Akutes Herzversagen - kardiogener Schock
29.08.2023 - Trotz mechanischer Herz-Kreislauf-Unterstützung bleibt eine hohe Sterblichkeit bei Herzversagen bestehen.
Weltweit gibt es eine starke Zunahme bei der Verwendung mechanischer, aktiver Herz-Kreislauf-Unterstützung. Die Hoffnung ist, mit diesen Hilfsmitteln die Überlebenschance nach der schwersten Form des akuten Herzversagens, dem kardiogenen Schock, zu verbessern. Eine klinische Studie, geleitet von Herzspezialist Prof. Holger Thiele, hat gezeigt, dass die Sterblichkeit nach kardiogenem Schock innerhalb von 30 Tagen damit nicht gesenkt werden kann. Die Studie wurde auf der Jahrestagung der europäischen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellt sowie mit einer zusätzlichen Metaanalyse zeitgleich in den renommiertesten Medizinjournalen The Lancet und dem New England Journal of Medicine publiziert.
Der kardiogene Schock wird durch ein Pumpversagen des Herzens und oft durch einen Herzinfarkt ausgelöst. Das Herz schafft es dann nicht mehr, den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Nach einem akuten Herzinfarkt mit kardiogenem Schock haben Betroffene innerhalb von 30 Tagen ein Risiko von fast 50 % zu versterben. Seit über zehn Jahren werden Patienten oft mit einer venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung, kurz VA-ECMO oder ECLS, therapiert. Unter dieser mechanischen Kreislaufunterstützung versteht man den Einsatz von Systemen, die dem erkrankten Herz dabei helfen, das Blut durch den Körper zu pumpen. Eine VA-ECMO kann theoretisch die Funktion des Herzens als auch der Lunge für eine gewisse Zeit übernehmen. Allerdings führt diese Therapieform auch zu möglichen Komplikationen, wie Blutungen oder Beinischämien, einer plötzlichen Unterbrechung der Blutversorgung im Bein, durch die großen verwendeten Kanülen.
Herzspezialist Prof. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig, HELIOS Stiftungsprofessor an der Universität Leipzig und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, hat nun eine große klinische Studie durchgeführt, an der insgesamt 420 Patienten an 44 Zentren in Deutschland und Slowenien teilgenommen haben. Bei Patienten mit akutem Herzinfarkt und anschließendem kardiogenen Schock wurde die VA-ECMO-Therapie plus der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation mit der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation alleine verglichen.
30-Tage-Sterblichkeit
„Die VA-ECMO senkt entgegen unserer Studienhypothese die 30-Tage-Sterblichkeit nicht. Im Gegensatz zur Standardtherapie war die Sterblichkeit mit 47,8 % versus 49 % statistisch nicht signifikant unterschiedlich. Die VA-ECMO Gruppe hatte sogar mehr Komplikationen wie schwere Blutungen oder Beinischämien. Wir müssen also umdenken und die durch die mechanischen Systeme induzierten Blutungen als auch den zusätzlichen Inflammationsreiz reduzieren. Vermutlich ist weniger mehr im kardiogenen Schock“, erklärt Prof. Thiele die Hauptergebnisse der Studie. Die Resultate konnten zusätzlich mit einer patientenbasierten Metaanalyse bestätigt werden, die die Ergebnisse aller bisherigen vier Studien zur mechanischen Herz-Kreislauf-Unterstützung mit VA-ECMO versus Kontrolltherapie verglichen hat. Auch hier zeigte sich kein Überlebensvorteil durch die VA-ECMO bei gleichzeitig mehr Komplikationen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass wir die Häufigkeit der Therapie mit VA-ECMOs in Deutschland und international reduzieren müssen. Das werden die zukünftigen Leitlinien sicherlich auch bald aufgreifen und die Therapie mit aktiven mechanischen Herz-Kreislaufunterstützungssystemen in der Empfehlung herabstufen beziehungsweise sogar generell in der Routine nicht mehr empfehlen“, sagt Prof. Thiele. Der Herzspezialist plant noch viele Folgestudien, unter anderem eine einjährige Nachbetrachtung, um gegebenenfalls Unterschiede im längeren zeitlichen Verlauf zu erkennen. „Auch weiterhin ist es unser Ziel, die sehr hohe Sterblichkeit im kardiogenen Schock zu senken. Das können wir nur durch innovative Studien zeigen“, so Prof. Thiele.