modernen Kinderheilkunde, bei dem sich in den vergangenen Jahren enorme Fortschritte im Krankheitsverständnis, aber vor allem in der Therapie ergeben haben“, sagt Dr. von Bismarck. „Mittlerweile stehen uns Wirkstoffe zur Verfügung, mit denen die Entzündung unterbrochen werden kann. In bis zu 90 Prozent der Fälle können wir mit der richtigen Therapie erreichen, dass die jungen Patientinnen und Patienten wie gesunde Gleichaltrige leben können.“
In der kinderrheumatologischen Ambulanz und in einer Tagesklinik am Campus Kiel werden pro Jahr rund 250 Kinder und Jugendliche aus ganz Norddeutschland behandelt und betreut. Das UKSH, Campus Kiel, ist die einzige Einrichtung in Schleswig-Holstein mit dieser Spezialisierung.
Eine rheumatische Erkrankung im jungen Alter ist selten. Jährlich erkranken in Deutschland etwa 10 von 100.000 Kindern daran. Dabei treten verschiedene Formen von chronischen Entzündungen im Körper auf. 80% der erkrankten Kinder und Jugendlichen haben Gelenkrheuma, bei dem es durch die Entzündung zu einer Schwellung und Bewegungseinschränkung der Gelenke kommt. Erste Symptome werden bei kleinen Kindern oft erst sichtbar, wenn sie nicht mehr laufen wollen. Anders als bei Erwachsenen finden sich bei ihnen meist keine erhöhten Entzündungswerte im Blut; bildgebende Verfahren können jedoch die Veränderungen in den Gelenken zeigen.
„Ziel der Therapie ist eine vollständige langfristige Unterbrechung der Entzündung. Nur dann gelingt eine Wiederherstellung und Erhaltung der Beweglichkeit und Funktionalität der Gelenke“, so Dr. von Bismarck. Bei rund 30% der Betroffenen heilt das Rheuma bis zum Erwachsenenalter aus, andere begleitet die Erkrankung ein Leben lang. „Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass eine rasche und effektive medikamentöse Therapie, die zu einer anhaltenden Entzündungsfreiheit führt, die Heilungschancen der Kinder deutlich verbessert“, so der Experte.
Auch der Welt-Rheuma-Tag am 12. Oktober machte auf die Erkrankung und das Leben damit aufmerksam. Die Deutsche Rheuma-Liga hatte ihn unter das Motto „Gemeinsam statt einsam“ gestellt und warb für mehr gemeinsame Aktivitäten und Bewegung.
In der kinderrheumatologischen Ambulanz und in einer Tagesklinik am Campus Kiel werden pro Jahr rund 250 Kinder und Jugendliche aus ganz Norddeutschland behandelt