Aus den Kliniken

Neues Arbeiten in der Pflege

29.07.2024 - Alles neu: auch Krankenhausstationen und Pflegeteams denken um.

Der Fachkräftemangel bedroht zunehmend die Gesundheitsversorgung. Wie können Pflegeberufe attraktiver werden? Können Krankenhausstationen und Pflegeteams auch ohne klassische Leitungen funktionieren und damit effizienter werden sowie motivierter arbeiten? Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fördert dazu ein Projekt des Gesundheitscampus Osnabrück, der in Trägerschaft von Hochschule und Universität Wissenschaft und Praxis vernetzt. Unter dem Namen „Focus Future Skills“ bildet er mit regionalen Beteiligten wie den Niels-Stensen-Kliniken, der Akademie des Klinikums Osnabrück, der Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde sowie der Diakonie und dem Caritasverband Osnabrück gemeinsam den „Weiterbildungsverbund Gesundheit“.

Der Caritas-Pflegedienst Melle am Standort Wellingholzhausen hat etwa ein bundesweit beachtetes Vorreiterprojekt "Pflegenachbarn" auf den Weg gebracht, das er gemeinsam mit anderen Vorreitern für neues Arbeiten (New Work) und neues Lernen (News Learning) bei einer Veranstaltung des Gesundheitscampus Osnabrück im Coppenrath Innovation Center (CIC) vorstellte. Zudem entstand im Rahmen des Projekts „Focus Future Skills“ eine mehrteilige Podcastreihe mit Pflegewissenschaftler Christian Köbke und der New Work-Expertin Katharina Lutermann.

Die Serie wurde nun mit einem Beitrag über die Veranstaltung im CIC abgeschlossen (https://open.spotify.com/episode/0VWu0gt4RpvggbnOoHHKA2). Darin erläutert Dierk Tietz, der das Meller Projekt gemeinsam mit seinem Team und Martin Schnellhammer (Living Lab) maßgeblich vorangetrieben hat: „Wir haben in Melle mit autonom geführten Pflegeteams einen Sprung ins kalte Wasser gewagt. Wir sind überzeugt, dass viele Entscheidungen und Aufgaben von Mitarbeitenden genauso realisiert werden können wie von Führungspersonal.“ Dazu gebe es autonome Kleinteams. Die Teams organisierten sich beispielsweise bei den Dienst-, Touren-, Urlaubs- und Vertretungsplänen inzwischen selbstständig. Der Pflegedienst hat insgesamt 150 Mitarbeitende und rund 450 zu Pflegende in den Bereichen Melle und Bad Rothenfelde.

Ebenso wie im ambulanten Pflegedienst gibt es z. B. beim Klinikum Aschaffenburg-Alzenau keine Stationsleitung mehr: Johanna Stecher und Nadja Nardini, Klinikum Aschaffenburg-Alzenau, berichteten über ihr Projekt „Meine Station“, ein Pilotprojekt für selbstorganisierte Zusammenarbeit im Krankenhaus. Hier wird die Zusammenarbeit aller Mitarbeitenden neu gedacht: berufsgruppen- und hierarchieübergreifend. Im Gegensatz zu klassisch aufgebauten Stationen gestaltet das Stationsteam die Arbeitsbedingungen überwiegend selbst, trifft gemeinsame Entscheidungen und kann so die eigenen Bedürfnisse bestmöglich in den Arbeitsalltag integrieren. Auf „Meine Station“ gibt es beispielsweise keine klassische Stationsleitung mehr, die für administrative Aufgaben wie zum Beispiel Dienst- und Urlaubsplanung oder Materialbestellung zuständig ist, stattdessen werden sämtliche Aufgaben einer Stationsleitung auf verschiedene Teammitglieder verteilt. Für das Stationsprojekt hat sich ein komplett neues Team aus hausinternen und externen Bewerbenden zusammengefunden. In einer viermonatigen Vorbereitungs- und Teamfindungsphase erhielten die Mitarbeitenden eine Ausbildung von Experten für Organisationsentwicklung in rollen- und spannungsbasiertem Arbeiten, gewaltfreier Kommunikation und weiteren Methoden der Selbstorganisation. Neu ist hier auch, dass die Patienten aktiv in ihren Behandlungs- und Heilungsprozess einbezogen werden. So gibt es beispielsweise keine Visite mehr. Stattdessen findet eine Visitensprechstunde statt, die die Patienten aktiv besuchen. Auch wird das Essen nicht mehr regulär am Bett serviert, sondern die Patienten haben die Möglichkeit, gemeinsamen im Bistro zu essen. Der Impuls hinter diesen Veränderungen ist, die Patienten so bald wie möglich aktiv an ihrem Heilungsprozess zu beteiligen und sie möglichst gut auf die neue Situation nach der OP im häuslichen Umfeld vorzubereiten. 

Pflegedirektor Nikolaus Düppengießer macht am Cellitinnen-Krankenhaus St. Franziskus Köln ähnliche Erfahrungen. Er sagte in seinem Workshop zum Thema New Leadership: New Work brauche auch Führungspersonal, das sei aber in erster Linie Coach und Moderator, das Verantwortung abgeben könne.

Auch bei den anderen vorgestellten Leuchttürmen ging es darum, bedürfnisorientierte Probleme im Arbeitsalltag zu identifizieren und diese gemeinsam mit den Mitarbeitenden in kleinen Schritten anzugehen. Ziel sei dabei immer ein Arbeiten, das vom Menschen her gedacht werde und Mitarbeitende stärke.

Bei der Veranstaltung im CIC gab es u. a. folgende Beiträge und Programmpunkte: Keynotes „New Work und New Learning“ von Vera Starker (Starker Consulting) und Bettina Jung sowie Workshops und verschiedene Themeninseln mit sogenannten Learning Nuggets zu den Themen Co-Creation als Innovationsmotor in der Gesundheitswirtschaft (Lars Brendler, tête de la course), Fundiert entscheiden ohne Chef (Nicolas Düppengießer, Cellitinnen-Krankenhaus St. Franziskus), Selbstorganisation - Veränderung von innen heraus (Johanna Stecher und Nadja Nardini, Klinikum Aschaffenburg Alzenau), Von Startups lernen (Katharina Lutermann, tête de la course), New Work oder Old School - vielfältige Herausforderungen in der ambulanten Pflege (Dierk Tietz, Caritas-Pflegezentrum Melle – Wellingholzhausen), Digitalisierungspotenziale in kleinen und mittleren Unternehmen (GewiNet), Peer Learning (Bettina Jung und Constanze Zeller), Learning Leadership (Patricia Wohner, PIP-Coaching), Diversity als Ansatz für eine diskriminierungskritische Praxis (Tinka Greve) und als weitere Keynote „Purpose im Gesundheitswesen“ (Prof. Felix Hoffmann, Purpose:Health).

Die Teilnehmer der Veranstaltung fühlten sich bereichert. Eine stellvertretende Stationsleiterin vom Franziskus-Hospital Harderberg sagte, es sei gut, Mitarbeitende viel mehr einzubeziehen - auch mit ihren Ideen. Da sei ganz viel Kreativität möglich.

Vom Organisationsteam betonten Christin Lüttmann und Marieke Prien, dass die Veranstaltung sehr gut angenommen worden sei, sodass überlegt werde, wie das Veranstaltungsformat  weitergeführt werden könne.

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