Gesundheitsökonomie

Zweiter Kommunikationskongress der Gesundheitswirtschaft: Markenführung

24.06.2011 -

Zweiter Kommunikationskongress der Gesundheitswirtschaft: Markenführung. Wir alle kennen es, wenn wir vor dem Supermarktregal stehen, ein Hotel buchen oder ein Auto kaufen wollen: Die Identifikationskraft einer Marke, ihr Image, lässt uns nicht kalt und beeinflusst unsere Kaufentscheidung bewusst oder unbewusst. In welcher Weise dies auch für die Gesundheitswirtschaft gelten kann, diskutierten kürzlich Experten und Teilnehmer auf dem zweiten Kommunikationskongress der Gesundheitswirtschaft in Hamburg.

Die Übertragbarkeit gerade auf den Krankenhaussektor wurde in den letzten Jahren bereits kontrovers diskutiert. Positive Assoziationen von Krankheit liegen nicht gerade nahe, zum anderen gelten medizinisch- pflegerische Leistungen als Expertendienstleistungen, die sich in der Regel einer objektiven Beurteilung durch medizinische Laien entziehen. Dabei gewinnt der Patient als selbstbestimmter Entscheider für Anbieter eine wachsende Bedeutung: Ranglisten sollen Transparenz schaffen, Häufigkeit und Erfahrungen für einzelne Indikationen lassen sich via Internet einsehen. Daneben gewinnen in der Selbstdarstellung Parameter wie Service, Ambiente und Komfort an Bedeutung.

„Viele verwechseln dabei das Produkt mit der Marke“, sagt Holger Steudemann, Geschäftsführender Gesellschafter der Agentur WOK in Berlin. Mit einem schicken Logo, der Hochglanzbroschüre und einem Internetauftritt sei es nicht getan, Strategie sei gefragt. Gesundheit sei ein ‚High- Involvement-Produkt‘, dessen Konsum eine besonders spürbare Auswirkung auf den Käufer zur Folge habe, erklärt Stephan Rebbe. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der Werbeagentur Kolle Rebbe in Hamburg, deren Kunden aus allen Bereichen der Konsumgüterindustrie kommen. Von der Herangehensweise gelten beim Markenaufbau die gleichen Prinzipien wie für andere Branchen auch: Eine präzise Analyse und Definition der Zielgruppe sei das A und O. „Je mehr ich über sie weiß, umso besser“, so der Kommunikationsexperte.

Noch stehen Krankenhäuser in einem Qualitätswettbewerb. In Zukunft werde es um einen Kommunikationswettbewerb gehen, ist sich Steudemann sicher. „Dabei reicht es nicht mehr aus, in Kategorien von Kassenund Privatpatient zu denken“, so Steudemann. Vielmehr müssten Angebots- und Kommunikationsstrategien erarbeitet werden, die die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse von Patienten in den Mittelpunkt rückten. Häufig blenden Entscheider den Endkunden noch völlig aus. Der Fokus liege weiterhin auf der bekannten Struktur zwischen Kostenträger, Einweiser und Leistungserbringer.

„Bei der Markenbildung ist entscheidend, möglichst oft mit der Marke in Kontakt zu kommen,“ sagt Manfred Heider, Geschäftsführer von Amedus, einem Beratungsunternehmen für die Gesundheitswirtschaft in Düsseldorf. Er sieht Parallelen zwischen der Gesundheitsbranche und der Automobilindustrie, hier rechnen die Unternehmen mit einer Kundenund damit Markenbindung von 15 bis 20 Jahren. Die Kunst sei es, den Kunden mit ausdifferenzierten Angeboten innerhalb der Marke über verschiedene Lebensphasen zu begleiten, so Heider. Autobauer wissen auch längst, dass jeder Autokauf neben allen Fakten eine emotionale Entscheidung ist. Sie bauen im Sinne einer Corporate Architecture ganze Erlebniswelten, die der Marke Ausdruck verleihen sollen. Wie sich medizinische verbunden mit hoher Service-Kompetenz materialisieren kann, können Patienten und Mitarbeiter etwa im International Neurological Institute (INI) in Hannover erfahren. Der im Jahr 2000 fertiggestellte Bau bildet die Umrisse des menschlichen Gehirns ab. Das unverwechselbare Gebäude wurde in abstrahierter Form zum Markenlogo und Wahrnehmungsanker.

Zwei zentrale Merkmale gibt es, die starke Marken folgendermaßen kennzeichnen: eine strategische Positionierung sowie eine operative Exzellenz: Eine Marke muss mit Leben gefüllt werden. Vier Best-Practice-Beispiele wurden beim Hamburger Kongress ausgezeichnet: In der Rubrik „Einweiser gewinnen und binden“ fiel die Wahl der Jury auf das Helios Ärzteportal als webbasierter Portallösung der Helios-Kliniken-Gruppe. Niedergelassenen Ärzten werden medizinische Daten, Befunde und Behandlungsergebnisse ihrer stationär behandelten Patienten in elektronischer Form zur Verfügung gestellt. Davon sollen vor allem die Patienten profitieren: Ihre Behandlung soll zügiger und individueller vonstattengehen und den Übergang vom stationären in den ambulanten Bereich verbessern. In der Rubrik „Das Krankenhaus im regionalen Umfeld“ konnte das Universitätsklinikum Münster (UKM) mit seiner Medienkooperation mit den „Westfälische Nachrichten“ punkten. Seit Oktober 2007 erscheint vierteljährlich die erste Medienbeilage „Forschen und Heilen – Hochleistungsmedizin am Uniklinikum Münster“. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei den WN, Die Themen sollen am Beispiel betroffener Patienten erlebbar gemacht werden und für Empathie bei den Lesern sorgen. Das Universitätsklinikum Freiburg setzt auf eine crossmediale Öffentlichkeitsarbeit. Mit unterschiedlichen, vernetzten Medien spricht es verschiedene Zielgruppen an. Dazu gehört ein Gesundheitsmagazin, das in einer Auflage von 12.000 Stück verteilt wird. Dieses wird durch ein tagesaktuelles Online-Magazin ergänzt, das durch einen wöchentlichen Online-Newsletter beworben wird, der 6.000 Menschen erreicht. Die interne Kommunikation erfolgt über eine Mitarbeiterzeitung. In der Rubrik „Ad libitum“ wurde die Kommunikationsoffensive in der Integrierten Versorgung des Ärztenetzes MuM (Medizin und Mehr) in Bünde ausgezeichnet. Seit Beginn des Jahres können sich Patienten über Plasmabildschirme im ortsansässigen Krankenhaus, im Forum für Gesundheit und in Wartezonen der MuM-Arztpraxen sowie in einer Apotheke über aktuellen Nachrichten aus der Region und medizinische Leistungen vor Ort informieren. Die intuitive Handhabung des Systems will auch ausländische Patienten ansprechen.

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