Studie: Ärzte wollen eHealth mit Nutzen für die Praxis
30.01.2019 -
Ärzte sind gegenüber der Digitalisierung offen, haben aber klare Ansprüche: Sie wollen eHealth-Anwendungen nutzen, wenn sie Diagnosen erleichtern und Arbeitsabläufe im Praxisalltag verschlanken.
Das zeigt der aktuelle Digitalisierungsreport 2019, den DAK-Gesundheit und Ärzte Zeitung mit der EPatient RSD und zahlreichen Partnern aus dem Gesundheitswesen erhoben haben. 2313 Ärzte aus ganz Deutschland wurden dafür nach ihren Einstellungen zur Digitalisierung befragt. Kernthema der Studie sind die Möglichkeiten einer elektronischen Gesundheitsakte (eGA). Einen digitalen Check von Wechselwirkungen zwischen Medikamenten mithilfe einer eGA bewerten 71% der Befragten positiv, 21% neutral. Mit der eGA bei anderen Ärzten Befunde ihrer Patienten anzufordern, sieht jeder zweite Mediziner als Vorteil für den eigenen Befund, gut ein Drittel sieht darin eine Zeitersparnis.
Mit einer eGA ändert sich das Verhältnis zwischen Arzt und Patient: Nutzer haben die Möglichkeit, sich intensiver mit ihren Gesundheitsdaten zu befassen. Die Folge: Sie kommen informierter in die Praxis. 29% der befragten Ärzte bewerten dieses Szenario positiv, ein Viertel sieht es negativ. Knapp jeder Zweite steht dieser Entwicklung neutral gegenüber. „Fakt ist: Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in vollem Gange und nicht aufzuhalten“, sagt Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit. „Wir sollten die Digitalisierung aktiv gestalten und auch den darauf beruhenden Wandel im Arzt-Patienten-Verhältnis als Chance begreifen. Wichtig ist, alle Akteure einzubinden – damit für alle der Nutzen von eHealth-Anwendungen im Mittelpunkt steht.“
Anwendung ist abhängig vom praktischen Nutzen für Ärzte
Wolfgang van den Bergh, Chefredakteur der Ärzte Zeitung und Director News & Politics bei Springer Medizin, ergänzt: „Ob digitale Lösungen in der Praxis angewandt werden, steht und fällt mit ihrem Nutzwert für Ärzte – das wird in den Ergebnissen des Digitalisierungsreports 2019 deutlich. Um die Digitalisierung voranzutreiben, brauchen Ärzte Anreize. Digitale Anwendungen müssen ihnen ganz konkret die tägliche Arbeit erleichtern, sei es bei der Diagnose, der Kommunikation mit Kollegen oder der Verwaltung.“ Ein Beispiel dafür sei die geplante Weiterentwicklung der Bereitschaftsdienstnummer 116117 der Kassenärztlichen Vereinigungen. Wenn Patienten über die Zentrale per Telefon, per Chat oder per Videokonferenz schon eine erste Beratung erhalten und dann an die richtige Versorgungsebene weitergeleitet werden, könnten überfüllte Notaufnahmen vermieden werden. Ein solches Szenario käme auch bei Ärzten gut an, zeigt der Digitalisierungsreport: 62% der Befragten halten es für sinnvoll.
KBV-Vorstand Kriedel: Systeme müssen interoperabel sein
Grundvoraussetzungen für reibungslos funktionierende digitale Prozesse sind interoperable und manipulationssichere Systeme. Aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist dies noch eine Hürde für viele Ärzte. Dr. Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstands der KBV, betont: „Der manchmal seitens der Politik geäußerte Vorwurf, Ärzte seien Blockierer beim Thema Digitalisierung, geht nachweislich an der Realität vorbei. Die nahezu ‚papierlose Praxis‘ ist keine Zukunftsvision, sondern vielerorts schon Realität. Es ist sogar so, dass die Ärzte oftmals gerne digitaler arbeiten würden, es aber nicht können – aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen und aus Datenschutzbedenken. Dies ergibt sich aus der KBV-Befragung ‚PraxisBarometer Digitalisierung‘ vom vergangenen Herbst. Aus unserer Sicht ist der innerärztliche Austausch medizinischer Daten der erste und wichtigste Schritt. Dieser Austausch muss manipulationssicher sowie reibungs- und verlustfrei funktionieren. Dafür müssen die sogenannten medizinischen Informationsobjekte, also etwa Befunde, standardisiert und alle genutzten Systeme interoperabel sein. Die KBV steht bereit, hierfür die Verantwortung zu übernehmen. Das Ganze klingt beinahe banal, wäre aber tatsächlich ein Quantensprung in der Versorgung. Und zwar einer, von dem alle Beteiligten, auch die Patienten, einen wirklichen, unmittelbaren Nutzen hätten. Das ist es, was wir unter einer sinnvollen Digitalisierung verstehen – und nicht, ob der Patient eine schicke App mehr oder weniger auf seinem Smartphone hat.“
Digitale Lösungen sind bekannt, werden aber wenig genutzt
Im Vergleich zum ersten Digitalisierungsreport 2018 sind einige digitale Anwendungen im Gesundheitswesen bekannter geworden. Breitere Anwendung finden sie jedoch noch nicht. So hat die Bekanntheit der Online-Sprechstunde von 83 auf 87% zugenommen, nachdem im Frühjahr 2018 das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gelockert wurde. Neun Prozent der befragten Ärzte hatten mit der Online-Sprechstunde schon konkret zu tun (2018: acht Prozent). Nur drei Prozent geben an, konkret ein solches Angebot zu planen oder diese bereits umzusetzen. Von der eGA haben 74% der Ärzte 2019 schon gehört – eine Zunahme von 22% im Vergleich zum Vorjahr. Auch hier schlägt sich die öffentliche Diskussion um patientenzentrierte Gesundheitsakten nieder. Konkret damit zu tun hatten jedoch erst neun Prozent. Vom Telekonsil für den fachlichen Austausch zu Röntgen- und CT-Aufnahmen haben Dreiviertel der Befragten schon gehört (2018: 67%). Ein anderes Bild ergibt sich bei der Online-Terminvereinbarung: Gut die Hälfte der Ärzte haben hiervon bereits gehört, 45% hatten schon konkret damit zu tun.