SGLT2-Hemmer stärken das Herz durch verbesserten Eisenstoffwechsel
30.10.2023 - Eine Post-hoc-Analyse der EMPA-TROPISM-Studie zeigt, dass die positiven Auswirkungen einer Empagliflozin-Behandlung bei Herzinsuffizienz-Patienten mit Effekten des SGLT2-Hemmers auf den Eisenmetabolismus zusammenhängen könnten.
Jeder zweite Mensch mit einer chronischen Herzinsuffizienz weist einen Eisenmangel auf, auch deshalb, weil sie weniger Eisen aus der Nahrung über den Darm aufnehmen. Bei einer akuten Herzinsuffizienz leiden sogar bis zu 80 % der Erkrankten unter einem Mangel an diesem lebenswichtigen Spurenelement, das für die Energieproduktion der Zellen, für die Blutbildung und die Sauerstoffversorgung von entscheidender Bedeutung ist. Während Eisenmangel schon bei Gesunden die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität mindert, kann er bei Herzinsuffizienz zudem das Risiko für Krankenhauseinweisungen erhöhen und die Prognose verschlechtern. Deshalb empfiehlt die Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC), bei Herzinsuffizienz regelmäßig den Eisenstatus zu überprüfen und gegebenenfalls Eisen intravenös zu supplementieren.
Allzweckwaffe SGLT-2-Hemmer
Sodium-Glukose-Transporter 2 (SGLT-2)-Hemmer scheinen auch Effekte auf den Eisenstoffwechsel zu haben. Die als neue Wunderwaffe gehandelten, auch Gliflozine genannten Medikamente wirken bei Diabetes mellitus und Niereninsuffizienz, reduzieren zudem hoch signifikant das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz, Klinikeinweisungen oder frühzeitigen Tod. Die zugrundeliegenden Wirkmechanismen sind noch unvollständig verstanden.
Wie wirkt sich Empagliflozin auf den Eisengehalt im Myokardgewebe aus?
Prof. Dr. Christiane Angermann vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) am Uniklinikum Würzburg (UKW) ist nun mit einem internationalen Team bei der Entschlüsselung der Wirkmechanismen dieser Substanzklasse einen entscheidenden Schritt weitergekommen. In der im Fachjournal Nature Cardiovascular Research publizierten Studie EMPATROPISM-FE, einer Post-hoc-Analyse der randomisierten und kontrollierten EMPA-TROPISM-Studie, identifizierten die Wissenschaftler Effekte auf den Eisenstoffwechsel als möglichen Mechanismus für Verbesserungen der Struktur und Funktion des Herzens bei nicht-diabetischen Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz.
„In jüngerer Zeit wurden komplexe Proteom-Verschiebungen durch SGLT2-Inhibitoren unter anderem hinsichtlich der Eisenregulation aufgedeckt. Weiter war sehr auffällig, dass sich diese Medikamente auf die Funktion vieler Organe, aber zum Beispiel auch auf die Bildung roter Blutkörperchen positiv auswirkten, und zudem Labormarker des Eisenstoffwechsels im Blut veränderten. Bemerkenswert fanden wir auch, dass Effekte von SGLT2-Inhibitoren schon sehr rasch, nämlich innerhalb von zwei Wochen zu beobachten waren. Unabhängig von der SGLT2-Inhibitor-Forschung deuteten schließlich neue Studien darauf hin, dass ein insuffizienter Herzmuskel vermindert Eisen aufnimmt und nutzt, mit gravierenden Auswirkungen auf seinen Energiehaushalt. Vor diesem Hintergrund wollten wir herausfinden, ob die Therapie mit einem SGLT2-Inhibitor wie Empagliflozin hier möglicherweise gleichsam einen Schalter umlegt, so dass die Zellen plötzlich wieder in der Lage sind, mehr Eisen aufzunehmen und zu nutzen“, erklärt Christiane Angermann die Hintergründe der Substudie EMPATROPISM-FE.
Sättigung des myokardialen Eisengehalts korreliert mit Herzleistung
In der EMPATROPISM-Studie wurde bereits gezeigt, dass der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin den Herzinsuffizienz-bedingten kardialen Umbau teilweise wieder rückgängig machen kann. Die Größe und Masse der erweiterten linken Herzkammer nahm im Vergleich zur Placebo-Gruppe signifikant ab, während die linkventrikuläre Ejektionsfraktion, also die Menge des pro Herzschlag ausgeworfenen Blutes, und die körperliche Leistungsfähigkeit bei Belastung entsprechend zunahmen.
In der EMPATROPISM-FE Studie hat das DZHI gemeinsam mit Tanja Zeller, Prof. für Genomik und Systembiologie vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Kollegen des Cardiovascular Institute, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, an Biomaterialien und kardialen Magnetresonanztomogrammen von 80 der 84 Studienteilnehmenden untersucht, in wieweit diese Behandlungseffekte mit dem Eisenstoffwechsel zusammenhängen. Durchgeführt wurden dazu Analysen des Eisengehaltes im Herzmuskel, der Biomarker des Eisenstoffwechsels im Plasma sowie des roten Blutbildes.
Dabei stellte sich zunächst heraus, dass die meisten Teilnehmenden bereits bei Studienbeginn erniedrigte Eisenwerte hatten, ein Eisenersatz war aber in keinem Fall erfolgt. Der mittels kardialer Magnetresonanztomographie gemessene Eisengehalt im Herzmuskel stieg trotzdem unter der Behandlung mit Empagliflozin signifikant an, nicht aber unter Placebo. Die Änderungen der T2-Relaxationszeiten innerhalb von sechs Monaten korrelierten dabei signifikant mit den Veränderungen der Volumina, der Muskelmasse und der Auswurffraktion der linken Herzkammer, des maximalen Sauerstoffverbrauchs unter Belastung und der 6-Minuten-Gehstrecke. Und auch die Laborwerte zeigten nach der Empagliflozin-Therapie eine vermehrte Nutzung von Eisen in den Körpergeweben, zum Beispiel im Herzmuskel, und bei der gesteigerten Neubildung von roten Blutkörperchen.
Alle Befunde sprachen dafür, dass ein höherer Eisengehalt und eine bessere Eisennutzung im Herzmuskel unter einer SGLT2-Inhibitortherapie die günstigen klinischen Effekte von SGLT2-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz erklären könnten.
Gibt es weitere günstige Effekte der SGLT2-Inhibitoren, die mit Eisenstoffwechsel zusammenhängen?
„Unsere Studienergebnisse legen nahe, dass sogar bei Eisenmangel durch die Therapie mit Empagliflozin fehlendes Eisen im Herzmuskel ergänzt und metabolisch genutzt werden kann, dass die kardiale Struktur und Funktion sich verbessern und dass die Blutbildung zunimmt, wobei sich jedoch die Eisenspeicher weiter entleeren. Das bedeutet, dass es auch eine mögliche Synergie zwischen SGLT2-Inhibitoren und Eisenersatztherapie geben könnte,“ sagt Christiane Angermann. „Ob andere günstige Effekte der SGLT2-Inhibitoren, zum Beispiel auf die Nierenfunktion, ebenfalls zumindest teilweise mit dem Eisenstoffwechsel zusammenhängen, oder ob die Eisenaufnahme über den Darm durch Empagliflozin verbessert wird, bleibt zu klären. EMPATROPISM-FE war keine große Studie, und wurde zudem post-hoc geplant. Sie diente vor allem dazu, Hypothesen zu generieren, die nun durch größere prospektive Studien weiter geprüft und bestätigt werden müssen.“
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