Brustkrebstherapie: Hochschule Hamm-Lippstadt erhält Patent für Entwicklung von neuartigem Lagerungssystem
25.06.2024 - Forschenden der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) ist es gelungen, mit dem Projekt „X-Akt Mamma RTX“ ein innovatives Patientinnenlagerungssystem für die Behandlung von Brustkrebs zu entwickeln, welches eine besonders schonende und präzise Bestrahlung ermöglicht. Dafür haben sie jetzt ein Patent erhalten.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Eine von acht Frauen erkrankt in ihrem Leben daran, drei von zehn Betroffenen sind jünger als 55 Jahre. Die Strahlentherapie mithilfe von Linearbeschleunigern, die die Zellen im Tumorgewebe mit Elektronen oder Photonen bestrahlen, ist seit Jahren eine der empfohlenen Therapien. Doch diese Behandlung muss aufwendig geplant und äußerst exakt durchgeführt werden, um Strahlungsschäden zu vermeiden. Um diesen Schutz zu verbessern, kommt das Lagerungssystem „X-Akt Mamma RTX“ ins Spiel.
„Der aktuelle Ansatz in der Strahlentherapie hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert und wir sehen Optimierungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Schonung von Risikoorganen und umliegendem Normalgewebe“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Trzewik, Lehrgebiet „Medizintechnik“ und Teil des Forschungsteams. Denn trotz der zahlreichen technologischen Fortschritte in der Strahlentherapie wäre besonders der Aspekt der Patient*innenlagerung weitgehend vernachlässigt worden. Die Folge: das Risiko von Schädigungen von Herz und Lunge, was zu schwerwiegenden Komplikationen wie Herzinfarkten und dem Teilfunktionsverlust der Lunge führen kann.
Die Innovation von „X-Akt Mamma RTX“ besteht in der Entwicklung eines neuartigen Lagerungssystems, dass die anatomische Lage der Brust während der Behandlung aktiv beeinflusst. „Bereits existierende Bauchlagerungssysteme für die Bestrahlung von Brustkrebs versuchen diese Problematiken in ähnlicher Weise zu lösen, weisen jedoch einige Probleme auf“, sagt Projektinitiator Christopher Stegmann, HSHL-Absolvent und Lehrbeauftragter an der Hochschule für das Fach „Grundkurs Strahlenschutz“ sowie langjähriger Medizinphysik-Experte am Medizinischen Versorgungszentrum Aurich.
„Teilweise muss ein neuer Bestrahlungstisch, beziehungsweise ein neuer Aufsatz angeschafft werden, was mit hohen Kosten verbunden ist und nicht zusätzlich abgerechnet werden kann“, erörtert Stegmann, der sich aktuell auch in einer kooperativen Promotion mit der HSHL befindet. Andere Systeme hingegen werden nur auf dem Bestrahlungstisch selbst angebracht, so dass für die Behandlung durch den Bestrahlungstisch hindurch bestrahlt werden muss. „Eine adäquate Lagerung kann somit nicht mehr gewährleistet werden, da die Patientin während der Sitzung mit dem Bestrahlungstisch bewegt werden muss,“ so Stegmann.
Durch seine umfassenden Erfahrungen in der Strahlentherapie wurde die Idee zum Projekt und Patent geboren. „Unser System ermöglicht, dass die Brust durch eine spezielle Apparatur und die natürliche Erdanziehungskraft in eine Position zu bringen, die die Risikoorgane maximal schont“, erklärt er.
Durch das neue System kann die Brust möglichst weit entfernt vom Oberkörper positioniert und somit der Abstand zu den Risikoorganen erhöht werden. Das ermöglicht eine präzisere Bestrahlung des betroffenen Gewebes. „Durch die Integration des Systems in herkömmliche Computertomographen wird zudem die Genauigkeit der Bestrahlungsplanung verbessert, da vollständige und präzise anatomische Daten zur Verfügung stehen“, so HSHL-Professor Trzewik.
Die nächsten Schritte für dieses Projekt sollen sich auf die Markteinführung und die praktische Implementierung des neuen Lagerungssystems konzentrieren. Zunächst wird „X-Akt Mamma RTX“ weiterentwickelt und in klinischen Studien getestet, um umfangreiche Daten zu sammeln und das System unter realen Bedingungen zu evaluieren. „Langfristig wird angestrebt, das Lagerungssystem international zu verbreiten und Partnerschaften mit führenden Herstellern von Strahlentherapiegeräten einzugehen, um die Integration in bestehende Behandlungsplattformen zu erleichtern“, erläutert Prof. Trzewik.