Gesundheitsökonomie

Der Verschwendung auf der Spur

Die SRH Kliniken setzen erfolgreich auf die Lean Hospital-Methode

11.03.2010 -

Belächelt und kritisiert wurde die Führungsspitze der SRH Kliniken GmbH, als sie begannen, Managementmethoden aus der Industrie in ihren Häusern umzusetzen. Doch erste Erfolge bestätigen sie darin, mutig ungewöhnliche Wege beschritten zu haben.

In puncto Steigerung der Produktivität hat die SRH Kliniken GmbH, Heidelberg, von der Automobilindustrie viel gelernt. Immerhin entwickelten sich Autohersteller Porsche dank Lean Management zu einem der produktivsten Unternehmen seiner Branche. „Primus im Klinikmarkt zu werden war nicht unser Ziel, als wir gemeinsam mit Porsche Consulting daran gingen, Lean Hospital - also dieselbe Methodik übertragen auf den Gesundheitssektor - einzuführen", so Prof. Klaus Hekking, Vorstandsvorsitzender der SRH Holding, einer unabhängigen Stiftung, die einen Unternehmensverbund mit einem jährlichem Umsatz von rund 600 Mio. € betreibt. Die Holding unterhält Bildungseinrichtungen, sechs Akutkrankenhäuser und eine Rehabilitationsklinik. Hekkings Ziel: Nicht Größe, sondern Stärke. Er will sein Unternehmen zu einem der produktivsten Klinikträger formen.

M&K: Ärzte und Krankenschwestern haben meist ein hohes Berufsethos. Bestens ausgebildet wollen sie erstklassige Arbeit leisten. Doch oft ist ihnen nicht klar, wie sie ihr Know-how in einer komplexen Organisation bestmöglich einsetzen können. Wie kann Lean Hospital Mitarbeitern hilfreich sein?

Klaus Hekking: Krankenhäuser sind traditionell nach berufsständischen Gesichtspunkten organisiert. Zwischen ärztlichen und pflegerischen Berufsgruppen und zwischen den einzelnen Fachabteilungen gibt es zu viele Schnittstellen. So geht der Blick fürs Ganze verloren. Lean Hospital denkt die Betriebsorganisation vom Patienten und den zur Verfügung stehenden Ressourcen her. Jeder an einem Prozess beteiligte Mitarbeiter sieht plötzlich seine Verantwortung für das Ergebnis und die Behandlungsqualität. Ein OP-Team erkennt z.B., dass zügiges Ein- und Ausschleusen den OP besser auslastet. Die Wartezeit für Patienten wird verringert, die Kosten sinken und dadurch entsteht Freiraum für Investitionen in neue Medizintechnik. Davon profitieren alle.

Lean Hospital ist ein Führungs- und Organisationskonzept, mit dessen Hilfe sich Verschwendung, Fehler und unnötige Kosten im Gesundheitssektor vermeiden lassen. Wie gehen Sie in den SRH Kliniken konkret vor?

Hekking: Alle Klinikträger drehen an den großen Schrauben wie Auslastung und Zentraleinkauf. Das tun wir natürlich auch. Aber dank Lean Hospital haben wir erkannt, dass darüber hinaus gerade in den alltäglichen Prozessabläufen im Krankenhaus Potenzial steckt. Es ist wie mit dem sprichwörtlichen Sand im Getriebe. Unnötige Wege und Wartezeiten, unklare Zuständigkeiten, die tägliche Verschwendung von Verbrauchsmaterial summieren sich zu einer deutlichen Verschlechterung der Produktivität. Darum analysieren wir grundlegende Prozesse mithilfe von Flussdiagrammen und hinterfragen immer wieder, warum etwas so und nicht anderes gemacht wird. Oft steckt nur die Haltung dahinter „Das haben wir immer schon so gemacht".
Dieses Denken durchbrechen wir mit neuen Organisationsformen. Im SRH Zentralklinikum Suhl z.B. bilden früher getrennte Fachabteilungen ein Herz-, Lungen-, Gefäßzentrum. Die Chefärzte teilen sich Betten, Personal und OP-Kapazitäten. Die Patienten müssen nicht mehr von Spezialist zu Spezialist laufen, sondern werden interdisziplinär behandelt. Und die Teamarbeit bringt schnellere und bessere Ergebnisse bei geringeren Kosten.

