Gesundheitsökonomie

Börse, Gewinne … Krankenhaus

25.03.2010 -

In der öffentlichen Meinung klingen „Profite im Gesundheitswesen" nach gierigem Gewinne-Machen, nach unnötigen Angeboten an Zusatzleistungen, nach Ausnehmen von Selbstzahlern. Entspricht das der Wirklichkeit? Ist es nicht vielmehr so, dass alternative Finanzierungsmodelle eine hochwertige Gesundheitsversorgung unterstützen können. Und das dient letztendlich dem Patienten. Susan Röse sprach hierüber mit Kennern der Gesundheitswirtschaft, mit erfolgreichen Managern. Ihre Ansprechpartner sind Senator Dietrich Wersich, Senator für Gesundheit und Soziales in Hamburg, Dr. Axel Paeger, Vorsitzender des Vorstandes der AMEOS Gruppe, Zürich, und Dr. Ulrich Wandschneider, Vorstandsvorsitzender der MediClin.

Passen Ouartalswirtschaft und Profit zum Gesundheitswesen?

Dietrich Wersich:
Wichtig ist, was „hinten rauskommt": die Qualität der Versorgung. Es gibt gute und schlechtere private Häuser, das Gleiche gilt aber auch für freigemeinnützige und öffentliche Träger. Die Erfahrungen aus 60 Jahren sozialer Marktwirtschaft zeigen, dass Vielfalt und Wettbewerb in einem Markt für den Bürger die besseren Ergebnisse gebracht haben als Staatswirtschaft.
Auch Krankenhäuser müssen wirtschaftlich arbeiten, es kann nicht die dauerhafte Aufgabe der öffentlichen Hand sein, neben den Vergütungen auch Verlustausgleiche zu tragen. Durch Privatisierungen ist es auch zur Sanierung von bis dato öffentlichen Häusern gekommen. Zu einer guten medizinischen Versorgung ist es deshalb nicht notwendig, dass die Krankenhäuser in staatlicher Hand sind oder bleiben. Aber wir brauchen - unabhängig von der Trägerschaft - einen starken Staat, der die Rahmenregelungen im Markt gegenüber allen Teilnehmern durchsetzt und die Patientinnen und Patienten, die nicht immer „mündige Verbraucher" sind, wirksam schützt.

Axel Paeger: Eine Notierung an der Börse bringt für ein Gesundheitsunternehmen keinen Mehrwert. Dazu führe ich die Null-Hypothese an. Diese besagt, dass es keine Vorteile gibt, Nachteile sind dagegen vorhanden, da die Notierung mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist. Ein weiteres Fazit ist, dass der Einsatz von Kapital immer mit Kosten verbunden ist. Auch ein öffentliches Krankenhaus hat einen Kapitaleinsatz.
Würde aber der Eigentümer, die Stadt oder der Kreis, das Krankenhaus veräußern, so entstünde ein Veräußerungsgewinn mit dem dann im öffentlichen Haushalt die Höhe der Schulden reduziert werden könnte. Das bedeutet konkret, die öffentliche Hand würde weniger Zinsen innerhalb des öffentlichen Haushaltes aufbringen müssen, und der Steuerzahler wäre entlastet.
Der Unterschied zwischen privater und öffentlicher Trägerschaft besteht darin, dass im Fall der privaten Trägerschaft die Kapitalkosten aus der Gewinn- und Verlustrechnung heraus abgedeckt werden, während sie bei einem öffentlichen Träger eines Krankenhauses von Externen, also vom Steuerzahler abgedeckt werden. Im heutigen Umfeld muss ein Krankenhaus Gewinne machen, egal ob es öffentlich, privat oder freigemeinnützig ist.

Ulrich Wandschneider: Börsennotierte Unternehmen unterliegen strengen Regeln bei der Veröffentlichung von Zahlen und Fakten, und das erhöht die Transparenz. Transparenz wiederum schafft Vertrauen in die Leistung eines Unternehmens. Dies gilt insbesondere in einem Sektor, in dem es um Menschen geht und um deren Gesundheit. Die MediClin präsentiert sich daher transparenter als viele Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft.
Kostenmanagement, Risikomanagement und Benchmarking sind bei einer börsennotierten Gesellschaft immanent und tragen zur Stabilität des Unternehmens bei. Negative Auswirkungen sehe ich da keine. Im Gegenteil, ein solches Verhalten fördert das Image eines Unternehmens und unterstützt damit auch die vertrauensbildenden Maßnahmen in anderen Bereichen, wie in die medizinische Qualität.
Die Aussage, dass „auf Kosten der Gesundheit Gewinne gemacht werden", ist schlichtweg eine Unterstellung. Gewinne werden dort erzielt, wo die Nachfrage auf eine Angebot trifft, das so viel wert ist, dass dafür auch gutes Geld bezahlt wird. Dabei muss gelten, dass Qualität sich auszahlt - ohne Gewinne kann weder in die medizinische Entwicklung noch in Gebäude investiert werden.

Wie sehen Sie die Entwicklung in den kommenden Jahren?

