Hygiene

Hände, Luft und Kittel: Infektionsrisiken am Krankenbett und im OP

Die Prävention von Infektionen sollte einen noch höheren Stellenwert erhalten

06.04.2010 -

Nahezu jeder 20. Patient, der ins Krankenhaus kommt, erkrankt zusätzlich an einer Infektion, die er dort erwirbt. Mangelnde Händedesinfektion des Personals, unsaubere Arztkittel und Wäsche sowie belastete Luft werden als die hauptsächlichen Ursachen diskutiert. Es gibt jedoch auch eine Reihe prädisponierender Faktoren für eine Infektion auf Patientenseite. Da es im Bereich der Hygiene kaum möglich ist, die Relevanz der Einzelfaktoren am Gesamtrisiko durch Studien darzustellen, sollten möglichst alle Risiken stärker beachtet werden.

Die Rolle einzelner Faktoren, die zu einer nosokomialen Infektion führen können, stellte Prof. Dr. Constanze Wendt am Beispiel einer postoperativen Wundinfektion vor. Einerseits gibt es eine Reihe patienteneigener, endogener Risikofaktoren wie etwa eine geschwächte Immunabwehr, Diabetes mellitus u.a., die zu einer Infektion prädisponieren, andererseits spielen auch viele exogene Faktoren eine bedeutende Rolle (Tab. 1). Zu letzteren zählen u.a. die Technik des Operateurs, die Qualität der präoperativen Hautdesinfektion, die Sterilität der Hände und die Wahrscheinlichkeit der Kontamination der Wunde mit Mikroorganismen aus der Luft.

Händekontakt: von einem Patienten zum anderen

Der Stellenwert der Infektionsquellen hängt von der Nähe zum Patienten ab (Abb. 1). Die Bedeutung der Risikofaktoren ist abhängig von der Häufigkeit, der Intensität und der Dauer, mit welcher der Patient der bakteriellen Kontamination ausgesetzt ist. Da ein Patient auf einer Intensivstation bis zu 150 Mal am Tag vom medizinischen Personal berührt wird, ist der Kontakt mit den Händen der stärkste Risikofaktor. Nachgeordnet sind die Risiken durch den Kontakt mit Berufskleidung und Wäsche sowie mit der Luft, so Wendt.

Vom Krankenbett in die Kantine: Der Kittel kommt überall hin

Die Relevanz einzelner Hygienemaßnahmen am Gesamtrisiko ist nur schwer zu beweisen. Entsprechende Daten sind rar und wissenschaftliche Studien kaum zu konzipieren. Zur Evidenz des Infektionsrisikos in Bezug auf die Berufskleidung wurden in einer Studie 149 Kittel untersucht: 23% wiesen eine Besiedelung mit Staphylokokkus aureus auf, 4% mit MRSA (Treakle et al. AJIC 2009;37). Die protektive Wirkung von Handschuh plus Kittel versus nur Handschuh für Personal und Besucher wurde in einer Kohortenstudie geprüft.

In der Gruppe Handschuh plus Kittel fanden sich 9,1 VRE-Träger/1000 Patiententage, in der Gruppe nur Handschuhe waren es 19,6 VRE-Träger/1.000 Patiententage (p<0,01). Allerdings waren der Schutz durch den Kittel vom Schutz durch eine mögliche verbesserte Compliance durch den Kittel nicht voneinander zu unterscheiden (Clin Infect Dis 2002;35:18-25). Gerade deshalb ist die Stärkung der Compliance des Personals - auch des nicht-medizinischen - besonders wichtig.

Allerdings stehen der technische Aufwand und die Kosten sowie die Compliance im umgekehrten Verhältnis zur Bedeutung der Risikofaktoren (Tab. 2). Während die Händedesinfektion den höchsten Stellenwert in der Prävention von Infektionen hat und einfach und kostengünstig durchzuführen ist, ist bei ihr das Problem der Compliance am höchsten. Hingegen lässt sich ein kontinuierlicher Luftstrom nahezu keimfrei erzeugen, was jedoch kostenaufwendig und wenig effektiv ist, aber keine Compliance-Probleme bereitet.

Die Compliance als eine der Kernpunkte einer effizienten Infektionsprophylaxe kann nur funktionieren, wenn es dafür eine Umgebung gibt, die Fehler verhindert oder es einfach macht, Fehler zu vermeiden, bekräftigt Wendt. Die Infektionsprävention müsse bei allen Mitarbeitern eine hohe Priorität haben und auch von den Vorgesetzten gewollt sein.

Quelle: TopClinica-Kongress, Stuttgart, „Hygiene in OP und Klinik". Prof. Dr. Constanze Wendt, Institut für Hygiene und medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum Heidelberg

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