Woher nehmen, wenn nicht stehlen?
Gelder für präventive Hygienemaßnahmen lassen sich indirekt durch das DRG-System finanzieren
In deutschen Krankenhäusern können Hygienemaßnahmen verbessert werden - das ist unbestritten. Ob von den geschätzten 500.000 bis 800.000 nosokomialen Infektionen (NI) 50% oder nur 30% vermeidbar wären, wird heftig diskutiert - jedenfalls sind auch (nur) 200.000 vermiedene Infektionen eine große Zahl.
Manchmal sind es schwere menschliche Schicksale, wir alle haben viel darüber gelesen. Die Behandlung von NI kostet jedes Jahr viele Hundert Millionen Euro. Dieses Geld ist ein Teil der Krankenhausausgaben der GKV in Deutschland.
Sehr wirksame Hygienemaßnahmen kosten zum Teil ganz wenig Geld und Zeit (z.B. die Händedesinfektion), andere relevante Maßnahmen erfordern hingegen den Zeiteinsatz von hoch qualifiziertem Personal (z.B. Hygienebeauftragte) oder gar bauliche Veränderungen (z.B. Einzelzimmer). Hier müssen die Kliniken Geldmittel einsetzen, die vielleicht im Etat bislang nicht vorgesehen waren.
Das lässt die Verantwortlichen Mehrausgaben befürchten, denen im heutigen Krankenhausfinanzierungssystem keine Mehreinnahmen gegenüberstehen.
Hier liegt das Missverständnis
Die Vergütung von Krankenhausbehandlungen (mit Ausnahme der Psychiatrie) erfolgt seit 2004 durch Fallpauschalen (DRG). Auch wenn es 2009 bereits 1.192 DRG gibt, erfolgt die Vergütung des einzelnen Behandlungsfalles doch noch immer mit einem „Durchschnittspreis" der Fallgruppe.
Dieser Preis wird aus den Kostendaten von Kliniken (Kalkulationshäuser) ermittelt - er hat somit einen direkten Bezug zur Realität in den deutschen Krankenhäusern.
In jeder Fallgruppe (DRG) werden gute (schnelle, unkomplizierte) und schlechte (langwierige, komplikationsbehaftete) Verläufe zusammengefasst und die Vergütung durch eine Mischkalkulation ermittelt.
Somit erzielen Krankenhäuser durch schnelle, komplikationsarme Behandlungsverläufe positive Deckungsbeiträge aus der DRG-Vergütung - diese werden dann unter Umständen mit der Behandlung von Komplikationen bei anderen Fällen verbraucht.
Das Geld findet sich im System
Die Kalkulationsdaten der DRG sind beim InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) öffentlich einsehbar.
In der Kalkulation für die DRG einer endoskopischen Cholezystektomie (OPS 5-511.11) bei Cholezystolithiasis (ICD K 80.20) werden Kosten für Medikamente in Höhe von 177,90 € und Kosten für die Behandlung auf der Intensivstation in Höhe von 286,90 € berücksichtigt. Die durchschnittliche Verweildauer der dokumentierten Fälle lag bei 10,8 Tagen.
Der „normale" cholezystektomierte Patient sieht die Intensivstation gar nicht, benötigt wenige Medikamente und ist kaum länger als drei bis vier Tage im Krankenhaus.
Gelingt es also der chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses, durch gute Hygienemaßnahmen nur einige wenige komplikationsbehaftete Verläufe zu vermeiden, dann sind die für Hygienemaßnahmen eingesetzten Mittel gut refinanziert!
Das Geld ist im System, die Krankenhäuser können entscheiden, ob es für Antibiotika, Revisionsoperationen und Intensivbehandlungen investiert wird, oder aber in präventive Hygienemaßnahmen.
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