Medizin & Technik

EU-Schlaganfall-Studie in Österreich

07.11.2023 - Patienten mit schwerem Schlaganfall profitieren von einer kombinierten Behandlung mit Medikamenten und der Katheter gesteuerten Entfernung des Blutgerinnsels direkt aus dem Gehirn.

Das bewies die großangelegte TENSION-Studie, deren Ergebnisse in The Lancet publiziert wurden. Elke Gizewski, Leiterin der Universitätskliniken für Radiologie und Neuroradiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, zeichnete gemeinsam mit dem Schlaganfall Team der Universitätsklinik für Neurologie für das Projekt in Österreich verantwortlich.

Radiologen sitzen den lieben langen Tag im dunklen Kämmerlein und schauen sich Bilder an? Weit gefehlt. Die Initiatoren des 12. Internationalen Tags der Radiologie holen am 8. November die Vielfalt des Fachs vor den Vorhang – und wirken damit dem weit verbreiteten Irrglauben entgegen. Das Anliegen unterstützt auch Elke Gizewski, Leiterin der Univ.-Kliniken für Radiologie und Neuroradiologie mit ihrem Team, zumal Radiologen in den Innsbrucker Operationssälen eine sehr bedeutsame Rolle spielen.

Ein Beispiel ist die im Fachjournal The Lancet veröffentlichte TENSION-Schlaganfallstudie, an der 40 Zentren in acht europäischen Ländern und Kanada teilgenommen hatten. Gizewski übernahm dabei gemeinsam mit Neurologie-Direktor Stefan Kiechl und Michael Knoflach, dem ärztlichen Leiter der Innsbrucker Schlaganfall-Einheit, die Federführung für das Erfolgsprojekt in Österreich.

Tiroler Schlaganfallpfad

Dank der Etablierung und stetigen Weiterentwicklung des internationalen Vorzeigemodells „Tiroler Schlaganfallpfad“ konnte die Versorgung von Patienten in den vergangenen fast 15 Jahren deutlich verbessert werden. Anteil daran hat die Radiologie, die von der Diagnostik mit Computertomografie und Angiografie bis zur Akutbehandlung mittels Thrombektomie in die Versorgung involviert ist. Um die Thrombektomie, die über lange Zeit als experimentelles, interventionelles Verfahren galt und deren Effektivität seit 2015 durch fünf große Studien untermauert wurde, drehte sich nun auch das EU-geförderte TENSION-Projekt.

„Bei der Thrombektomie bringen wir mit einem Spezialkatheter von der Leiste ausgehend einen Stent an der Stelle des Gehirns ein, wo das Gerinnsel sitzt. Mit einer Saugvorrichtung wird das Blutgerinnsel dann zusammen mit dem Stent herausgezogen. Das Ganze passiert unter Röntgenkontrolle und bedarf viel Erfahrung“, erklärt Gizewski den sensiblen Vorgang. Vor 2015 wurde eine Thrombektomie standardmäßig meist nur durchgeführt, wenn eine Thrombolyse bei den jeweiligen Patienten nicht durchgeführt werden konnte. Die großen Studien 2015 konnten zeigen, dass Patienten im frühen Stadium sehr von der Thrombektomie profitieren. Im Zuge der TENSION-Studie untersuchten die ExpertInnen nun die Effektivität der Thrombektomie bei Schlaganfall-Patienten, deren Gehirn schon schwer geschädigt war.

„Bei einem Schlaganfall zählen einerseits Zeit und andererseits die noch verbliebene Sauerstoffversorgung des Gehirns, welche bei den Patienten unterschiedlich ausfällt. Kollaterale (Gefäß-Querverbindungen) können die Durchblutung noch einige Zeit aufrechterhalten. Je weniger solcher Kollateralen vorhanden sind, desto weniger Zeit hat man. Doch auch wenn schon Gewebe untergegangen ist, kann man noch etwas retten, wenn man thrombektomiert. Das konnten wir jetzt mit der TENSION-Studie zeigen“, berichtet Gizewski. Viele der Patienten könnten trotz der bedrohlichen Ausgangssituation jetzt wieder ein eigenständiges Leben führen. Nachdem sich der Erfolg der Katheter-Behandlung (insgesamt 125 Patienten) in der randomisierten Studie im Vergleich zur besten konservativen medizinischen Behandlung (128 Patienten) schnell gezeigt hatte, wurde die Studie frühzeitig beendet.

Von der gesamten Patientengruppe (253 Personen) konnten in Innsbruck lediglich fünf in die Studie eingeschlossen werden, zwei wurden im Rahmen der doppelblind randomisierten Studie thrombektomiert. „Das ist ein Qualitätsmerkmal. Dank des Tiroler Schlaganfallpfads kommen die Patienten sehr früh zu uns, sodass wir allgemein weniger schwere Fälle haben.“

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