Händehygiene schützt vor Infektionen und Erreger
02.11.2015 -
Die richtige Händehygiene ist eines der zentralen Elemente zum Schutz von Patienten und Mitarbeitern vor nosokomialen Infektionen, nicht nur wenn es um multiresistente Erreger geht.
Studien, die das Bode Science Center im Rahmen seines Mittags-Symposium „Gesunde Haut — besserer Infektionsschutz“ vorstellte, belegen allerdings, wie sehr das theoretische Wissen von Ärzten und Pflegekräften durch Gewohnheiten und Erwartungshaltungen untergraben wird.
Die Verbraucherwerbung zielt seit Jahrzehnten darauf ab, Seife und im weiteren Sinne Tenside mit den Begriffen hygienisch und neuerdings auch keimfrei zu assoziieren. Teilweise wurden Spülmitteln sogar hautpflegende Wirkungen zugeschrieben. Als Konsequenz gibt es die kollektive Erwartungshaltung, dass Seife ordentlich schäumen muss, damit wir glauben, dass sie wirkt und das Händewaschen als Reinigungsmaßnahme ausreicht. Der Unterschied zwischen sauber und desinfiziert geht im Alltagsstress dabei allzu oft unter.
Doch auch die Häufigkeit der Händedesinfektion in Krankenhäusern lässt zu wünschen übrig. Studien belegen, dass im Schnitt nicht einmal jede zweite Händedesinfektion, die für den Patientenschutz notwendig wäre, durchgeführt wird, obwohl 86 % des Gesundheitspersonals von der Wirksamkeit der Maßnahme überzeugt sind.
Prof. Dr. Johannes Keller, Leiter der Abteilung Sozialpsychologie der Universität Ulm, fand in einer kürzlich durchgeführten Studie heraus, dass es vor allem die implizite Haltung zur Händehygiene ist, die das Verhalten der Mitarbeiter im Alltag bestimmt. Unter Stress und Zeitdruck fehlt die Muße für kognitive Entscheidungen. Die Förderung positiver impliziter Einstellungen zur Händedesinfektion kann die Compliance und damit den Patientenschutz verbessern.
Dazu gilt es aber, das Erleben der Desinfektion zu verbessern. Prof. Dr. Hans Smola, Dermatologe und außerplanmäßiger Professor an der Universität Köln, unterstrich im Rahmen des Symposiums noch einmal, dass klassisches Händewaschen die oberste Schicht der Epidermis, das Stratum corneum, zerstört. Hautfette werden gelöst und abgespült. Die wahrgenommene Hyperhydration der Haut nach dem Waschen ist eine vorübergehende Illusion. Die geschädigte Hautschicht kann das Wasser nicht speichern und ist nach rd. 10 Minuten ausgetrocknet.
Gelangt derart vorgeschädigte Haut nun mit alkoholhaltigen Desinfektionsmitteln in Kontakt, kommt es zum bekannten Brennen auf der Haut. Was der Anwender als unangenehm und potentiell schädlich erfährt, ist eigentlich ein Warnsignal. Ist die Epidermis gesund, brennen alkoholbasierende Desinfektionsmittel nicht auf der Haut. Die übliche Reaktion ist laut Keller dann aber, zur bekannten und angenehmeren Reinigung mit Seife zurückzukehren und die Haut damit noch anfälliger zu machen.
Zwar werden die Hautlipide auch bei der Händedesinfektion gelöst, verbleiben aber auf der Haut und werden durch das Einreiben teilweise wieder in die Haut eingearbeitet. Hochwertige Händedesinfektionsmittel verfügen heute zudem über Rückfetter wie Glyzerin und 1-Tetradecanol, um Hautschädigungen vorzubeugen.
In einer prospektiven klinischen Studie des Bode Science Centers mit Sterillium classic pure konnte aufgezeigt werden, dass der Einsatz von Händedesinfektionsmitteln schon in kürzester Zeit zur Erholung der Haut beitragen kann. Sowohl die klinischen Daten zu Hautfeuchtigkeit, Hautelastizität und transepidermalem Wasserverlust als auch die subjektive Wahrnehmung der Probanden, belegten eine rd. 30 % höhere Hautfeuchtigkeit nach einer Woche.
Gerade dieses subjektive Pflegegefühl ist es, das nach Ansicht von Keller notwendig ist, um das faktische Wissen um die richtige Händehygiene in automatischen Handlungen zu verankern. In diesem Punkt sieht er daher auch die Hersteller in der Pflicht, mit ihren Produkten ein entsprechendes Erlebnis zu gewährleisten.
Prof. Sven Malte John, Fachgebietsleiter Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie der Universität Osnabrück, sprach in diesem Zusammenhang daher auch davon, dass es an der Zeit wäre, sich von der „Tilly-Lüge“ zu verabschieden. Es ginge ja neben dem Schutz der Patienten auch darum, Mitarbeiter vor beruflichen Hauterkrankungen wie Hautekzemen zu schützen. Internationale Studien würden belegen, wie stark Feuchtarbeit, das regelmäßige Tragen von Handschuhen und regelmäßiges Waschen die Haut angreift.
Doch selbst wenn all diese Maßnahme umgesetzt würden und die Ärzte und Pflegepersonal das Vorgehen verinnerlichen würden, wäre der Aufwand vergebens, wenn es nicht gelänge eine Betreuungsrate zu gewährleisten, die es erlaubt sich an die Compliance-Richtlinien zu halten.