Bitte erläutern Sie, wie den „Zeitfressern" beizukommen ist. Arzt- und pflegefremde Tätigkeiten oder unorganisiertes Arbeiten sind bekanntermaßen Ärgernisse, unbefriedigend, kosten viel Geld und lassen die Wertschöpfung sinken.

Hekking: Zunächst müssen wir bei den Mitarbeitern das Verständnis dafür wecken, wie wertvoll die Ressource Arbeitszeit ist. Es ist erstaunlich, welche Aha-Effekte entstehen, wenn man den Arbeitsalltag mit der Stoppuhr und einem Wegprotokoll analysiert. Viele sind entsetzt, wie viel Arbeitszeit sie ohne böse Absicht für Unwichtiges verschwenden. Dabei geht es nicht darum, anspruchsvolle Tätigkeiten in Hetze zu erledigen.
Es geht darum, nicht-wertschöpfende Tätigkeiten zu vermeiden oder, falls das nicht möglich ist, zu delegieren. Wir haben in den SRH Kliniken Delegationsketten erstellt, die genau festschreiben, welche Berufsgruppe welche Tätigkeiten ausführt. Dabei gilt das Subsidiaritätsprinzip, d.h. eine Aufgabe wird nur dann einer höher qualifizierten Berufsgruppe zugeordnet, wenn dies zwingend erforderlich ist. Ein schlichtes Beispiel: Eine examinierte Krankenschwester darf sich nicht mit Kaffeekochen aufhalten.

Lean Hospital wird zurzeit in den SRH Kliniken eingeführt. In welchen Bereichen zeigen sich bereits messbare Erfolge?

Hekking: Wir haben viele Standardprozesse wie Patientenaufnahme oder Rüstzeiten deutlich beschleunigt. Wartezeiten für Patienten wurden z. T. spürbar verringert. Aber natürlich sind wir da längst nicht am Ziel. Lean Hospital ist keine einmalige Aktion, sondern ein fortwährender Prozess, ein Umdenken.
Ich gehe nach den bisherigen Erfahrungen davon aus, dass sich die Produktivität um etwa 20% steigern läßt. Wenn das in allen Krankenhäusern gelänge, wäre das ein Quantensprung für unser Gesundheitssystem. Produktivitätssteigerung wird oft mit dem Abbau von Arbeitsplätzen gleich gesetzt. Darum geht es aber nicht. Wir haben dort, wo es nötig war, auf der Grundlage von Personalbedarfsanalysen Überbesetzungen abgebaut, dafür aber mit neuen Angeboten zusätzliche, qualifizierte Stellen geschaffen. Nur so können wir mehr Patienten behandeln und gleichzeitig die Qualität steigern.

Viele Mitarbeiter verbergen lieber Unzulänglichkeiten als offen mit ihnen umzugehen, Probleme zu melden und so Fehlerquellen zu beseitigen. Mit Lean Hospital lässt sich Abhilfe schaffen und eine Erfolg versprechende Fehlerkultur implementieren. Was zeichnet diese aus?

Hekking:
Eine gute Fehlerkultur ist tatsächlich ein Schlüssel zum Erfolg! Vertuschen vergrößert den Schaden, Aufdecken und Beheben verringert ihn. Es muss sich also lohnen, Fehler zu melden und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Diese Kultur schafft man nur, wenn jeder sehen kann, was sein persönlicher Einsatz zum Gesamtergebnis beiträgt. Da sind wir wieder bei der Prozessorientierung! Wenn meine Tätigkeit ein Baustein zum Erfolg ist, habe ich großes Interesse daran, dass dieser Baustein nicht wackelt und alles zum Einsturz bringt. Klare Verantwortlichkeiten schaffen die dafür nötige Transparenz. Ich habe einen einfachen Grundsatz: Sanktioniert werden nur 2 Fehler. Erstens, einen gemachten Fehler zu verschweigen und zweitens, den gleichen Fehler nochmals zu machen.

Kontakt

SRH Holding

Bonhoefferstr. 1
69123 Heidelberg
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