Lehren aus der Corona-Pandemie
07.02.2025 - Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und ihr Partnerverband, der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) setzen sich für Digitalisierung und starke Infrastrukturen ein.
Der Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland jährt sich in diesen Tagen zum fünften Mal. Damals standen Ärztinnen und Ärzte der Anästhesiologie und Intensivmedizin an vorderster Front, um Menschenleben zu retten – unter beispiellosen Belastungen und Herausforderungen. Die Pandemie habe nicht nur die immense Bedeutung des Fachgebietes für die Gesellschaft verdeutlicht, sondern auch gezeigt, wie wichtig innovative Ansätze und strukturelle Rahmenbedingungen für die zukünftige Patientenversorgung sind, betonen die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und ihr Partnerverband, der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA).
Vor diesem Hintergrund betont DGAI-Präsident Prof. Dr. Gernot Marx: „Die Resilienz unseres Gesundheitssystems kann nur durch eine starke Infrastruktur und die konsequente Integration innovativer Technologien gewährleistet werden.“
DGAI und BDA fordern daher die politischen Entscheidungsträger auf, mit den Akteuren der Gesundheitsversorgung in den Dialog zu treten und gemeinsam zu reflektieren: Sind wir wirklich gut auf zukünftige gesundheitliche Notstände vorbereitet? „Sei es eine weitere Pandemie oder andere Krisen, wir müssen sicherstellen, dass unser System widerstandsfähig bleibt“, fordert Prof. Marx. „Unter dem Oberbegriff ‚catastrophic responsiveness‘ sollten wir gemeinsam evaluieren, wie gut wir auf die Herausforderungen einer Krise vorbereitet sind – sei es bei der Vorratshaltung von Materialien, der medizinischen Infrastruktur oder bei der Ausstattung mit Personal “, erklärt der DGAI-Präsident.
Digitalisierungsschub ist notwendig
Ein zentraler Bestandteil dieser Vorbereitung sei die Digitalisierung des Gesundheitssystems. „Bereits heute erheben wir große Mengen an Patientendaten, etwa in der perioperativen Versorgung sowie in der Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin. Diese Daten bieten enorme Potenziale für Forschung und Innovation“, betont Prof. Marx. Doch die digitale Transformation des Gesundheitswesens müsse weiter vorangetrieben werden, um das volle Potenzial auszuschöpfen. „Um den gesamten Gesundheitsbereich zukunftsfähig zu machen, ist ein Digitalisierungsschub notwendig.“
Neue digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz, Digital Twins und Telemedizin eröffnen dabei völlig neue Möglichkeiten. Diese Technologien ermöglichen eine verbesserte Vernetzung und den Austausch von Expertise und Daten in allen Bereichen der Patientenversorgung und haben das Potenzial, die Versorgung kontinuierlich zu verbessern und die Basis für eine personalisierte Medizin zu schaffen.
Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Einführung intensivmedizinischer Zentren, bei der auch die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle gespielt hat, zeigt hierbei bereits vielversprechende Ansätze. Ein zentraler Bestandteil dieser Zentren ist die Nutzung von Telemedizin, die es ermöglicht, intensivmedizinische Expertise und spezialisierte Kompetenzen standortübergreifend bereitzustellen. Studien belegen, dass regelmäßige Televisiten nicht nur die Prozessqualität steigern, sondern auch die Sterblichkeit auf Intensivstationen senken können.
In Anbetracht der Krisenfestigkeit gelte es nun, diese Entwicklungen konsequent auszubauen, um auch in Zukunft eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung von Patienten sicherzustellen. Dafür benötigen die Kliniken dringend finanzielle und strukturelle Unterstützung seitens der Politik, da der Aufbau einer flächendeckenden telemedizinischen Infrastruktur erhebliche Investitionen erfordert und eine Standardisierung in der Versorgung längst nicht erreicht ist. „Wir müssen die Integration telemedizinischer Lösungen in den klinischen Alltag beschleunigen, um die Potenziale vollständig auszuschöpfen“, fordert der DGAI-Präsident.
Anästhesiologie als Schlüsselposition nicht ausreichend berücksichtigt
Die langfristige Sicherstellung einer hochwertigen Patientenversorgung erfordert nicht nur technologische Fortschritte, sondern auch stabile finanzielle Rahmenbedingungen. An genau diesem Punkt sieht der Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e.V. (BDA) weiterhin dringenden Handlungsbedarf. „Für die Anästhesiologie, die als unverzichtbares Schnittstellenfach der stationären Versorgung eine zentrale Rolle spielt, ist eine nachhaltige finanzielle Absicherung unerlässlich. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) berücksichtigt diese Schlüsselposition bislang völlig unzureichend, zudem sind u.a. die Ausgestaltung der Leistungsgruppen, die Umsetzung der Hybrid-DRG sowie die Finanzierung der Weiterbildung nicht geklärt“, kritisiert BDA-Präsidentin Prof. Dr. Grietje Beck.
Im fünften Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie sei es von entscheidender Bedeutung, „dass wir aus den Erfahrungen der Pandemie lernen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft ziehen“, fordert sie. Die Anästhesiologie und Intensivmedizin habe in dieser Krise einen unverzichtbaren Beitrag geleistet. Daher müsse das Fachgebiet von Seiten der Politik unbedingt gehört und einbezogen werden. „Wir als DGAI und BDA stehen für einen Dialog mit den politischen Vertretern gern bereit.“
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