Diabetesbehandlung: Chirurgische Interventionen
04.07.2012 -
Diabetesbehandlung: Chirurgische Interventionen. Die meisten Betroffenen denken dabei an chronische Abhängigkeit von Insulin, komplizierte Lebensführung und Verzicht sowie bekannte Komplikationen wie Erblindung oder Dialysepflicht. Die Assoziation zur Chirurgie haben nur die Wenigsten. Das Bewusstsein, dass gerade chirurgische Interventionen für ein erfolgreiches Management diabetischer Komplikationen, selbst im fortgeschrittenen Stadium erforderlich sind und Lebensqualität sowie Lebenszeitprognose bestimmen, wird nur selten bedacht.
Das ist auch der Grund dafür, dass umgekehrt die Bedeutung der Blutzuckerstoffwechselsituation für den Erfolg chirurgischer Prozeduren von den chirurgischen und intensivmedizinischen Fächern nur zögerlich akzeptiert wird. Dabei wird der Chirurg im Kontext der Betreuung von Diabetikern auf vielen Ebenen gebraucht: Etwa am Auge (Katarakt), dem Gefäßsystem (Bypass-Chirurgie), bei korrigierenden orthopädischen Eingriffen bzw. minor- und majorresizierenden Verfahren im Rahmen des diabetischen Fußsyndroms und last but not least in der Organtransplantation und der Herzchirurgie. Unbestritten muss es die erste Aufgabe einer nachhaltigen Diabetesbehandlung sein, das Fortschreiten der Stoffwechselerkrankung zu Komplikationen, die oben genannte Eingriffe erfordern, zu verhindern. Umso wichtiger und therapeutisch nutzbar ist die Aussage, dass heute unisono zu gelten scheint, dass der prozedurale Erfolg chirurgischer Interventionen bei Menschen mit Diabetes mellitus in vielen, ja den meisten Fällen nicht mehr schlechter als bei Nichtdiabetikern ist.
Allerdings ist die Nachhaltigkeit des primären Interventionserfolges häufig noch dramatisch verschlechtert. Beispielhaft demonstriert werden kann dies im Bereich der Herzchirurgie, in dem Organtransplantation und Bypasschirurgie Verfahren darstellen, die häufig auch von Diabetikern in Anspruch genommen werden müssen. Dabei zeigt sich, dass periprozedurale Komplikationen und Nachhaltigkeit des primären Interventionserfolges wesentlich von der eingriffsbegleitenden glykämischen Kontrolle, die sich bereits vor dem operativen Eingriff im Normbereich befinden sollte, abhängen. Krankenhausökonomisch ist dieser Aspekt deswegen besonders interessant, weil aktuell nachzuweisen ist, dass nicht nur die intensivmedizinische Behandlung, sondern auch die Verweildauer auf Intensivstationen bei angemessener Berücksichtigung des Metabolismus deutlich abgekürzt werden können.
Transplantaterhalt, Gefäßoffenheit und Notwendigkeit von Begleitmedikation sind weitere Denominatoren, die eine zunehmende Berücksichtigung der Stoffwechselmedizin in der Begleitung chirurgischer Intervention bei Diabetikern nahe legen. Die großen Fachgesellschaften (z.B. Deutsche Diabetes-Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie etc.) haben diese Zusammenhänge bereits in Leitlinien berücksichtigt und es ist zu hoffen, dass Ökonomie und medizinischer Sachverstand deren Einhaltung zum Nutzen der Patienten einfordern.