14. Deutscher MTA-Kongress in Kassel
12.07.2012 -
14. Deutscher MTA-Kongress in Kassel. Ende März dieses Jahres tagte der 14. Deutsche MTA-Kongress in Kassel. Im Mittelpunkt dieser größten europäischen Fachtagung für den medizinisch-technischen Bereich stand auch die Zukunft des Berufsstandes der medizinisch-technischen Assistenten (MTA). Dabei formulierten die MTA eine Forderung, die in den folgenden Tagen für Aufsehen in der Fachwelt sorgen sollte: MTA wollen Tätigkeiten übernehmen, die bisher Ärzten vorbehalten sind, aber in der Realität schon lange selbstständig von MTA ausgeführt werden.
Dieses mutige Plädoyer griffen zahlreiche Fachpublikationen auf. In Internetforen wurde auf die Meldung teils mit Verwunderung, teils mit Spott reagiert. Sind die MTA etwa größenwahnsinnig geworden? Keineswegs. Denn verschiedene Argumente sprechen dafür, dass ärztliche Tätigkeiten auch von anderen qualifizierten Medizinalfachberufen übernommen werden können. Wie viele technologiebasierte Berufe und Branchen hat sich auch die Medizintechnik in den letzten Jahren massiv verändert. Innovationen bei Mess- und Analyseverfahren, Laborgeräten und Diagnostika stellen das gesamte medizinisch-technische Personal ständig vor neue Herausforderungen.
MTA müssen sich diesen Herausforderungen täglich neu stellen. Dazu verfügen sie über eine qualifizierte grundständige Ausbildung. Weiterbildung und Qualifizierung sind für die MTA-Berufe selbstverständlich. Medizinisch-technische Assistenten sind an dieser Schnittstelle zwischen Medizin und Technik oft „näher dran“ als Ärzte. Aufgrund dieser Tatsache ist es schon heute in vielen klinischen Laboratorien üblich, dass die Leitung von medizinisch- technischen Laboratoriumsassistenten (MTLA) wahrgenommen wird. Auch wenn – pro forma – Ärzte nach wie vor auf dem Papier die Verantwortung innehaben.
Im Ausland bereits gängige Praxis
Hier wäre es klüger, die Leistungen, die zurzeit ohnehin schon von MTLA ausgeführt werden, auch rechtlich in deren Zuständigkeitsbereich zu legen. Natürlich nur dann, wenn durch bestimmte Zusatz-Qualifikationen der Nachweis erbracht wurde, dass der oder die MTLA auch das notwendige Know-how vorweisen kann. Im europäischen Ausland – zum Beispiel in Großbritannien – ist diese Vorgehensweise schon jetzt gang und gäbe. Die Forderung nach der Übernahme ärztlicher Tätigkeiten durch MTA erhält zusätzlichen Nährboden durch politische und berufsständische Ereignisse der vergangenen Monate. Der Tarifabschluss des Marburger Bundes aus dem letzten Jahr brachte den angestellten Ärzten ein deutliches Gehalts- Plus. Was gut ist für die Ärzte, bereitet den Klinikleitungen Kopfschmerzen. Denn wie sollen die seitdem gestiegenen Ausgaben für Ärztegehälter wieder erwirtschaftet werden?
Die Antwort darauf lautete bisher in solchen Fällen immer „Durch das Kürzen von Leistungen“. Das heißt, entweder durch den Abbau von Personal und die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen, durch die Ausrichtung auf besonders gewinnbringende medizinische Leistungen zu Ungunsten der weniger lukrativen, durch strikte Rationalisierung und Ökonomisierung des Krankenhausbetriebs. Der Leittragende ist am Ende der Patient, da für ihn weniger Zeit, weniger Aufmerksamkeit oder weniger technische, pharmazeutische oder therapeutische Ressourcen zur Verfügung stehen. Diesen Weg können wir nicht länger fortsetzen, wenn wir in Deutschland auch zukünftig eine hochwertige medizinische Versorgung garantieren wollen. Die Übertragung ärztlicher Leistungen auf andere qualifizierte Berufsgruppen könnte hier jedoch ein viel versprechender Ansatz sein.
Denn dies würde bedeuten, dass die Arbeit, die schon jetzt von einer MTLA im Labor ausgeführt wird, zukünftig auch formal in deren Verantwortung liegt und zu den entsprechend günstigeren Sätzen abgerechnet werden kann. Beispielsweise könnten MTLA, ohne dass eine erneute Probenentnahme für den Patienten notwendig wird, eigenverantwortlich Folgeanalytik veranlassen und so zu einer zeitlich verkürzten Befundung beitragen. Die Berufsgruppe der MTA stellt dabei nur ein Beispiel von vielen vorstellbaren dar. Das Ziel jedoch bleibt immer das gleiche: Einsparpotentiale im Gesundheitssystem intelligent zu nutzen und eine hochwertige medizinische Versorgung zu garantieren – anstatt weiterhin Leistungen für Patienten einzuschränken.