Wersich:
Wir können die Entwicklungen in der Gesundheitswirtschaft insgesamt nutzen, um von den Möglichkeiten einer überproportional wachsenden und innovativen Branche zu profitieren. Dies gilt für die bessere Gesundheitsversorgung für die Menschen genauso wie für den Arbeitsmarkt Gesundheitswesen.
Hamburg hat als dynamische und mit Weitsicht wachsende Stadt auch in der Gesundheitsversorgung bereits eine gute Basis für die Menschen in der Stadt wie auch in der Metropolregion geschaffen. Bei den Krankenhausinvestitionen z.B. nehmen wir eine bundesweit führende Rolle ein. Auf diese gute Basis bauen wir auch mit der neuen Strategie zur Gesundheitswirtschaft in Hamburg auf.
Aber natürlich müssen auch die Krankenhäuser ihren Teil beitragen. Sie werden sich in Zukunft noch stärker um die Patientenorientierung und Kundenpflege kümmern müssen. Dazu gibt es bereits viele gute Ansätze, wie z.B. die stärkere Ausrichtung zur Qualitätssicherung mit jährlichen Qualitätsberichten, ein modernes Beschwerdemanagement und die Einbeziehung der Patienteninteressen, z.B. durch die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen.

Paeger: Für die Zukunft sehen wir voraus, dass die monistische Finanzierung von Krankenhäusern sich durchsetzen wird. Sie bedeutet, dass die Erlöse von Krankenhäusern aus einer Hand kommen, nämlich von den Krankenkassen. Zurzeit gibt es im Krankenhausmarkt die sogenannte duale Finanzierung: Krankenhäuser bekommen die Mittel zur Abdeckung der Betriebskosten von den Krankenkassen gemäß Gesetz, die Mittel für die Abdeckung der Investitionen vom Staat, genauer gesagt von den Ländern.
Aus unserer Sicht ist diese duale Finanzierung nicht zukunftsfähig. Die monistische Finanzierung wird sich als bessere Alternative erweisen und wahrscheinlich auch irgendwann politisch durchsetzen. Die monistische Finanzierung bedeutet natürlich, dass jedes Krankenhaus Gewinne machen muss, um Mittel zu erwirtschaften, die es ermöglichen, anstehende Investitionen zu finanzieren.

Haben Krankenhäuser und Politik die Zeichen der Zeit erkannt?

Wersich:
Nicht alle, aber viele, ja. Ein Beispiel dafür sind die genannten Investitionsmittel in Hamburg, die in den letzten zehn Jahren gegen den Trend sogar noch gesteigert wurden. Denn ohne moderne bauliche Strukturen sind die Krankenhäuser nicht zukunfts- und wettbewerbsfähig. Wir wissen, dass hier zu sparen hieße, Innovationen für Patienten wie auch für die wirtschaftliche Entwicklung marktreifer Produkte zu behindern.
Aber auch die Krankenhäuser sind gefordert, Abläufe zu optimieren, effektiver zu gestalten und ausreichend Nachwuchs z.B. in der Pflege auszubilden. Und wir brauchen dringend eine Rückbesinnung auf den Patienten als steuerndes Element im Wettbewerb der Anbieter. Ein auf Service und Qualität ausgerichtetes System bekommen wir nur, wenn der Patient mit seiner Entscheidung, wo er sich behandeln lässt, auch gleichzeitig darüber entscheidet, wohin die Ressourcen fließen. Im derzeitigen Gesundheitswesen mit seinen vielen teils widersprüchlichen Regulierungen ist das nicht der Fall. Seine Macht als Kunde bekommt der Patient zurück, wenn nur tatsächlich erbrachte Leistungen nach definierten Preisen bezahlt werden. Auch aus diesem Grund brauchen wir so bald wie möglich die Fortsetzung der Honorarreform im ambulanten Bereich.

Wandschneider: Ich denke angesichts der neuen Tatsachen, wie ein hohes Defizit im Gesundheitswesen, Beitragserhöhung und leere öffentliche Kassen, muss schon über alternative Finanzierungsmethoden nachgedacht werden. Der Zugang zum Kapitalmarkt ist eine Möglichkeit, aber sicher nicht die einzige.
Wir, d.h. die MediClin haben die Zeichen der Zeit erkannt. Die konsequente Orientierung an der medizinisch-therapeutischen Qualität gepaart mit unternehmerischem Verhalten hat dazu geführt, dass wir in den letzten Jahren kontinuierlich den Umsatz steigern und die Ertragssituation verbessern konnten. Das unterstützt wiederum unser Bemühen, den Patienten eine sehr gute Versorgung anzubieten und unseren Mitarbeitern einen sicheren und attraktiven Arbeitsplatz.

Kontakt

AMEOS Gruppe

Bahnhofsplatz 14
8023 Zürich
Schweiz

+41 87 835 3366

MediClin AG

Parkstr. 41
77652 Offenburg
Deutschland

+49 781 488 0

Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz

Hamburger Str. 47
22083 Hamburg
Deutschland

+49 40 4286 33478

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