Labor & Diagnostik

Prognosis-Studie: Neue Maßstäbe in der Vorhersage einer Präeklampsie

10.08.2015 -

Die Resultate der Prognosis-Studie belegen den prädiktiven Wert der Präeklampsie-Tests (Elecsys sFlt-1 und Elecsys PlGF) von Roche.

Der sFlt-1/PlGF-Quotient kann somit zur Vorhersage des Nichtauftretens einer Präeklampsie innerhalb einer Woche und der Entwicklung einer Präeklampsie in den folgenden vier Wochen eingesetzt werden. Das Testergebnis ermöglicht es Ärzten, bei einem erhöhten Risiko entsprechend zu handeln und den Ausgang der Schwangerschaft für Mutter und Kind zu verbessern. Durch den zuverlässigen Ausschluss der Erkrankung für eine Woche können darüber hinaus unnötige Krankenhauseinweisungen vermieden werden.

Präeklampsie: Risiko für Mutter und Kind

Die Präeklampsie ist eine schwere Erkrankung während der Schwangerschaft. In Deutschland tritt sie bei etwa 2 bis 3 % aller Schwangerschaften auf, was geschätzten 14.000 bis 21.000 Präeklampsie-Fällen pro Jahr entspricht. Die Krankheit kann zu akuten, lebensbedrohlichen Komplikationen wie Krampfanfällen oder HELLP-Syndrom (Hämolyse, Elevated Liver Enzymes, Low Platelets), zu Nieren- und Leberversagen, inneren Blutungen und plötzlicher Plazentaablösung führen. Für den Fötus besteht zudem die Gefahr einer gravierenden Wachstumsretardierung (IUGR – Intra Uterine Growth Retardation) oder – falls sehr frühzeitig entbunden werden muss – das Risiko schwerer gesundheitlicher Schäden. Damit ist die Präeklampsie auch heute noch Hauptursache von Krankheit und Tod in der Schwangerschaft – sowohl bei der werdenden Mutter als auch beim ungeborenen Kind. Allerdings sind die Risiken mit dem Zeitpunkt des Auftretens der Erkrankung assoziiert: Präeklampsien, die im letzten Schwangerschaftsabschnitt festgestellt werden, lassen sich häufig bis zur Geburt des Kindes unter Kontrolle halten, und nach der Entbindung erholen sich die Patientinnen in der Regel rasch. Demgegenüber verlaufen Präeklampsien, die in der 20. bis 34. Schwangerschaftswoche auftreten („early onset“), meist schwerer, und es besteht, falls frühzeitig entbunden werden muss, ein erhebliches Risiko für das Frühgeborene.

Prognosis-Studie zeigt hohen negativen Vorhersagewert

Prognosis (Prediction of short-term outcome in pregnant women with suspected preeclampsia study) ist eine prospektive, doppelblinde, nicht-interventionelle Multizenterstudie. Von Dezember 2010 bis Januar 2014 wurden über 1.270 Schwangere an 30 Zentren in 14 Ländern in die Studie aufgenommen. Die Hauptziele der Studie waren, nachzuweisen, dass ein niedriger Quotient der Proteine sFlt-1/PlGF (soluble fms-like tyrosine kinase-1, lösliche fms-ähnliche Tyrosinkinase-1 und placental growth factor, plazentarer Wachstumsfaktor) das kurzfristige Nichtauftreten einer Präeklampsie, Eklampsie oder eines HELLP-Syndroms für eine Woche und ein hoher Quotient das Auftreten einer Präeklampsie, Eklampsie oder eines HELLP-Syndroms innerhalb von vier Wochen vorhersagen. Das Ergebnis zeigt: Wenn bei den Patientinnen ein sFlt-1/PlGF-Wert von weniger als 38 vorliegt, konnte mit sehr hoher Sicherheit das Auftreten einer Präeklampsie innerhalb einer Woche ausgeschlossen werden, der negative Vorhersagewert beträgt 99,1 %. Wenn der Trennwert von 38 überschritten ist, so entwickelt die Patientin mit einem positiven Vorhersagewert von 38,6 % eine Präeklampsie innerhalb der nächsten vier Wochen. Wenn auch Präeklampsie-bedingte Komplikationen in die Auswertung mit einbezogen wurden, also ob die Patientinnen eine Präeklampsie und/oder zusätzlich Komplikationen durch die Erkrankung innerhalb der nächsten vier Wochen entwickeln, betrug der positive Vorhersagewert 68 %, erklärte Priv.-Doz. Dr. Stefan Verlohren, seit 2010 Leiter Arbeitsgruppe Präeklampsie der Klinik für Geburtsmedizin, Universitätsmedizin, Berlin.

Nach Ansicht des Experten ist die Hauptneuerung durch die Prognosis-Studie der hohe negative Vorhersagewert. Nach seiner Erfahrung stellen sich Patientinnen häufig mit unklaren Symptomen der Erkrankung wie Kopf- oder Oberbauchschmerzen vor. Bisher führte das oft zu einer stationären Aufnahme und einem langwierigen Ausschluss von Präeklampsie. Denn bisher wird diese mit der Messung von Blutdruck und Proteinurie diagnostiziert. Es ist aber bekannt, dass diese diagnostischen Kriterien sehr ungenau sind, insbesondere wenn es um die Vorhersage von Komplikationen geht, die mit der Erkrankung zusammenhängen. Die Vorhersagequalität für das Auftreten von Komplikation liegt mit der herkömmlichen Definition nur bei 20 %, so der Redner. „Jetzt ist es möglich, bei entsprechendem klinischen Verdacht den sFlt-1/PlGF-Quotienten zu bestimmen und damit sofort Sicherheit zu haben. In vielen Fällen kann man dann auf eine stationäre Aufnahme verzichten und die Patientin beruhigen“, so Verlohren in Berlin.

Leitlinien empfehlen gezielten Einsatz des sFlt-1/PlGF-Quotienten

Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) empfehlen den Quotienten im II. Trimenon zur weiteren Risikoevaluation und prognostischen Abschätzung für die Entwicklung einer Präeklampsie bei pathologischem Uterinadoppler. Außerdem zur Diagnosesicherung bzw. zum Ausschluss einer Präeklampsie sowie zur Kurzzeitprognose des Krankheitsverlaufs. Momentan gibt es für diese Tests allerdings noch kein einheitliches Abrechnungsmodell – somit steht diese Leistung nicht allen gesetzlich Versicherten zur Verfügung. „Mit der Prognosis-Studie haben wir einen entscheidenden Baustein gelegt. Die Ergebnisse sind überzeugend, und der nächste Schritt wäre die Ableitung einer konkreten Handlungsempfehlung und natürlich einer entsprechenden Abrechnungsmöglichkeit“, so die Ansicht von Verlohren.

Um ihren Mitgliedern das Biomarkerverfahren bereits heute zugänglich zu machen, wurde die BKK RWE als erste Krankenkasse in Deutschland nun aktiv. Ihr Vorstand Torsten Dette legt besonderen Wert auf den Ausbau der Vorsorgeleistungen. Dazu gehören für Dette auch neue Untersuchungsmethoden, wie dieses Biomarkerverfahren bei Verdacht auf Präeklampsie. Mitte April 2015 hat der Verwaltungsrat den Satzungsnachtrag beschlossen und wird die Genehmigung beim Bundesversicherungsamt beantragen.

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